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Aufhebungsvertrag: BAG konkretisiert eigene Grundsätze zum Gebot fairen Verhandelns

  • 25. Februar 2022 |
  • Dr. Artur Kühnel

Das BAG hat mit einer aktuellen Entscheidung die bisher aufgestellten Grundsätze zum Gebot fairen Verhandelns bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages bestätigt und konkretisiert. Ein Überblick und Handlungsleitfaden.

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Das Thema

Bekanntlich hat das BAG bereits im Jahr 2019 entschieden, dass ein Aufhebungsvertrag unwirksam ist, wenn er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist (BAG, Urteil vom 7.2.2019, 6 AZR 75/18).

Dieser Beitrag skizziert den Inhalt dieses Gebots, die Folge bei einem Verstoß sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung und zeigt dabei auf, welche Handlungsweisen von Arbeitgebern risikobehaftet sind. Dabei wird auch auf das jüngste Urteil des BAG hierzu eingegangen (BAG, Urteil vom 24.2.2022, 6 AZR 333/21, Pressemitteilung Nr. 8/22).

Gebot fairen Verhandelns: kein Novum

Das Gebot fairen Verhandelns beim Aufhebungsvertrag ist kein Novum. Das BAG hatte es bereits in früheren Entscheidungen – wenn auch nur knapp – angesprochen (BAG, Urteil vom 27.11.2003, 2 AZR 135/03; BAG, Urteil vom 22.4.2004, 2 AZR 281/03; BAG, Urteil vom 3.6.2004, 2 AZR 427/03; vgl. auch BAG, Urteil vom 15.3.2005, 9 AZR 502/03 zu einem Schuldversprechen; siehe auch LAG Hamm, Urteil vom 9.6.2011, 15 Sa 410/11):

„Der allgemeinen Gefahr einer möglichen Überrumpelung des Arbeitnehmers, z.B. weil die Vertragsverhandlungen zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten im Betrieb stattfinden (siehe auch § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB), kann allein über Informationspflichten und das Gebot fairen Verhandelns begegnet werden.“

In den Fällen hatte das BAG keine Anhaltspunkte für ein unfaires Verhandeln gesehen, so dass es nicht weiter auf Einzelheiten eingehen musste. Dies hat sich durch die Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2019 geändert, so dass das Gebot fairen Verhandelns nunmehr stärker ins Bewusstsein gerückt ist.

Fair verhandeln: Inhalt des Gebots

Das Gebot fairen Verhandelns hat ausweislich des BAG (Urteil vom 7.2.2019, 6 AZR 75/18) folgenden Inhalt:

  • Es handelt sich um eine Nebenpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB, wonach jeder Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet ist. Bei Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags kann eine Seite hiergegen verstoßen, wenn sie eine Verhandlungssituation herbeiführt oder ausnutzt, die eine unfaire Behandlung des Vertragspartners darstellt. Das Gebot fairen Verhandelns wird missachtet, wenn die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners in zu missbilligender Weise beeinflusst Wichtig: Das Gebot fairen Verhandelns bezieht sich nicht auf den Inhalt des Vertrags, sondern auf den Weg zum Vertragsschluss.
  • Es geht dabei nicht um ein Erfordernis der Schaffung einer für den Vertragspartner besonders angenehmen Verhandlungssituation, sondern um das Gebot eines Mindestmaßes an Fairness im Vorfeld des Vertragsschlusses. Eine rechtlich zu missbilligende Einschränkung der Entscheidungsfreiheit ist noch nicht gegeben, nur weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit noch ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht einräumt, noch das Unterbreiten einer Aufhebungsvereinbarung ankündigt (so bereits BAG, Urteil vom 30.9.1993, 2 AZR 268/93; BAG, Urteil vom 14.2.1996, 2 AZR 234/95).
  • Eine Verhandlungssituation ist vielmehr erst dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht. Dies kann je nach den konkreten Umständen der Fall sein bei
    • Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen, die erheblich ablenken oder sogar den Fluchtinstinkt wecken,
    • bei Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse,
    • bei Nutzung eines Überraschungsmoments, da dieses ebenfalls die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen kann (Überrumpelung).
  • Letztlich ist die konkrete Situation im jeweiligen Einzelfall zu bewerten und von einer bloßen Vertragsreue abzugrenzen.
  • Die Beweislast für einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns und die Ursächlichkeit dieses Verstoßes für den Abschluss des Aufhebungsvertrags trägt derjenige, der sich auf eine Verletzung beruft. Aber: Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitnehmer ohne die unfaire Behandlung seine Eigeninteressen in vernünftiger Weise gewahrt und den Aufhebungsvertrag nicht abgeschlossen hätte (= Vermutung für Ursächlichkeit des Verstoßes).

Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns: Die Folgen

Die Folge eines Verstoßes gegen das Gebot fairen Verhandelns ist laut BAG, dass der unfair behandelte Vertragspartner einen Schadensersatzanspruch hat, in dessen Folge er im Ergebnis so zu stellen ist, als hätte er den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Die Rechtswirkungen des Aufhebungsvertrages entfallen unmittelbar. Ergo: Der Aufhebungsvertrag ist unwirksam.

Dies führt zu einer Fortsetzung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen.

Über den der Entscheidung aus dem Jahr 2019 zugrundeliegenden Fall konnte das BAG mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen nicht abschließend entscheiden, jedoch ausgeführt, wann ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns gegeben sein würde:

  • Wenn die Arbeitnehmerin zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags unangekündigt (was streitig war) in ihrer Wohnung aufgesucht worden ist, könnte allein dies einer Überrumpelung gleichkommen.
  • Das Gebot fairen Verhandelns wäre zudem schon für sich genommen – aber erst recht in Verbindung mit einer Überrumpelung – verletzt, wenn sich die Arbeitnehmerin bei den Vertragsverhandlungen erkennbar in einem körperlich geschwächten Zustand befunden (erkrankt) und der Arbeitgeber(vertreter) diese Situation ausgenutzt hätte (auch dies war streitig). Dies würde umso mehr gelten, wenn keine triftigen Gründe für Verhandlungen noch während der Erkrankung der Arbeitnehmerin vorgelegen haben sollten.

Was machen die Landesarbeitsgerichte seit 2019 aus der BAG-Rechtsprechung

Es gibt mittlerweile mehrere Entscheidungen von LAG, die sich im Nachgang zur Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2019 mit dem Gebot fairen Verhandelns im Zusammenhang mit Aufhebungsverträgen befasst haben.

Einen Verstoß bejaht hat – soweit ersichtlich – nur das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 19.5.2020, 5 Sa 173/19). Dies war den Besonderheiten des konkreten Falles geschuldet. Das LAG hat dies wie folgt begründet: Die Arbeitgeberin hat mit dem Kläger eine Probezeit vereinbart, obwohl das aufgrund der bereits annähernd zweijährigen Vorbeschäftigung rechtlich unzulässig war. Das hat der Arbeitnehmer allerdings – anders als die Arbeitgeberin – nicht erkennen können und dachte, dass er ohne Weiteres kündbar ist. Zudem hat der Arbeitnehmer aufgrund der konkreten Umstände, die bei ihm einen enormen psychischen Druck erzeugt haben, und aufgrund der Kürze des Gesprächs (12 Minuten) keine Gelegenheit gehabt, sich zu beruhigen und einen klaren Gedanken zu fassen. Dies hat die Arbeitgeberin nach Überzeugung des LAG ausgenutzt.

Im Übrigen wurde – soweit ersichtlich – ein Verstoß jeweils verneint (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.3.2019, 7 Sa 421/18; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.11.2019, 2 Sa 164/19; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.5.2021, 7 Sa 377/20; LAG Hamm, Urteil vom 17.5.2021, 18 Sa 1124/20; LAG Hessen, Urteil vom 11.6.2021, 10 Sa 1221/20; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.8.2021, 1 Sa 103/21, zu einem Änderungsvertrag).

Hinweise für die Praxis aus den aktuellen Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte

Wenn sich eine Arbeitnehmerin, die anführt nicht hinreichend der deutschen Sprache mächtig zu sein, über die Konsequenzen der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht geirrt haben will, lässt dies weder eine Ausnutzung unzureichender Sprachkenntnisse durch die Arbeitgeberin noch eine aus sonstigen Gründen als unfair zu bewertende Verhandlungssituation erkennen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.11.2019, 2 Sa 164/19). Dies passt zum Hinweis des BAG aus der Entscheidung aus dem Jahr 2019, das das Gebot fairen Verhandelns sich nicht auf den Inhalt des Vertrags, sondern auf den Weg zum Vertragsschluss bezieht. Etwaige Folgen eines Vertrags betreffen nicht den „Weg zum Vertragsschluss“.

