Das Thema
Die Parteien stritten sich darum, ob einzelne Betriebsratsmitglieder Anspruch auf eigene, voll nutzbare E-Mail-Adressen haben. Das betroffene Unternehmen betreibt eine Vielzahl von Supermärkten in ganz Deutschland. Einige Mitglieder des Betriebsrates im Bezirk 5 forderten E-Mail-Adressen, mit denen sie auch außerhalb der firmeneigenen Domain kommunizieren können – z. B. mit externen Ansprechpartnern oder Beschäftigten über deren private E-Mail-Adressen.
Das Unternehmen lehnte dies ab. Es argumentierte, dass solche E-Mail-Adressen nur bestimmten freigestellten Betriebsratsmitgliedern oder Führungskräften zur Verfügung stehen müssten und dass die Kommunikation auch über die zentrale Betriebsratsadresse, die über entsprechende Funktionen verfügte, oder telefonisch möglich sei.
Die Mitglieder des Betriebsrats sahen darin eine Benachteiligung und eine Behinderung ihrer Arbeit. Sie leiteten ein gerichtliches Verfahren ein und beriefen sich auf ihr Recht auf angemessene Ausstattung nach § 40 BetrVG. Eine vorherige Beschlussfassung des gesamten Gremiums sei hierfür nicht nötig. Das ArbG Celle wies den Antrag ab: Nur der Betriebsrat als Gremium könne solche Ansprüche geltend machen – nicht einzelne Mitglieder. Außerdem gebe es andere ausreichende Kommunikationswege.
Die Betriebsratsmitglieder legten gegen diese Entscheidung Beschwerde ein. Sie betonten, dass eine moderne und direkte Kommunikation per E-Mail gerade bei großen Unternehmen mit vielen Filialen notwendig sei – auch, um vertrauliche Anliegen besser bearbeiten zu können.
Die Entscheidung
Die Beschwerde hatte teilweise Erfolg. Das LAG Niedersachsen (Beschl. v. 25.04.2025 – 17 TaBV 62/24) stellte klar, dass einzelne Betriebsratsmitglieder grundsätzlich berechtigt sind, eigene Ansprüche auf Sachmittel geltend zu machen, wenn sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlich sind. Ein Beschluss des gesamten Gremiums sei in solchen Fällen nicht zwingend notwendig. Entscheidend sei, ob die beantragten Mittel – hier die E-Mail-Adressen mit externer Kommunikationsmöglichkeit – tatsächlich erforderlich sind, um die Betriebsratsarbeit sachgerecht ausüben zu können. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, ob andere Kommunikationswege wie Telefon oder zentrale E-Mail-Adressen ausreichen.
Im konkreten Fall sah das Gericht die Notwendigkeit personalisierter E-Mail-Adressen als gegeben an, da die Betriebsratsmitglieder in einem großflächig organisierten Unternehmen mit vielen Filialen tätig sind und eine direkte, vertrauliche und zügige Kommunikation mit den Beschäftigten ermöglicht werden müsse. Die Vertraulichkeit sei über die allgemeine E-Mail-Adresse des Betriebsrats nicht gewährleistet. Insbesondere weil das Einrichten entsprechender E-Mail-Adressen für die Betriebsratsmitglieder mit geringen Kosten verbunden sei, stünden dem auch keine berechtigten Interessen der Arbeitgeberin entgegen. Das LAG verpflichtete diese daher, entsprechende E-Mail-Adressen bereitzustellen.
Den weiteren Antrag der Betriebsratsmitglieder auf Feststellung einer Behinderung ihrer Betriebsratstätigkeit wies das LAG allerdings ab. Da die Feststellung einer Benachteiligung kein Rechtsverhältnis sei, fehle es bereits an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung des LAG Niedersachsen stärkt die individuellen Rechte von Betriebsratsmitgliedern und stellt klar, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf digitale Kommunikationsmittel bestehen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Mittel zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Betriebsratstätigkeit erforderlich sind und keine überwiegenden Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen.
Unternehmen sollten daher bei der Ausstattung einzelner Betriebsratsmitglieder mit digitalen Kommunikationsmitteln keine pauschalen Entscheidungen treffen, sondern den konkreten Bedarf sorgfältig prüfen. Insbesondere in großflächig und dezentral organisierten Betrieben kann die Bereitstellung personalisierter E-Mail-Adressen notwendig sein, um eine vertrauliche und effiziente Kommunikation sicherzustellen. Entscheidend ist eine Einzelfallbewertung der Erforderlichkeit sowie eine ausgewogene Berücksichtigung der Interessen beider Seiten. Eine transparente und einvernehmliche Regelung mit dem Betriebsrat kann dazu beitragen, rechtliche Konflikte zu vermeiden und die Zusammenarbeit konstruktiv zu gestalten.