Das Thema
Ein Anspruch auf befristete Arbeitszeitverringerung besteht, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht, der Arbeitgeber in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigt und der Zeitraum, für den die Arbeitszeitverringerung begehrt wird, mindestens ein und höchstens fünf Jahre beträgt (§ 9a Abs. 1 TzBfG). Das Verlangen kann durch den Arbeitgeber abgelehnt werden, soweit betriebliche Gründe entgegenstehen. Ein solcher betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit
- die Organisation,
- den Arbeitsablauf oder
- die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder
- unverhältnismäßige Kosten verursacht (§ 9a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 4 TzBfG).
Die Drei-Stufen-Prüfung des BAG
Das BAG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es genügt, wenn die betrieblichen Gründe, die zu der Ablehnung geführt haben, rational nachvollziehbar sind. Zugrunde zu legen ist hierfür aber eine dreistufige Prüfung.
Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zu Grunde liegt und um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe). Schließlich ist das Gewicht der entgegenstehenden Gründe zu prüfen. Maßgeblich ist hierfür, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zu Grunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die von dem Mitarbeiter gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden (dritte Stufe; st. Rspr., u.a. BAG, Urt. v. 13.10.2009 – 9 AZR 910/08).
Der Fall
Das ArbG Köln hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem das befristete Teilzeitverlangen des Klägers vom beklagten Unternehmen abgelehnt worden war. Der Kläger war als Schichtmeister in einem Tanklager angestellt. Der Betrieb des Tanklagers wird von insgesamt fünf Schichtgruppen in drei Schichten ganzjährig rund um die Uhr aufrechterhalten. Jede Schicht wird mit zwei Schichtmeistern geplant, um eventuellen Personalengpässen vorzubeugen. Bei Erscheinen beider Schichtmeister arbeitet einer von ihnen als zusätzlicher Anlagenführer. Dies traf meist auf den Kläger zu. Durch die Schichten kommen die Beschäftigten jedoch nicht auf die wöchentlich geforderte Arbeitszeit von 37,5 Stunden. Sie müssen deshalb zusätzliche Ausgleichsschichten erbringen. Als Reaktion auf den Verringerungsantrag des Klägers hat die Beklagte erfolglos versucht, einen zusätzlichen Mitarbeiter einzustellen, um die verringerte Arbeitszeit auszugleichen und lehnte danach das Verlangen ab. Der Kläger beantragte, die Beklagte zu verurteilen, seine Schichten in einem begrenzten Zeitraum von fünf Jahren auf 35 Stunden zu verringern.
Die Entscheidung
Das ArbG Köln bestätigte die Ablehnungsentscheidung der Beklagten (Urt. v. 31.07.2024 – 9 Ca 6540/23). Die Ablehnung der befristeten Arbeitszeitverringerung nach § 9a Abs. 2 Satz 1 TzBfG sei rechtmäßig, da entgegenstehende betriebliche Gründen gemessen am Maßstab der Drei-Stufen-Prüfung vorlägen, die eine Ablehnung rechtfertigten.
Ein Organisationskonzept liege bei der Beklagten vor (erste Stufe). Ein solches sei ein Konzept, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden solle. Das vollkontinuierliche 5-Schicht-Wechselschichtsystem gewährleiste, dass das Tanklager durchgehend besetzt und somit ein reibungsloser Ablauf der Produktionsprozesse möglich sei. Die Einteilung von zwei Schichtmeistern diene dazu, Personalausfälle zu kompensieren und einen andernfalls notwendigen Bereitschaftsdienst zu vermeiden. Es gehöre zu der dem Arbeitgeber vorbehaltenen Organisation und Gestaltung des Betriebs, die Stärke der Belegschaft festzulegen. Hiervon sei auch die Entscheidung über die erforderliche Kapazität der Arbeitskräfte und der Arbeitszeit erfasst. Dass der Kläger deshalb überwiegend tatsächlich nicht als Schichtmeister, sondern als Anlagenführer eingesetzt wurde, sei damit unbeachtlich.
Die Arbeitszeitregelung in Form des vollkontinuierlichen 5-Schicht-Wechselschichtmodells stehe dem Teilzeitbegehren des Klägers zudem entgegen (zweite Stufe). Die Gewährung der Teilzeit hätte rechnerisch zwingend zur Folge, dass für die anderen Beschäftigten der Beklagten Mehrarbeit angeordnet werden müsse. Das aber könne der Kläger von seinem Arbeitgeber nicht verlangen. Die angespannte Personalsituation spreche dafür, dass dem Teilzeitbegehren betriebliche Gründe entgegenstünden. Schließlich sei es der Beklagten nicht möglich gewesen, eine Ersatzeinstellung vorzunehmen. Sie habe in angemessenen Umfang erfolglose Bemühungen unternommen, um eine Ersatzkraft für den Kläger zu finden.
Zuletzt werde das betriebliche Organisationskonzept durch das Teilzeitbegehren wesentlich im Sinne des § 9a Abs. 2 Satz 1 TzBfG in Verbindung mit § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG beeinträchtigt (dritte Stufe). Das Unternehmen sei nicht verpflichtet, vorhandene Schichtsysteme grundlegend zu ändern. Vorliegend sei eine solche grundlegende Änderung notwendig, um die Verringerung der Arbeitszeit zu ermöglichen. Um die durchgehende Besetzung des Tanklagers zu gewährleisten, müsste die Beklagte dazu übergehen, eine Rufbereitschaft anstelle der bisherigen Einteilung von zwei Schichtmeistern einzurichten. Dies könne nicht verlangt werden.
Fazit und Praxishinweis
Das Urteil des ArbG Köln bestätigt, dass die Berufung auf betriebliche Gründe der dreistufigen Prüfung des BAG standhalten muss. Unternehmen sind nicht verpflichtet, ein vorhandenes Schichtsystem grundlegend zu ändern, um eine Teilzeitverringerung zu ermöglichen. Im Umkehrschluss heißt dies aber auch, dass geringfügige Änderungen vorgenommen werden müssen. Zudem muss man schließlich bei Ablehnung des Verringerungsantrags vorweisen können, dass man sich bemüht hat, eine entsprechende zusätzliche Arbeitskraft zu finden.
Arbeitgeber können ein befristetes Teilzeitverlangen nach § 9a TzBfG nicht ohne Weiteres ablehnen. Es gelten hohe Anforderungen, die im Rahmen der Drei-Stufen-Prüfung des BAG konkretisiert sind. Die Ablehnung muss nachvollziehbar auf ein bestehendes und schlüssiges Organisationskonzept gestützt sein und darf nicht bloß pauschal begründet werden. Gelingt dem Unternehmen jedoch eine tragfähige und belegbare Argumentation, etwa durch ein funktionierendes Schichtsystem und ernsthafte Bemühungen zur Kompensation, kann diese auch vor Gericht Bestand haben.