Das Thema
Ein Dienstrad (Fahrradleasing) über den Arbeitgeber ist en vogue – mag es an den positiven Effekten für die Umwelt und Gesundheit oder für die Steuer- und Beitragslast liegen. Zahlreiche Unternehmen bieten mittlerweile den Bezug eines „Dienstrades“ an, sogar öffentliche Arbeitgeber bemühen sich jüngst um die Ausweitung bzw. Einführung entsprechender Programme.
Dienstrad im Arbeitsverhältnis: Förderung im Steuer- und Sozialversicherungsrecht
Seinen Ausgangspunkt hat die aktuelle Entwicklung im Jahr 2012, als die steuerliche Behandlung von (auch) zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen auf die Überlassung von Diensträdern ausgedehnt wurde. Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des „Dienstrads“ ist seither mit 1 % der auf volle EUR 100,00 abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung („UVP“) inkl. MWSt. zu versteuern und sozialversicherungsrechtlich zu verbeitragen. Für den Weg zwischen Wohnort und Arbeitsort fällt – anders als beim Auto – kein zusätzlicher geldwerter Vorteil an. Häufig verzichtet der Arbeitnehmer im Wege der Gehaltsumwandlung auf einen Teil seines Gehaltes, senkt damit sein zu versteuerndes und zu verbeitragendes Einkommen und erhält hierfür als Sachbezug das unter Abgabengesichtspunkten privilegierte Dienstrad zur Verfügung gestellt. Dies ist außerdem oft mit attraktiven Ablöseoptionen verbunden.
Seit Anfang 2019 ist die private Nutzung nunmehr sogar steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn die Überlassung des Fahrrads zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, also ohne Umwandlung des bestehenden Gehaltes erfolgt. Denkbar ist daher auch, dass – ähnlich zu den Fällen des vom Arbeitgeber getragenen KiTa-Beitrages – freiwillige Gehaltserhöhungen des Arbeitgebers zukünftig in Form eines steuer- und sozialversicherungsfreien Dienstrades erfolgen. Das wird dem Dienstrad weiteren Aufwind geben.
Dienstrad und vertragliche Grundkonstellation – Drei-Parteien-Verhältnis
Beteiligt an einem Dienstrad-Modell sind im Kern der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer sowie die Leasinggesellschaft. Im Rahmen des Dienstradleasings werden mehrere Verträge zwischen den drei Beteiligten geschlossen.
Die Leasinggesellschaft kauft – meist auf Auswahl des Arbeitnehmers – ein Fahrrad und überlässt dieses gegen Zahlung der Leasingraten an den Arbeitgeber. Beide schließen hierzu einen (Einzel-)Leasingvertrag. Der Arbeitgeber stellt das Fahrrad dem Arbeitnehmer zur Verfügung. Die Einzelheiten der Überlassung, insbesondere die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers, regelt der zwischen ihnen zu schließende Überlassungsvertrag. Soll außerdem eine finanzielle Beteiligung des Arbeitnehmers im Wege der Gehaltsumwandlung erfolgen, vereinbaren beide flankierend hierzu einen Änderungsvertrag als Ergänzung des Arbeitsvertrages. Meist besteht in Erweiterung des Drei-Personen-Verhältnisses noch ein Rahmenvertrag des Arbeitgebers mit einer Servicegesellschaft, die die Abwicklung des Leasings übernimmt und mit welcher die allgemeinen Regelungen für die einzelnen Leasingverträge abgestimmt sind.
Der Leasingvertrag
Die Leasingverträge haben regelmäßig eine Laufzeit von 36 Monaten und beinhalten neben der Pflicht zur Zahlung der Leasingrate Regelungen zu Pflege, Versicherungsschutz und Haftung. Der Überlassungsvertrag mit dem Mitarbeiter überträgt zahlreiche Pflichten des Arbeitgebers aus dem Leasingvertrag auf den Arbeitnehmer, dem außerdem die Überlassung eingeräumt wird. Die Dauer entspricht derjenigen des Leasingvertrages. In Ergänzung hierzu wird in Fällen der finanziellen Beteiligung durch den Arbeitnehmer mit dem Änderungsvertrag, der mit dem Überlassungsvertrag in einem einheitlichen Dokument enthalten sein kann, der Umfang der Beteiligung sowie deren Durchführung vereinbart.