Von Arbeitnehmern angeführte, angebliche gesundheitliche bzw. mentale Schwächen wurden mehrfach als nicht hinreichend bzw. als für den Arbeitgeber nicht erkennbar angesehen, wenn der Arbeitnehmer dennoch arbeitsfähig war und ggf. sogar gearbeitet hat (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.11.2019, 2 Sa 164/19; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.5.2021, 7 Sa 377/20).

Es wurde als nicht ausreichend angesehen, dass der Arbeitnehmer (sogar kurzfristig) während seines Urlaubs zu einer Besprechung im Betrieb bzw. Firmensitz einbestellt wird (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.5.2021, 7 Sa 377/20).

Ein Verstoß wurde für den Fall verneint, dass die Arbeitgeberin einen Rechtsanwalt zu dem während der Arbeitszeit im Betrieb stattfindenden Gespräch hinzugezogen, einen nur sofort abschließbaren Aufhebungsvertrag vorlegt und dies mit der – nicht widerrechtlichen – Drohung verbunden hat, er werde andernfalls wegen einer schwerwiegenden Pflichtverletzung eine fristlose Kündigung aussprechen und Strafanzeige erstatten. Durch die Anwesenheit des Anwalts der Arbeitgeberin sei keine Drucksituation entstanden. Die Arbeitgeberin habe ein berechtigtes Interesse gehabt, ihren Rechtsanwalt zum Gespräch hinzuzuziehen, um einen rechtswirksamen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Weiterhin habe die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin eine zehnminütige Bedenkzeit gegeben. Der Arbeitnehmerin musste auch nicht das Recht eingeräumt werden, ihrerseits einen Rechtsbeistand hinzuziehen. Eine solche Pflicht würde es im Rahmen von Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht geben und das Gebot „formaler Waffengleichheit“ dadurch somit auch nicht verletzt sein. Anders als etwa bei einer Anhörung eines Arbeitnehmers vor einer sog. Verdachtskündigung konnte sich die Arbeitnehmerin dem Vertragsschluss dadurch entziehen, dass sie erklärt, den Aufhebungsvertrag nicht abschließen zu wollen (LAG Hamm, Urteil vom 17.5.2021, 18 Sa 1124/20).

Ein Verstoß trotz Verhandlungen während einer Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers wurde verneint, da sich die Verhandlungen im konkreten Fall über mehrere Wochen hinzogen, dem Arbeitnehmer eine Überlegungsfrist von mehreren Tagen gesetzt worden ist, er diese Zeit nutzte, um den Entwurf des Arbeitgebers einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorzulegen und er jederzeit auf den Inhalt Einfluss nehmen konnte und auch ausgeübt hat (LAG Hessen, Urteil vom 11.6.2021, 10 Sa 1221/20).

Als ein Arbeitnehmer behauptet, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt der Abgabe der Willenserklärung unter erheblichen Medikamenteneinfluss gestanden habe und arbeitsunfähig gewesen sei, so wurde ihm vorgehalten, dass er darauf hinweisen und um eine Fristverlängerung zur Abgabe seiner Erklärung hätte bitten müssen. Es kann insoweit nicht einfach hypothetisch unterstellt werden, dass er bei einer entsprechenden Bitte unfair behandelt worden wäre und die Arbeitgeberin diesem Anliegen nicht nachgekommen wäre (LAG Hessen, Urteil vom 11.6.2021, 10 Sa 1221/20).

Die Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen Schwäche wurde in einem Fall verneint, in dem die Arbeitnehmerin nach einer vorangegangenen längeren Arbeitsunfähigkeit noch an deutlichen Symptomen einer Erkältungserkrankung litt. Die Arbeitgeberin musste nicht davon ausgehen, dass die Arbeitnehmerin infolge dieses körperlichen Zustandes hinsichtlich ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt oder zumindest in ihrer „Widerstandskraft“ hinsichtlich der Ablehnung des angetragenen Vertrags so geschwächt gewesen sein soll, dass sich die Durchführung der Verhandlungen als unfaires Verhandeln dargestellt hätte. Die Arbeitnehmerin hat selbst nicht behauptet, auf ihren schlechten gesundheitlichen Zustand hingewiesen und gleichwohl zu dem Gespräch gedrängt worden zu sein. Nicht jede Erkrankung führt zu einer Schwächung der Entscheidungsfreiheit oder der Fähigkeit, ein Vertragsangebot abzulehnen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.8.2021, 1 Sa 103/21).

