Das Thema
In der Probezeit gilt eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwei Wochen (§ 622 Abs. 3 BGB). Davon kann durch Tarifvertrag und Individualvereinbarung abgewichen werden. Aber welche Regelung gilt, wenn Tarif- und Arbeitsvertrag unterschiedliche Kündigungsfristen während der Probezeit vorsehen und der Arbeitsvertrag auf den Tarifvertrag verweist?
In seinem Urteil vom 23. März 2017 (6 AZR 705/15) befasste sich das BAG mit einem solchen Fall. In dem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag war eine Probezeit vereinbart worden. Außerdem wurde darin ein Tarifvertrag in Bezug genommen, der Kündigungsfristen während der Probezeit regelte. Darüber hinaus wurde arbeitsvertraglich eine „Kündigungsgfrist von 6 Monaten zum Monatsende“ festgelegt. Die Arbeitgeberin kündigt dem Arbeitnehmer innerhalb der Probezeit mit verkürzter Frist. Das Gericht meinte dazu: Ein durchschnittlicher nicht rechtskundiger Arbeitnehmer kann allein der Vereinbarung einer Probezeit in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag nicht entnehmen, dass in der Probezeit die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB bzw. des in Bezug genommenen Tarifvertrages Anwendung finden soll. Dies gilt dann, wenn in einer anderen Klausel des Arbeitsvertrags unter der Überschrift „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ eine längere Kündigungsfrist festgelegt ist, aus der nicht ersichtlich wird, dass diese einzige ausdrückliche Kündigungsfristenregelung erst nach Ablauf der Probezeit gelten soll.
Aus der arbeitsrechtlichen Blogosphäre zum Thema
Maßgeblich für die Entscheidung des BAG wie auch der Vorinstanz war der Verstoß der Arbeitgeberin gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Regelungen zweier Kündigungsfristen – einmal für die Probezeit und einmal für den späteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses – seien nicht klar und verständlich, sondern wären sowohl in Bezug auf die Kündigungsfrist als auch auf den Kündigungstermin widersprüchlich. Rechtsfolge dieses Widerspruchs sei, dass die Arbeitgeberin als Verwenderin der Klausel die für den Arbeitnehmer günstigere Klausel gegen sich gelten lassen müsse. Es gelte somit die Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende, erläutert der Unternehmerblog von Hogan Lovells.
Für die Regelung von Kündigungsfristen in der Probezeit bedeutet dies konkret, dass nicht einfach nur eine „Probezeit“ vereinbart werden sollte. Will man verkürzte Kündigungsfristen für die Probezeit rechtssicher festlegen, sollte dies unmissverständlich im Vertrag zum Ausdruck kommen, meint Rechtsanwältin Verena Herkenberg im Blog Arbeitsrecht.Weltweit von Kliemt & Vollstädt.
Es ist eine oft anzutreffende Fallkonstellation, über die das BAG nun jüngst entschieden hat, meint Prof. Dr. Stoffels im Blog des C.H. Beck Verlages, nämlich um das Verhältnis zwischen einer arbeitsvertraglich in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelung und einer anderslautenden Abrede im Arbeitsvertrag. Dieses sei grundsätzlich im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung AGB-spezifischer Auslegungsregeln zu bestimmen.
Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Arbeitgeber bei der Verwendung von vorformulierten Arbeitsverträgen sorgfältig vorgehen sollten, betont auch ein Blogbeitrag von Beiten Burkhardt zur aktuellen Entscheidung des BAG. Arbeitgeber, die in der Regel vorformulierte Arbeitsverträge verwenden, in denen allgemein auf geltende Tarifverträge verwiesen wird, sollten darauf achten, dass der Arbeitsvertrag eindeutige Regelungen zur Kündigungsfrist während der Probezeit enthält. Ergibt sich diese nicht eindeutig aus dem Arbeitsvertrag, sondern erst aus dem in Bezug genommenen Tarifvertrag, gingen diese Unklarheiten zu Lasten des Arbeitgebers.