Meist besteht die Option, das geleaste Fahrrad am Ende des Leasingzeitraums für einen Anteil der UVP zu kaufen bzw. wird das Dienstrad dem Arbeitgeber/Arbeitnehmer zum Kauf angeboten. Viele Leasinggesellschaften hatten hier einen Restwert von 10 bis 20 % angesetzt. Zwischenzeitlich legen die obersten Finanzbehörden jedoch bei einer Laufzeit von 36 Monaten einheitlich einen Restwert von 40 % der UVP zugrunde. Teilweise werden die Restwerte in den Neuverträgen mittlerweile dahingehend angepasst, teilweise wird die aus der Differenz der Werte resultierende zusätzliche Einkommenssteuer, die pauschaliert erfolgen kann, von den Leasinggesellschaften übernommen.
Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Was passiert mit dem Dienstrad?
Die laufende Abwicklung der Vertragsverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer setzen ihrer Konzeption nach voraus, dass zwischen beiden ein Arbeitsverhältnis besteht. Ohne diese kann keine Gehaltsumwandlung bzw. eine Sonderleistung mehr erfolgen, ebenso laufen die abgabenrechtlichen Privilegierungen leer. Endet der Arbeitsvertrag während der Laufzeit des Leasingvertrages, hat dies jedoch keine Auswirkung auf den Bestand des Leasingvertrages zwischen Arbeitgeber und Leasinggesellschaft. Der Arbeitnehmer hat das Dienstrad aufgrund der endenden Verträge an den Arbeitgeber zurückzugeben, das Fahrrad bleibt aber seitens der Leasinggesellschaft weiterhin dem Arbeitgeber überlassen und er muss weiterhin die Leasingraten entrichten. Damit besteht für Arbeitgeber das Risiko, das Fahrrad „auf dem Hof stehen“ zu haben und weiter finanzieren zu müssen.
Dem Arbeitgeber verbleibt in diesen Fällen an sich nur die Möglichkeit, einen anderen Arbeitnehmer zur Übernahme des Dienstrades durch entsprechende Gehaltsumwandlung zu veranlassen, bis der Leasingvertrag endet. Dies scheitert in der Praxis jedoch zumeist nicht nur an den vielfältigen Konfigurationsoptionen vom Hollandrad über das BMX bis zum Pedelec, sondern auch an der bloßen Größe des Dienstrads. Sind entsprechende Vereinbarungen im Leasingvertrag enthalten, kann der Arbeitgeber zwar auch um eine vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages ersuchen. Dabei sind aber in der Regel Entschädigungen zu entrichten.
Wie Arbeitgeber durch vertragliche Gestaltungsoptionen das wirtschaftliche Risiko begrenzen können
Durch eine vorausschauende Vertragsgestaltung kann das wirtschaftliche Risiko einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsvertrages jedoch begrenzt werden.
Allgemeinen Geschäftsbedingungen – solche sind auch die Bestimmungen eines Überlassungsvertrages – sind aber unwirksam, wenn sie den Vertragspartner „entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“. Prinzipiell hat der Arbeitgeber für sein gesamtes Unternehmen das Wirtschaftsrisiko zu tragen, das er nicht ohne Weiteres auf den Arbeitnehmer abwälzen darf. Es ist daher unter Berücksichtigung der typischen Interessenlagen genau abzuwägen, ob insbesondere mit Blick auf die Interessenlage des Arbeitnehmers eine vom grundsätzlichen Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers abweichende Vertragsgestaltung zulässig sein kann.
Regelmäßig besteht (nur) das Interesse des Arbeitgebers, ein attraktives Mittel zur Mitarbeiterbindung/-werbung anzubieten. Seitens des fahrradinteressierten Arbeitnehmers besteht meist ein großes Interesse an der Beschaffung eines nach seinen Wünschen konfigurierten Dienstrades, dessen Zurverfügungstellung in der Regel von untergeordneter oder ohne Bedeutung für die Erbringung der Arbeitsleistung ist. Etwaige Ersparnisse im Vergleich zu einem Privatkauf schlagen sich vornehmlich beim Arbeitnehmer nieder, auch ist die Teilnahme freiwillig. Etwaige finanzielle Belastungen durch Einmalzahlungen oder Fortzahlung der Raten sind im Verhältnis den Belastungen in Zusammenhang mit einem Dienstwagen moderat.
