Das Thema
Die beharrliche Verweigerung eines Arbeitnehmers mit Kundenkontakt, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (ArbG Köln, Urt. v. 17.06.2021 – 12 Ca 450/21, n. rk.). An eine attestierte Befreiung von der Maskenpflicht sind erhöhte Anforderungen zu stellen.
Sachverhalt
Der Kläger war als Service-Techniker im Außendienst beschäftigt. Aufgrund der Pandemie-Situation erteilte der Arbeitgeber 2020 allen Service-Technikern die Anweisung, bei der Arbeit eine Maske zu tragen. Anfang Dezember 2020 weigerte sich der Arbeitnehmer, einen Serviceauftrag bei einem Kunden durchzuführen, der ausdrücklich auf das Tragen einer Maske bestand. Dazu reichte er ein auf Blankopapier ausgestelltes ärztliches Attest, datiert auf Juni 2020, mit dem Betreff “Rotzlappenbefreiung” ein. Dieses wies aus, dass es für den Arbeitnehmer “aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der SARS-COV-2 Eindämmungsmaßnahmenverordnung zu tragen”. Der Arbeitgeber akzeptierte dieses Attest mangels konkreter nachvollziehbarer Angaben nicht und wiederholte die Weisung, eine Maske zu tragen. Er sagte dem Kläger zu, die Kosten für die Maske zu übernehmen. Dieser lehnte den Serviceauftrag weiterhin ab, woraufhin der Arbeitgeber ihn abmahnte. Ungeachtet der Abmahnung erklärte der Arbeitnehmer, dass er den Kundeneinsatz auch zukünftig nur durchführen werde, wenn er dabei keine Maske tragen müsse. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Entscheidung
Das ArbG Köln wies die Kündigungsschutzklage ab. Nach Auffassung des Gerichts ist die Kündigung wirksam. Der Arbeitnehmer habe mit seiner beharrlichen Weigerung, bei der Ausübung seiner Tätigkeit beim Kunden den vom Arbeitgeber angeordneten und vom Kunden verlangten Mund-Nasen-Schutz zu tragen, wiederholt gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen. Eine Rechtfertigung aufgrund des vorgelegten Attests ergab sich aus Sicht des Arbeitsgerichts nicht. Zum einen fehle es an der Aktualität des Attests, zum anderen sei ein Attest ohne konkrete Diagnose nicht hinreichend aussagekräftig. Schließlich bestünden Zweifel an der Ernsthaftigkeit der behaupteten medizinischen Einschränkungen, da der Kläger selbst den Mund-Nasen-Schutz als “Rotzlappen” bezeichnet habe und dem Angebot einer betriebsärztlichen Untersuchung nicht nachgekommen sei.
Konsequenzen für die Praxis
Das begrüßenswerte Urteil des ArbG Köln liegt auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung, an ein Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht erhöhte Anforderungen zu stellen (vgl. LAG Köln, Urt. v. 12.04.2021 – 2 SaGa 1/21, dazu. auch „Angeordnete Maskenpflicht überwiegt individuellen Beschäftigungsanspruch“). Während der anhaltenden pandemischen Lage können Unternehmen das Tragen einer medizinischen Maske anordnen, wenn eine Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass ein Schutz durch andere technische oder organisatorische Maßnahmen nicht gewährleistet ist. Dies ergibt sich zum einen aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gemäß § 618 BGB und zum anderen aus § 2 Abs. 2 S. 1 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung in der derzeit geltenden Fassung. Zu beachten ist, dass ein vorhandener Betriebsrat bei Einführung der Maskenpflicht ordnungsgemäß beteiligt werden muss.
Praxistipp
Ob sich diese neue Rechtsprechung auch auf andere unbezahlte Freistellungen auswirkt, bei denen das Arbeitsverhältnis ruht und die Hauptleistungspflichten durch Vereinbarung ausgesetzt sind, dürfte wohl erst die ausführliche Urteilsbegründung zeigen.
Arbeitgeber müssen ein beharrliches Weigern zum Tragen einer Maske grundsätzlich nicht hinnehmen. Bei vorgelegten Attesten zur Befreiung von der Maskenpflicht sollten sie deren Inhalt und Ernsthaftigkeit genau prüfen. Nur hinreichend aktuelle Atteste mit einer nachvollziehbaren Diagnose können von der Maskenpflicht befreien. Missachtet ein Arbeitnehmer ohne konkret begründetes Attest die Anweisung seines Arbeitgebers und trägt keine Maske an den Orten, für die der Arbeitgeber dies bestimmt hat, kann er für diese Pflichtverletzung abgemahnt werden. Bei einer beharrlichen Weigerung trotz Abmahnung kommt auch der Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung in Betracht.