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Bewerbung

Der Einfluss der Entgelttransparenzrichtlinie auf den Bewerbungsprozess

  • 14. Juli 2025 |
  • Marcel Thoß

Im zweiten Teil unserer Beitragsreihe zum Thema Entgelttransparenz erläutern wir die Vorgaben der neuen Entgelttransparenzrichtlinie mit Blick auf ihre Auswirkungen für den Bewerbungsprozess.

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Das Thema

Artikel 5 der Entgelttransparenzrichtlinie (Richtlinie [EU] 2023/970 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 10.05.2023;„EntgTrRL“) legt Arbeitgebern die Pflicht auf, auch Stellenbewerbern Informationen zur Verfügung zu stellen und überträgt diesen damit bereits vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses umfangreiche Pflichten. Auch wenn die Umsetzung in nationales Recht erst bis zum 07.06.2026 erfolgen soll, folgt hieraus bereits jetzt Handlungsbedarf für Arbeitgeber.

Bereitstellung von Informationen über das Einstiegsentgelt

Art. 5 EntgTrRL legt fest, dass Stellenbewerber das Recht haben, vom künftigen Arbeitgeber Informationen über „das auf objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien beruhende Einstiegsentgelt für die betreffende Stelle oder dessen Spanne“ zu erhalten.

Gehaltsspanne oder konkrete Summe

Unternehmen steht es dabei frei, ob sie ein konkretes Einstiegsentgelt nennen oder eine gewisse Gehaltspanne angeben. Bei der Frage, für welche der Varianten sich Arbeitgeber entscheiden, ist anzumerken, dass sich diese durch die Gehaltsangabe nicht binden. Erwägungsgrund Nr. 32 der EntgTrRL stellt hierzu explizit klar, dass die Arbeitsvertragsparteien durch die Gehaltsangabe nicht dabei eingeschränkt werden, ein Gehalt außerhalb der vom Unternehmen angegebenen Gehaltsspanne auszuhandeln. Im Hinblick auf den Sinn und Zweck der EntgTrRL gilt dies auch für die Angabe einer konkreten Summe.

Dementsprechend ist es eine Geschmacksfrage, für welche Variante man sich entscheidet. Durch die Angabe einer konkreten Summe könnte bei Bewerbern eher der Eindruck erweckt werden, dass kein Verhandlungsspielraum gegeben sei, was die Höhe des tatsächlich vereinbarten Gehalts einerseits zugunsten des Arbeitgebers beeinflussen, andererseits aber potenzielle Arbeitnehmer auch gänzlich von einer Bewerbung absehen lassen könnte.

Tarifverträge

Soweit sich das Einstiegsentgelt nach tarifvertraglichen Regelungen richtet, müssen Unternehmen Bewerber über die einschlägigen Regelungen informieren. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Tarifentgelt kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf einen Tarifvertrag zur Anwendung kommt.

Gehaltsbestandteile

Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a) EntgTrRL umfasst der Begriff des Entgelts alle Vergütungen, die Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsverhältnisses an Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar als Geld- oder Sachleistung zahlen. Dementsprechend fallen unter den Begriff des Entgelts beispielsweise auch Essenszuschüsse oder privat nutzbare Dienstwagen.

Sonstige Benefits im Rahmen des Arbeitsverhältnisses, wie die Höhe des Urlaubsanspruchs, die Möglichkeit von Arbeit aus dem Homeoffice oder ein Sabbatical fallen nicht darunter. Dementsprechend müssen Unternehmen über diese auch im Bewerbungsprozess nicht informieren.

Form und Zeitpunkt der Information

Die vom Arbeitgeber geschuldeten Informationen zum Entgelt müssen in einer Weise bereitgestellt werden, die fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt ermöglicht, beispielsweise in einer veröffentlichten Stellenausschreibung, vor dem Vorstellungsgespräch oder auf andere Weise spätestens vor Abschluss des Arbeitsvertrages. Dies bedeutet, dass Unternehmen verpflichtet sind, bereits im Rahmen des Stellenbesetzungsprozesses klare und transparente Informationen über die Vergütung zur Verfügung zu stellen, um sicherzustellen, dass Bewerber eine fundierte Entscheidung treffen können.

