Zwei Wahlvorschläge, eine Wahlanfechtung
Zur Personalratswahl am Universitätsklinikum Erlangen bewarben sich 2016 48 wahlberechtigte Beschäftigte unter dem Kennwort „simply the best“. Dieser Wahlvorschlag wurde zweifach und von 66 Unterstützern unterzeichnet dem Wahlvorstand vorgelegt.
Der reichte den zweiten Wahlvorschlag als ungültig, weil gleichlautend zurück. Und auch den ersten erachtete der Wahlvorstand als ungültig. Zur Begründung führte er an, dass die Bezeichnung „simply the best“ in englischer Sprache formuliert ist. Die Formulierung impliziere zudem, dass die anderen Wahlvorschläge minderwertig seien. Außerdem sei das gewählte Kennwort irreführend und herabsetzend. In der Bekanntmachung der gültigen Wahlvorschläge wurde der Wahlvorschlag daher nicht aufgeführt.
Einen Antrag, im Wege der einstweiligen Verfügung die Zurückweisung des Wahlvorschlags aufzuheben, lehnte die Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten des Landes beim VG Ansbach ab (Beschl. v. 12.4.2016 – AN 8 PE 16.00550). Die Frage, ob der Wahlvorschlag zu Recht zurückgewiesen worden sei, müsse in einem Wahlanfechtungsverfahren geklärt werden. Dazu kam es dann auch. Und in diesem Verfahren folgte das Gericht der Auffassung der Listenersteller.
Nix Herabwürdigung, nix Irreführung
Eine Herabwürdigung der anderen Wahlvorschläge oder anderer Kandidaten sei mit der Bezeichnung „simply the best“ nicht verbunden. Vielmehr sollten Mitarbeiter zur Wahlteilnahme motiviert werden, die „ohne diese Kundgabe der wohl doch eher gefühlsmäßigen Selbsteinschätzung der Kandidaten dieses Wahlvorschlags“ ihr Wahlrecht nicht ausgeübt hätten. „Eine unzulässige Wahlbeeinflussung, etwa weil auf die Entscheidungsfreiheit der Wähler in irreführender oder sonst sittenwidriger Weise Einfluss genommen werde, ist darin nicht zu erkennen“, so das VG Ansbach.
Eine Irreführung und eine darin liegende Gefahr der Wählertäuschung sei ebenfalls nicht ersichtlich. Denn „das Kennwort verschleiert weder, wer den Wahlvorschlag eingereicht hat (…) noch täuscht es über die auf dem Wahlvorschlag genannten Personen“.
Dass das Kennwort in englischer Sprache verfasst sei, ist nach Meinung des VG Ansbach auch unproblematisch. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass nicht alle Beschäftigten der englischen Sprache mächtig seien. Und das begründete das Gericht mit Tina Turner.
Bonnie und Tina
Es geht, wie das VG Ansbach ausführt, „gerade nicht um die einzelnen Worte ‚simply‘ (deutsch: simpel – französisch: simple – Latein: simplex; jeweils für einfach), ‚the‘ (englisch: der/die/das) und ‚best‘ (deutsch: Beste). Die Fachkammer ist vielmehr der Auffassung, dass sich die Worte “simply the best” als Titel des gleichnamigen Songs von Tina Turner als eigenständiger Begriff festgemacht haben und dieser Begriff in diesem Sinne auch allgemein verständlich ist.“
Da ist durchaus was dran – auch wenn der Titel des Liedes nicht „simply the best“, sondern „The Best“ lautet. „Das Lied wird“, wie es auf Wikipedia heißt, „bis heute oft im Radio gespielt und auf Sportveranstaltungen verwendet“. Was das Gericht verschweigt ist allerdings, dass es zunächst durch Bonnie Tyler veröffentlicht wurde – und das sehr erfolgreich. Zu einem „Welterfolg“ wurde es, wie es auf Wikipedia heißt, aber tatsächlich erst in der Version von Tina Turner. Und bei aller grundsätzlichen Kritik an Wikipedia: Das stimmt, wie sich allein aus den Verkaufszahlen des gleichnamigen Albums ersehen lässt.
Es geht auch ohne Tina
Der Bay. VGH (Beschl. v. 7.3.2017 – 17 P 16.2124) folgte im Wesentlichen der Argumentation des VG Ansbach. Hinsichtlich der Verwendung fremdsprachiger Begriffe ging er sogar einen Schritt weiter: „Das Kennwort in englischer Sprache ist für den durchschnittlichen Beschäftigten leicht zu übersetzen und allgemein verständlich“, so das Gericht. „Selbst aus den einzelnen Wörtern kann wegen der Nähe zur deutschen Sprache (englisch: simply‚ deutsch: simpel; englisch: best‚ deutsch: Beste) der Sinngehalt des Kennworts zwanglos abgeleitet werden.“
Und es ist sogar besser, als so mache deutsche Formulierung, meint der Bay. VGH. Denn „Beschäftigte, die der deutschen Sprache nicht oder kaum mächtig sind“, dürften „mit komplizierten deutschen Kennwörtern ungleich größere Probleme haben.“
Auf Tina Turner ging das Gericht nicht ein. Im Hinblick auf die dargelegten Ausführungen ist das nachvollziehbar. Schade ist es dennoch. Der Verweis auf diesen Song ist ein überzeugendes Argument. Und es ist auch einfach ein tolles Lied. Wer Lust hat, es mal wieder zu hören: Auf Youtube finden sich sowohl die Version von Bonnie Tyler als auch die von Tina Turner.
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