Dieser richtet sich primär nach dem durchschnittlichen Entgelt (Medianentgelt) der Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts. Anderes gilt lediglich dann, wenn ein benachteiligter Mitarbeiter eine Benachteiligung in Bezug auf einen bestimmten, besser bezahlten Kollegen nachweisen kann.
Das Thema
Die seit knapp 30 Jahren beschäftigte Arbeitnehmerin klagte auf eine höhere Vergütung aus dem Gesichtspunkt der Entgeltgleichbehandlung nach dem EntgTranspG sowie dem AGG. Sie war vor mehr als 15 Jahren zur Abteilungsleiterin (dritte Führungsebene des Unternehmens) befördert worden. Nach der Elternzeit arbeitete sie in Teilzeit. Seitdem erhielt sie weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen auf gleicher Ebene. Ihre Vergütung lag sowohl unterhalb des Medianentgelts der weiblichen als auch deutlich unterhalb des Medianentgelts der männlichen Kollegen. Sie verlangte primär die Differenz ihrer individuellen Vergütung zum Entgelt eines von ihr namentlich benannten – und bestbezahlten – männlichen Vergleichskollegen. Hilfsweise machte sie die Differenz ihrer individuellen Vergütung zum Medianentgelt der männlichen Vergleichsgruppe geltend. Die Klägerin verlangte eine Nachzahlung für die zurückliegenden fünf Jahre in Höhe von 420.000 Euro. Sie behauptete eine Ungleichbehandlung aufgrund ihres Geschlechts. Eine Ungleichbehandlung in Bezug auf den von ihr namentlich benannten männlichen Kollegen konnte sie jedoch nicht weiter darlegen.
Die Entscheidung
Das LAG Baden-Württemberg schloss sich der Vorinstanz im Wesentlichen an und sprach der Klägerin einen Anspruch auf Vergütungsdifferenz zu – jedoch lediglich zur Höhe des Medianentgelts der männlichen Vergleichsgruppe (Urt. v. 01.10.2024 -2 Sa 14/24).
Das LAG entnahm Art. 157 AEUV bzw. §§ 3 Abs. 1, 7 EntgTranspG, dass nicht irgendein Indiz im Sinne des § 22 AGG für eine geschlechtsbedingte Vergütungsdiskriminierung ausreiche, um einen Anspruch auf den maximal denkbaren Differenzbetrag – hier zum bestbezahlten männlichen Kollegen – zu begründen. Vielmehr verlangte es ein konkretes Indiz für eine geschlechtsbedingte Benachteiligung zur primär geltend gemachten Vergütung des benannten männlichen Kollegen. Die Besonderheit des Falls lag darin, dass die Vergütung des zum Vergleich herangezogenen Kollegen wesentlich oberhalb des Medianentgelts der männlichen Vergleichsgruppe lag. Zugleich erhielt die Klägerin auch weniger Gehalt als das konkret bezifferte Medianentgelt der weiblichen Vergleichsgruppe. Daher bestand für das Gericht kein hinreichender Zusammenhang hinsichtlich einer geschlechtsbedingten Benachteiligung zum namentlich benannten männlichen Kollegen.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Ist aufgrund des Auskunftsanspruchs von Beschäftigten eine Vergütungsdifferenz festgestellt worden, stehen Unternehmen vor der hohen Hürde, die unterschiedliche Vergütung durch objektive, geschlechtsunabhängige Faktoren darzulegen und zu beweisen. Sachliche Kriterien müssen auf einem legitimen Ziel beruhen sowie geeignet und erforderlich sein. Im konkreten Fall stritt man lediglich noch um die Höhe der Entgeltdifferenz. Die Revision zum BAG wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung zugelassen. Es ist somit noch nicht rechtskräftig geklärt, ob sich die Höhe der Vergütungsdifferenz tatsächlich nach dem Medianentgelt der männlichen Vergleichsgruppe richtet.
Insbesondere mit Blick auf die vom deutschen Gesetzgeber umzusetzende Entgelttransparenzrichtlinie sollten Unternehmen frühzeitig ihre Gehaltsstrukturen überprüfen und gleiche/gleichwertige Arbeit grundsätzlich gleich vergüten – unabhängig vom Geschlecht. Existieren sachliche Kriterien, die gegen eine gleiche Vergütung sprechen, sollte man dies detailliert dokumentieren. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Gewichtung der sachlichen Kriterien ausreichend berücksichtigt ist. Bei leistungsabhängigen Kriterien sollte hingegen auf andere Gehaltsbestandteile – wie eine leistungs- und erfolgsabhängige Vergütung – zurückgegriffen werden. Durch Zielvereinbarungen lässt sich geschlechtsneutral – rein leistungsabhängig – vergüten.