Mandantin will nicht zahlen
Dass man für die Leistung eines Handwerkers bezahlen muss, erstaunt wohl niemanden. Bei Anwälten glauben einige dagegen, dass die ihre Leistungen auch gerne mal kostenfrei erbringen. Und so musste das Amtsgericht Leverkusen (Urteil vom 27.5.2020 – 27 C 135/19) erklären, wie das läuft: „Wer eine anwaltliche Leistung in Anspruch nimmt, muss diese auch bezahlen.“ Damit man auch versteht warum, erzählte das Gericht eine Geschichte.
Die Beklagte hatte sich von einem Rechtsanwalt in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit beraten lassen. Sie wurde nach den Feststellungen des Gerichts über das Kostenrisiko aufgeklärt und hat eine entsprechende Bestätigung über die Aufklärung unterschrieben. Den von dem Anwalt für seine Leistungen in Rechnung gestellten Betrag wollte sie aber nicht bezahlen. Und deshalb forderte der die Vergütung vor Gericht ein.
Eine Geschichte soll es erklären
Das Amtsgericht Offenbach erläuterte der Beklagten, dass es für die Höhe der Vergütung weder auf die beanspruchte Zeit noch den Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit ankommt, sondern allein auf den Gebührenwert nach dem RVG. Den hatte der Anwalt zutreffend in Rechnung gestellt.
Diese Ausführungen hätten eigentlich genügt. Aber das Gericht war offensichtlich darum bemüht, möglichst nachvollziehbar zu erklären, warum das so ist. Und dafür nutzte es folgende Parabel:
„Es kam einmal ein chinesischer Kaiser zu einem Maler in einem Bergdorf und bat ihn, darum, ihm einen Hahn zu malen. Der Kaiser reiste weiter und kam nach 30 Jahren wieder in das Dorf. Da erinnerte er sich an den Auftrag und fragte den Maler nach dem Bild. Der setzte sich hin, nahm ein Blatt und malte mit wenigen Pinselstrichen einen wunderschönen Hahn. »Wieviel kostet das?« fragte der Kaiser. »Drei Goldstücke«, antwortete der Maler. »Findest Du das nicht ein wenig zu viel für fünf Minuten Malerei?«. Da sprach der Maler: »Edler Kaiser, Du hast nur die fünf Minuten gesehen. Aber bedenke, dass ich 30 Jahre lang geübt habe für diesen Hahn.«“
Genau so verhält es sich nach Meinung des Amtsgerichts Leverkusen mit der Vergütung von Rechtsanwälten – auch wenn die meisten davon keine 30 Jahre brauchen, bis sie ihre Leistungen erbringen können. Ein Anwalt wird, so das Gericht, „nicht für die Zeit der Beratung sondern die Inanspruchnahme seines Wissens angemessen vergütet“.
Mehr statt weniger
Und damit muss die Beklagte den von dem Rechtsanwalt geforderten Betrag zahlen. Da sie das nicht gleich gemacht hat, sondern es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen ließ, kommen nun auch noch Zinsen und die Kosten des Rechtsstreits dazu.
Zumindest etwas kostengünstiger wäre die Beklagte davongekommen, wenn sie, wie der Kläger, dem Vergleichsvorschlag des Gerichts zugestimmt hätte. Hat sie aber nicht. Und dass der Anwalt ihren Vorschlag, ihm weniger als ein Viertel der geforderten Summe zu zahlen, nicht aufgegriffen hat, sollte sie nicht verwundern.
Das heißt aber nicht unbedingt, dass die Beklagte die gesamten Kosten zahlen muss – jedenfalls nicht gleich. Das Amtsgericht Leverkusen wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass es den Parteien freisteht, „im Rahmen der Vollstreckung weitere Vergleiche über Ratenzahlung, Stundung oder Erlass zu treffen“. Natürlich nur „sofern sie das möchten“. Und dass der Anwalt das nach dem ganzen Ärger möchte, darf bezweifelt werden.
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