Das Thema
Arbeitslohn muss nicht ausschließlich in Euro gezahlt werden. Vielmehr ist die Gewähr von Sachbezügen zulässig und auch weit verbreitet. Ein häufig gewährter Sachbezug ist dabei ein Firmenwagen, der auch privat genutzt werden darf. Da die Gewähr eines privat nutzbaren Dienstwagens einen geldwerten Vorteil darstellt, ist der Wert zu versteuern. Häufig erfolgt die Versteuerung über die sog. 1-Prozent-Regelung, hierbei wird der Wert des Sachbezuges mit 1 Prozent des Listenpreises des PWK zzgl. Sonderausstattung und Umsatzsteuer angesetzt. Steuerrechtlich ist zudem ein Zuschlag für die Nutzung des Fahrzeugs zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu ermitteln (sog. 0,03-Prozent-Regelung).
Der Fall
Dem klagenden Arbeitnehmer wurde von der Beklagten ein Dienstwagen überlassen, den er auch privat nutzen konnte. Die Beklagte trug hierbei alle Kosten des Dienstwagens. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug EUR 4.285,00, der geldwerte Vorteil des PKW wurde mit EUR 445,00 beziffert (1-Prozent-Regel). Weiterhin wurden entsprechend der sog. 0,03-Prozent-Regel für Fahrten zwischen Wohnung und der Tätigkeitsstätte zusätzlich EUR 747,60 veranschlagt.
Der Kläger begehrte nun Lohnnachzahlungsansprüche, die im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits entstanden waren. Er war der Ansicht, dass die Beklagte bei der Lohnnachzahlung die Regelung der § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, §§ 850 ff. ZPO nicht beachtet habe. Nach § 107 Abs. 2 GewO kann die Lohnzahlung auch mittels Sachbezügen vereinbart werden. Der Wert der vereinbarten Sachbezüge darf nach Satz 5 allerdings die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Mit anderen Worten enthält Satz 5 eine Mindestentgeltsicherung, nach der dem Arbeitnehmer der unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens (§§ 850 ff. ZPO) zwingend in Geld auszuzahlen ist. Nach der Gesetzesbegründung sollen Beschäftigte nicht in eine Lage geraten, in der sie Gegenstände, die sie als Naturallohn erhalten haben, erst verkaufen müssen, bevor ihnen Geld zur Verfügung steht (BT-Drucks. 14/8796, Seite 25). Zwischen den Parteien war streitig, ob der steuerliche Zuschlag für die Nutzung des Fahrzeuges zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (sog. 0,03-Prozent-Regel) hier einbezogen wird.
Die Entscheidung
Das BAG erteilte dem eine Absage (Urt. v. 31.05.2023 – 5 AZR 273/22). Bei der Ermittlung des Sachbezugswerts der Überlassung des PKWs zur Privatnutzung (§ 107 Abs. 2 Satz 5 GewO), werde der allein steuerrechtlich relevante 0,03-Prozent-Wert der Entfernungskilometer nicht einbezogen.
Bei der Überlassung des betrieblichen PKW auch zur privaten Nutzung handele es sich um einen Sachbezug, der Teil der Arbeitsvergütung sei. Der Wert des Sachbezuges dürfe nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgeltes nicht übersteigen. Dem Arbeitnehmer müsse zumindest der unpfändbare Betrag seines Entgelts in Geld ausgezahlt werden. Die Bestimmung des pfändbaren Arbeitseinkommens richte sich nach den §§ 850 ff. ZPO. Zur Ermittlung der Pfändungsfreigrenze sei der Wert des privat nutzbaren PKW mit 1 Prozent des Listenpreises zu bestimmen. Der Zuschlag für die Nutzung des Fahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (0,03-Prozent-Regelung) sei hingegen nicht zu berücksichtigen. Der in der Entgeltabrechnung ausgewiesene und vom Nettolohn abgezogene „PKW-Kilometer geldwerter Vorteil“ in Höhe von EUR 747,60 sei kein Sachbezug als Teil des Arbeitsentgelts und auch keine Naturalleistung.
Die private Nutzung eines betrieblichen PKW sei im Rahmen der 1-Prozent-Regel als Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers zu erfassen und zu besteuern. Entsprechend betrage der Wert dieses Sachbezuges 1 Prozent des Listenpreises. Zwar erhöhe sich steuerlich der Wertansatz der Privatfahrten für jeden Kalendermonat um 0,03 Prozent des Listenpreises für jeden Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der PKW auch für diese Fahrten genutzt werde. Dieser steuerlichen Einordnung folge aber keine Qualifikation als Sachbezug oder Naturalleistung. Denn der Zuschlag sei nur ein Ausgleich für abgezogene, aber tatsächlich nicht entstandene Erwerbsaufwendungen. Er diene allein dazu, einen überschießenden Werbungskostenabzug zu kompensieren.
Rechtliche Einordnung
Der Fall zeigt ein bestehendes Haftungsrisiko für Unternehmen auf: Verstoßen Unternehmen gegen § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, ist die Vereinbarung des Sachbezuges gemäß § 134 BGB nichtig. Dem Arbeitnehmer steht sodann ein Geldzahlungsanspruch in Höhe des Sachbezugswertes zu. Zwar muss er bereits geleistete Sachbezüge nach den Regeln des Bereicherungsrechts herausgeben. Dieser Anspruch ist allerdings praktisch schwer durchsetzbar, da Arbeitnehmer häufig entreichert sind, d.h. nicht mehr über den (Wert des) Sachbezuges verfügen und diesen somit nicht mehr herausgeben können.
Das BAG hat nun in diesem Zusammenhang Klarheit hinsichtlich der Einordnung des Wertes des Sachbezuges der Privatnutzung eines Dienst-PKW geschaffen.
Fazit und Handlungsempfehlung
Unternehmen sollten kritisch prüfen, in welchem Verhältnis die von ihnen gewährten Sachbezüge im Vergleich zum Gehalt in Euro stehen. Sofern in diesem Zusammenhang § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO verletzt wird, laufen sie Gefahr, den Wert des Sachbezugs (teilweise) nochmal in Euro zahlen zu müssen.