Das Thema
Das BAG hat entschieden, dass ein „kleinerer“ Betriebsrat errichtet werden kann, wenn bei einer Betriebsratswahl weniger Bewerber vorhanden als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind (Beschl. v. 24.04.2024 − 7 ABR 26/23).
Arbeitgeber forderte Abbruch der Wahl
In einer Klinik mit regelmäßig ca. 170 Arbeitnehmern wurde im Mai 2022 eine Betriebsratswahl durchgeführt. Für diese kandidierten lediglich drei Arbeitnehmer, die 52, 50 und 60 Stimmen erhielten. Das Gesetz sieht für die Betriebsgröße der Klinik einen aus sieben Mitgliedern bestehenden Betriebsrat vor. Aufgrund der geringen Bewerberzahl wurde jedoch nur ein Betriebsrat mit drei Mitgliedern gewählt. Der Arbeitgeber hat den Wahlvorstand bereits während der Durchführung der Wahl erfolglos unter Hinweis auf den Kandidatenmangel zum Abbruch der Wahl aufgefordert. Nach der Wahl leitete er beim Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren ein und beantragte, die Nichtigkeit der Betriebsratswahl, hilfsweise deren Unwirksamkeit, festzustellen.
Gesetzgeberischer Wille
Der Arbeitgeber blieb mit seinem Antrag vor dem ArbG Hamburg und der Beschwerde vor dem LAG Hamburg erfolglos. Das Landesarbeitsgericht begründete seine Entscheidung mit der entsprechenden Anwendung von § 11 BetrVG. Die Norm sieht für den anders liegenden Fall, dass keine ausreichende Zahl wählbarer Arbeitnehmer vorhanden ist, vor, dass dann für die Zahl der Betriebsratsmitglieder die nächstniedrigere Betriebsgröße gemäß der Staffel des § 9 BetrVG gilt. Mit der dagegen gerichteten Rechtsbeschwerde vor dem BAG hatte der Arbeitgeber keinen Erfolg.
Laut der Pressemeldung (der Volltext mit den ausführlichen Gründen liegt noch nicht vor) entschied das BAG, dass es der Wahl eines Betriebsrats nicht entgegenstehe, wenn sich nicht genügend Kandidaten für das Betriebsratsamt finden. Das Gericht begründet seine Entscheidung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Mit dieser Regelung drücke der Gesetzgeber seinen Willen aus, dass in Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, Betriebsräte gewählt werden sollen. In den Konstellationen, in denen weniger Kandidaten als zu besetzende Betriebsratssitze vorhanden sind, solle § 9 BetrVG so angewandt werden, dass auf die jeweils nächstniedrigere Stufe abzustellen sei. Diese Methode solle so lange angewandt werden, bis die Anzahl der Bewerber für die Errichtung eines Betriebsratsgremiums − mit einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern − ausreiche.
Fazit
Die Entscheidung steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte und entspricht auch der herrschenden Meinung in der juristischen Literatur. Sind bei einer Betriebsratswahl also weniger Kandidaten als vom Gesetz vorgesehene Betriebsratsmitglieder vorhanden, ist die Wahl nicht abzubrechen, sondern einfach ein kleinerer Betriebsrat zu errichten. Daraus resultieren weder Nichtigkeits- noch Anfechtungsgründe.