Die Information zum Entgelt muss „rechtzeitig“ erfolgen. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie vor der Verhandlung über die Gehaltshöhe, in jedem Fall aber vor Abschluss des Arbeitsvertrags erfolgt. Im Hinblick darauf, dass sich der Zeitpunkt möglicher Gehaltsverhandlungen nicht immer vorhersehen lässt, weil auch Bewerber jederzeit eigeninitiativ in Gehaltsverhandlungen einsteigen können, ist eine eher frühe Information anzuraten.

Nach Maßgabe der EntgTrRL ist keine Form für die Information vorgeschrieben. Dementsprechend wäre neben der Textform auch eine mündliche Information ausreichend. Aus Gründen der Beweisbarkeit sollte darauf jedoch verzichtet werden. Zweckmäßig dürfte es sein, bereits im Rahmen von Stellenangeboten der Informationsverpflichtung nachzukommen. Wollen Arbeitgeber jedoch vermeiden, dass Wettbewerber ohne Weiteres eine Vergütungsbenchmark im Hinblick auf die bei ihnen selbst gezahlte Vergütung erstellen können, bietet sich eine weitere Gestaltungsvariante an. Bei dieser veröffentlichen Unternehmen die Entgeltinformationen nicht für jedermann ersichtlich im Rahmen des Stellenangebots, sondern erfüllen die Informationspflicht beispielsweise erst im Rahmen einer Einladung zu einem Bewerbungsgespräch per E-Mail. Damit kann zum einen die Dokumentation der erfolgten Information gewährleistet werden. Zum anderen wird sichergestellt, dass Entgeltinformationen nicht allgemein zugänglich sind.

Verbot der Frage nach dem bisherigen Entgelt

Zusätzlich zu den bereits bisher unzulässigen Fragen nach Schwerbehinderung, Gewerkschaftszugehörigkeit, Religionszugehörigkeit, ethnischer Herkunft, sexueller Identität und Schwangerschaft auf Basis des AGG sind nach der EntgTrRL zukünftig auch Fragen nach dem Entgelt in laufenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen der Bewerber unzulässig.

Die Höhe des Einstiegsentgelts ist zentraler Anknüpfungspunkt für Gehaltsunterschiede, welche sich in Abhängigkeit von dessen Höhe regelmäßig über die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses manifestieren. Steigt jemand also mit einem geringeren Entgelt in ein Arbeitsverhältnis ein, ist absehbar, dass dieses im Vergleich zu höher eingestiegenen Kollegen auch zukünftig weiterhin niedriger ausfällt.

Das Verbot der Frage nach dem bisherigen Entgelt soll sicherstellen, dass die Entgeltverhandlungen auf der Grundlage der Anforderungen und Qualifikationen der Stelle und nicht auf der bisherigen Entlohnung von Bewerbern basieren. Diese Maßnahme zielt darauf ab, die Praxis zu unterbinden, dass Bewerber aufgrund ihrer früheren Gehälter benachteiligt werden, was insbesondere Frauen betreffen kann, die möglicherweise in der Vergangenheit bereits weniger verdient haben als ihre männlichen Kollegen.

Zulässige Kriterien zur Differenzierung der Entgelthöhe

Nach Erwägungsgrund Nr. 26 der Richtlinie können die zulässigen Kriterien zur Bemessung der Entgelthöhe in den folgenden vier Kategorien zusammengefasst werden:

  • Kompetenzen,
  • Belastungen,
  • Verantwortung und
  • Arbeitsbedingungen.

Welche Differenzierungskriterien nach dem nationalen Recht genau zulässig sind und wie diese zu gewichten sein werden, ist bislang jedoch offen. Zur Konkretisierung der objektiven und geschlechtsunabhängigen Kriterien nennen die Erwägungsgründe der Richtlinie berufliche Anforderungen sowie Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsanforderungen.

Nach Maßgabe der Equal-Pay-Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 16.02.2023 – 8 AZR 450/21) ist ein vermeintlich besseres Verhandlungsgeschick eines Bewerbers nicht geeignet, die Vermutung einer geschlechtsbezogenen Entgeltbenachteiligung zu widerlegen.