Die jüngste Entscheidung des BAG aus Februar 2022

Nunmehr hatte das BAG Gelegenheit, sich erneut mit dem Gebot fairen Verhandelns zu befassen, nachdem die unterlegene Arbeitnehmerin gegen das weiter oben bereits kurz skizzierte Urteil des LAG Hamm (vom 17.5.2021, 18 Sa 1124/20) Revision eingelegt hat. Das BAG hat die Revision der Arbeitnehmerin zurückgewiesen (BAG, Urteil vom 24.2.2022, 6 AZR 333/21, Pressemitteilung Nr. 8/22). Dabei hat das BAG ausweislich der bisher nur vorliegenden Pressemitteilung Folgendes entschieden:

„Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, stellt für sich genommen keine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB dar, auch wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der Arbeitnehmer erbetenen Rechtsrat einholen kann.“

Das BAG hat die Entscheidung des LAG Hamm und die in der Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2019 aufgestellten Grundsätze bestätigt und seine Rechtsprechung zudem dahingehend präzisiert, dass es auch keinen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns bedeutet, wenn der Arbeitgeber das Verlangen des Arbeitnehmers ablehnt, zum angebotenen Aufhebungsvertrag Rechtsrat einzuholen (also auch: einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen).

Damit bewertet das BAG die Situation abweichend von derjenigen bei einer Anhörung des Arbeitnehmers vor einer sog. Verdachtskündigung. Denn die Verdachtsanhörung ist zu unterbrechen und dem Arbeitnehmer die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für die Anhörung zuzugestehen ist, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt, auch wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht von sich auf diese Möglichkeit hinweisen muss (so BAG, Urteil vom 12.2.2015, 6 AZR 845/13; vgl. auch BAG, Urteil vom 24.5.2012, 2 AZR 206/11; BAG, Urteil vom 13.3.2008, 2 AZR 961/06). Auch im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) kann der Arbeitnehmer nach neuerer Rechtslage eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen (§ 167 Abs. 2 S. 2 SGB IX in der Fassung ab dem 10.6.2021). Es wird zwar zum Teil die Ansicht vertreten, dass ein Rechtsanwalt keine Vertrauensperson in diesem Sinn sein soll. Jedoch dürften auch Rechtsanwälte als Vertrauensperson einzustufen sein. In Zusammenhang mit der Verdachtsanhörung eines Arbeitnehmers hat das BAG Rechtsanwälte als Vertrauenspersonen bezeichnet (BAG, Urteil vom 12.2.2015, 6 AZR 845/13).

Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag: Was gilt es aktuell zu beachten?

Die bisher vom BAG und von einigen LAG zur Entscheidung gekommenen Fälle zeigen, dass das Gebot fairen Verhandelns zumindest kein zum leichten Erfolg führendes Werkzeug im Arsenal reuiger Arbeitnehmer ist. Die für einen hinreichenden Verstoß aufgestellten Anforderungen sind hoch, d.h. der Arbeitgeber muss sich schon in einer arg zu missbilligenden Art und Weise verhalten. Zudem trifft die (primäre) Darlegungslast sowie vor allem die Beweislast den Arbeitnehmer. Dementsprechend wurde ein Verstoß bisher auch fast nie bejaht.

Somit kann man auf Arbeitgeberseite weitgehend gelassen bleiben. Voraussetzung hierfür ist aber natürlich, dass man jegliche ungeschickten oder sogar plumpen Vorgehensweisen bei der Führung der Verhandlungen tunlichst unterlässt.

Konkrete Handlungsempfehlungen

Wenn man sich als Arbeitgeber weiter absichern möchte, kann man Folgendes erwägen:

  • Wann immer es möglich ist, ist im Betrieb zu verhandeln, nicht aber in der Wohnung o.ä. des Arbeitnehmers. Der Betrieb ist typischerweise der Ort, an dem das Arbeitsverhältnis berührende Fragen besprochen und geregelt werden (BAG, Urteil vom 26.3.2015, 2 AZR 483/14).
  • Es sollte auch während üblicher Geschäftszeiten verhandelt werden. Zu vermeiden sind Verhandlungen insbesondere zu einem Zeitpunkt, wenn der Arbeitnehmer erkennbar erschöpft ist, z.B. nach einer langen körperlich anstrengenden (Nacht-)Schicht.
  • Auch wenn das Unterbreiten einer Aufhebungsvereinbarung dem Arbeitnehmer nicht angekündigt werden muss, sollte dennoch jede aktive Täuschung über die Inhalte eines anberaumten Gesprächs vermieden werden. Jedenfalls in Zusammenhang mit einer Verdachtsanhörung wurden solche Täuschungen als schädlich angesehen (vgl. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 25.6.2009, 5 TaBV 87/09; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2010, 2 Sa 2022/10).
  • Wenn wegen länger dauernder Abwesenheit des Arbeitnehmers nicht im Betrieb verhandelt werden kann, sollte entweder schriftlich vorgegangen oder – wenn man dies nicht möchte – mit dem Arbeitnehmer ein Treffen – ggf. auch bei ihm vor Ort – vorab vereinbart werden. Unangekündigte Hausbesuche bergen stets das recht hohe Risiko, dass eine unzulässige Überrumplung angenommen wird. Wenn man hierauf dennoch nicht verzichten mag, müssten die sonstigen Bedingungen der Verhandlungssituation dies – nachweisbar – wieder ausgleichen, wie z.B. das nachweisbare ernsthafte Angebot an den Arbeitnehmer, nur zu verhandeln, wenn er dies möchte, und ansonsten zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurückkommen zu wollen. Im Falle der Erkrankung des abwesenden Arbeitnehmers müssen triftige Gründe für Verhandlungen noch während der Erkrankung vorliegen. Laut BAG (Urteil vom 7.2.2019, 6 AZR 75/18) ist es einem Arbeitgeber jdf. bei einer Kurzerkrankung des Arbeitnehmers ansonsten regelmäßig zumutbar, dessen Genesung vor der Aufnahme von Verhandlungen abzuwarten und ihn nicht unaufgefordert in der Wohnung mit einem Aufhebungsvertragsentwurf zu konfrontieren.
  • Insgesamt, insbesondere aber bei Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers durch Krankheit, fehlende Sprachkenntnisse o.ä. sollte möglichst bereits proaktiv eine „fairen“ Verhandlungssituation geschaffen werden. Dazu kann es im Einzelfall bei Bedarf (zum Ausgleich erschwerter Bedingungen) beispielsweise auch einmal gehören, doch eine Bedenkzeit einzuräumen, einen Dolmetscher (z.B. sprachkundigen anderen Beschäftigten) hinzuzuziehen oder die Unterbreitung eines Aufhebungsvertrages doch anzukündigen.
  • Es kann gelegentlich vorkommen, dass ein Arbeitnehmer im Rahmen von Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag besonders empfindlich reagiert oder geschockt und dadurch erkennbar nicht in der Lage ist, klare Gedanken zu fassen, so dass seine Entscheidungsfreiheit ersichtlich beeinträchtigt ist, ohne dass der Arbeitgeber diese Reaktion – vom bloßen Antragen eines Aufhebungsvertrages abgesehen – verursacht hätte. Auch hier ist Vorsicht geboten. Das BAG (Urteil vom 7.2.2019, 6 AZR 75/18) hat ausgeführt, dass der Arbeitgeber die Situation nicht herbeiführen oder ausnutzen darf, so dass auch die Ausnutzung einer nicht selbst herbeigeführten Situation schädlich ist.
  • Ferner sollte auch auf die Dokumentation einer „fairen“ Verhandlungssituation hingewirkt werden. Dies erleichtert die Verteidigung im Streitfall: Auch wenn der Arbeitnehmer die Beweislast für einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhaltens trägt, muss sich der Arbeitgeber auf entsprechenden Vortrag des Arbeitnehmers hinreichend präzise einlassen.

Gebot fairen Verhandelns nicht nur auf Aufhebungsverträge beschränkt

Erwähnenswert ist noch, dass das Gebot fairen Verhandelns von seinem Anwendungsbereich her nicht nur auf Aufhebungsverträge bzw. Beendigungsvereinbarungen beschränkt ist. Vielmehr kann es Arbeitgebern unter Umständen auch in Zusammenhang mit anderen Vereinbarungen, wie Schuldversprechen oder Änderungsverträgen, begegnen bzw. – aus Sicht von Arbeitnehmern – ggf. versucht werden, es nutzbar zu machen.

Entsprechende Versuche sind in einzelnen Entscheidungen auch bereits dokumentiert (z.B. BAG, Urteil vom 15.3.2005, 9 AZR 502/03 zu einem Schuldversprechen; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.8.2021, 1 Sa 103/21, zu einem Änderungsvertrag).

Kategorien: #EFAR-Beiträge Tags: Kündigung

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