Das Thema
Der Kläger war als Reinigungskraft angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Gebäudereinigertarifverträge Anwendung. Der Kläger musste auf Anweisung des Arbeitgebers als Corona-Schutzmaßnahmen bei der Reinigungstätigkeit eine medizinische Gesichtsmaske tragen. Hierfür verlangte er den tariflichen Erschwerniszuschlag nach § 10 Nr. 1.2 des Rahmentarifvertrags. Nach seiner Ansicht stellt auch das Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske eine Erschwernis i.S.d. Tarifvertrags dar. Eine medizinische Gesichtsmaske sei Teil der persönlichen Schutzausrüstung.
Die Vorinstanzen hatten – ebenso wie nun das BAG – die Klage abgewiesen.
BAG: Fremd-, aber kein Eigenschutz
Das BAG (Urt. v. 20.07.2022 – 10 AZR 41/22) stellte nun klar: Eine medizinische Gesichtsmaske ist keine Atemschutzmaske i.S.v. § 10 Nr. 1.2 RTV Gebäudereiniger. Die tarifliche Bestimmung knüpft an das Arbeitsschutzrecht an. Danach sind Atemschutzmasken im Sinne des Tarifvertrags nur solche, die vorrangig den Eigenschutz bezwecken und zu den sog. persönlichen Schutzausrüstungen gehören. Das trifft auf sog. OP-Masken nicht zu. Diese bezwecken einen Fremd-, aber keinen Eigenschutz, der den Anforderungen an eine persönliche Schutzausrüstung im Sinne der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften genügt. Ein Anspruch auf den tariflichen Erschwerniszuschlag nach den tariflichen Vorschriften besteht deshalb beim Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske nicht.
Bewertung
Das BAG-Urteil ist richtig und konsequent. Wie die Vorinstanzen und andere erstinstanzliche Entscheidungen vermuten ließen, ist der Zuschlag abzulehnen. Auch eine Stellungnahme des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks (und damit einer der tarifschließenden Parteien) vom 24.04.2020 stellte bereits seit längerem klar, dass Atemschutzmasken i.S.d. RTV lediglich FFP Masken der Klassen 1–3 sind und damit ausdrücklich keine Alltags- oder OP-Masken.
Die Tarifvorschrift zielt vom Wortlaut, aber auch vom Sinn und Zweck der Norm auch auf den Eigenschutz des Mitarbeiters. Außerdem sollte die Erschwerniszulage erst ab einer gewissen Intensität greifen, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der Norm ergibt. Dies ist beim Tragen einer OP-Maske nicht gegeben.
Konsequenzen für die Praxis
Das Urteil hat Bedeutung über die Gebäudereinigerbranche hinaus. Laut BAG bezieht sich die hier streitentscheidende Tarifnorm auf Arbeitsschutzvorschriften. Und danach sind Atemschutzmasken nur solche Masken, die vorrangig den Eigenschutz bezwecken und zur individuellen Schutzausrüstung gehören. Alltags- und OP-Masten dienen aber dem Fremd-, nicht dem Eigenschutz. Diese Argumentationskette lässt sich auch in anderen Fällen heranziehen, die nicht auf den Reinigungstarifverträgen beruhen.