Mithin ist die Behauptung eines vermeintlich besseren Verhandlungsgeschicks auch nicht geeignet die Bemessung unterschiedlich hoher Entgelte vergleichbarer Beschäftigter vor dem Hintergrund der EntgTrRL zu rechtfertigen.

Es bleibt den Vertragsparteien jedoch unbenommen, auf Basis objektiver Kriterien, wie Berufserfahrung, Qualifikation, besonderer Eignung etc. eine Vergütung bspw. oberhalb der zuvor angegebenen Vergütungsspanne zu vereinbaren.

Nichtdiskriminierendes Einstellungsverfahren

Unternehmen müssen außerdem sicherstellen, dass Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral sind und dass Einstellungsverfahren auf nichtdiskriminierende Weise durchgeführt werden, um das Recht auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit nicht zu unterminieren. Dies bedeutet, dass alle Aspekte des Einstellungsprozesses, von der Formulierung der Stellenausschreibung bis zur Auswahl der Kandidaten, so gestaltet sein müssen, dass sie keine geschlechtsspezifischen Vorurteile enthalten. Wie genau eine solche diskriminierungsfreie Gestaltung im Einzelnen aussieht, ist bis zur Umsetzung der nationalen Regelungen offen.

Geschlechterneutrale Formulierung von Stellenausschreibungen

Die Anforderung, dass Stellenausschreibungen geschlechterneutral formuliert sein müssen, folgt nicht erst aus der EntgTrRL, sondern ist bereits in bestehenden nationalen und europäischen Antidiskriminierungsgesetzen verankert. In Deutschland beispielsweise schreibt das AGG vor, dass Stellenausschreibungen so gestaltet sein müssen, dass sie keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder anderer geschützter Merkmale, wie dem Alter, enthalten.

Dementsprechend verstößt eine Stellenausschreibung, die sich nur an ein Geschlecht richtet, gegen das AGG und kann eine Entschädigungspflicht des Arbeitgebers auslösen. So liegt ein Fall einer Geschlechterdiskriminierung vor, wenn ein Arbeitgeber eine Stelle ausschließlich für „Sekretärinnen“ ausschreibt. Umgekehrt ist die Formulierung „Verkäufer“ in einer Stellenausschreibung ebenfalls diskriminierend, da sie Frauen von der Bewerbung abhalten könnte. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte sollten Unternehmer daher geschlechtsneutrale Begriffe wie „Verkäufer/in“ oder „Verkäufer (m/w/d)“ zu verwenden, um sicherzustellen, dass die Ausschreibung keine geschlechtsspezifische Diskriminierung darstellt.

Fazit und Empfehlungen

Trotz der noch verbleibenden Zeit bis zur Anpassung des Entgelttransparenzgesetzes an die Vorgaben der EntgTrRL sollten Arbeitgeber sich bereits jetzt mit den sich hieraus ergebenden Anforderungen beschäftigen (s. auch Teil 1 der Beitragsreihe zum Thema Entgelttransparenz: „Neue EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz: Was Arbeitgeber bereits jetzt beachten sollten“).

Hierzu gehört zunächst die Überprüfung der Diskriminierungsfreiheit der eigenen Bewerbungs- und Einstellungsprozesse, sowie die entsprechende Schulung von Führungskräften im Rahmen der Durchführung solcher Prozesse.

Als Kernstück der Umsetzung sollten Unternehmen mindestens für zukünftige Einstellungen eine Vergütungsstruktur entwickeln, welche auf geschlechtsneutralen Kriterien beruht. Diese dient bestenfalls als Grundlage, um den Informationsverpflichtungen zur Entgelthöhe im Rahmen des Bewerbungsprozesses nachzukommen.

Im Zuge der Erfüllung der Informationspflicht sollten Arbeitgeber auf eine strenge Dokumentation der Information und im Nachgang erfolgter Entgeltverhandlungen achten.

Kategorien: #EFAR-Beiträge Tags: Entgelttransparenzgesetz

  • Marcel Thoß

    RA, Associate bei Osborne Clarke PartmbB (Hamburg) #EFAR - Profil #EFAR - Fokusseite LinkedIn

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