Keine unangemessene Benachteiligung, dem Arbeitnehmer die wirtschaftlichen Kosten aufzuerlegen
Auf Basis dieser Interessenlage stellt es keine unangemessene Benachteiligung dar, dem Arbeitnehmer die wirtschaftlichen Kosten aufzuerlegen, die durch eine von ihm veranlasste vorzeitige Beendigung des Arbeits- und Überlassungsverhältnis entstehen (so auch Windeln/Matthaei, ArbRB 2019, 22). Ein solche Beendigung wäre die vom Arbeitgeber nicht zu vertretenden Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder eine vom Arbeitnehmer verschuldete, verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers. Die Kosten erstrecken sich meist auf die restlichen Raten sowie etwaige zusätzliche (Vorfälligkeits-)Entschädigungen. Um die Unwirksamkeit solcher Regelungen zur Kostentragung wegen Intransparenz zu vermeiden, sollten die im Falle einer vorzeitigen Beendigung zu entrichtenden Kostenbestandteile in der Klausel klar ausgewiesen werden.
Man muss sich aber vergegenwärtigen, dass der Arbeitnehmer in der vorbenannten Gestaltung zur vollumfänglichen Kostentragung verpflichtet wird, gleichzeitig aber jegliche Nutzungsmöglichkeit verliert. Im Zusammenhang mit einem Dienstwagen hat sich das Bundesarbeitsgericht gegen eine solche Verpflichtung ausgesprochen (BAG, Urteil vom 9.9.2003 – 9 AZR 574/02; vgl. auch LAG Düsseldorf, Urteil vom 15.8.2016 – 9 Sa 318/16), sodass bei dieser Gestaltung rechtliche Risiken verbleiben. Wie sich die Gerichte zu einer solchen Klausel positionieren, ist derzeit offen – auch wenn gute Argumente für sie sprechen.
Weitere Optionen
Ein Mittelweg wäre, wenn der Arbeitnehmer im Fall der vom Arbeitgeber nicht zu vertretenden Eigenkündigung oder einer vom Arbeitnehmer verschuldeten, verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitgebers verpflichtet wird, in den Leasingvertrag einzutreten (für einen Dienstwagen LAG Hessen, Urteil vom 14.10.2005 – 12 Sa 2008/04 – Einzelfallentscheidung). Hier wären die Kosten zu tragen, es verbliebe aber auch die Nutzungsmöglichkeit. In Anbetracht der moderaten finanziellen Belastung wird hierdurch keine unzulässige Kündigungserschwerung eintreten. Bedingung eines Eintritts ist allerdings, dass die Leasinggesellschaft dem Austausch der Vertragsparteien zustimmt. Regelmäßig wird die Leasinggesellschaft nur geringes Interesse daran haben, den Arbeitgeber als meist solventeren Schuldner aus dem Vertrag zu entlassen. Zu empfehlen ist daher, eine entsprechende Bereitschaft der Leasinggesellschaft bereits vorab im Rahmenvertrag bzw. dem (Einzel-)Leasingvertrag festzulegen.
Kommt ein Eintritt in den Leasingvertrag mangels Zustimmung nicht in Betracht, bliebe nur folgende Option: Der Arbeitnehmer wird durch eine entsprechende Klausel im Überlassungsvertrag nachvertraglich verpflichtet, über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus die Leasingraten an den Arbeitgeber zu erstatten und kann weiterhin das Dienstrad nutzen. Der Vertrag würde so bis zum Laufzeitende erfüllt werden. Rechtliche Bedenken sind hier selbst mit Blick auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 9.9.2003 zum Dienstwagen moderat. Kernpunkt der Argumentation war stets der Umstand, dass dem Arbeitnehmer trotz Zahlung die Nutzung entzogen wurde. Das ist hier gerade nicht der Fall. Der Arbeitgeber bliebe jedoch in der Haftung und hätte auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses administrativen Aufwand.
Ohne Vereinbarung trägt Arbeitgeber alle Kosten
Der rechtliche Bestand von Klauseln, die dem Arbeitnehmer bei verschuldeter Kündigung Verpflichtungen aus dem Leasingvertrag auferlegen, ist bisher offen. Fest steht jedoch, dass der Arbeitgeber ohne entsprechende Vereinbarung alle verbleibenden Kosten zu tragen hat.
Deshalb sollte bei dem Abschluss von Rahmen-, Leasing- und Überlassungsverträgen auf eine entsprechende Regelung geachtet werden. Die Bereitstellung eines Dienstrades liegt weit mehr im Interessenbereich des einzelnen Arbeitnehmers, sodass eine andere Behandlung als der Dienstwagen berechtigt ist. Aus Arbeitgebersicht und Arbeitnehmersicht empfiehlt es sich, bereits zu Beginn auf eine Zustimmung der Leasinggesellschaft zum Parteienwechsel hinzuwirken. Neben einem Eintritt des Arbeitnehmers in den Vertrag würde das auch die Portabilität zu einem neuen Arbeitgeber ermöglichen.

Küttner Rechtsanwälte
(Köln)
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