Das Thema
Wir haben bereits an gleicher Stelle die Vorschläge der Parteien an einer möglichen Jamaika-Koalition zu Mindestlohn, Arbeitszeit, Digitalisierung und Tarifrecht aufgezeigt.
In unserem zweiten Teil stellen wir dar, welche weiteren arbeitsrechtlichen Themen diese Parteien ausweislich ihrer Wahlprogramme u.a. noch auf den Tisch legen.
Chancengleichheit von Frauen und Männern
Bündnis90/Die Grünen fordern, den schon bestehenden Rechtsanspruch auf Teilzeit „um ein Rückkehrrecht auf den früheren Stundenumfang, um ein Recht auf Homeoffice als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz, sofern dem keine wichtigen betrieblichen Belange entgegenstehen, und um eine Mitsprache bei der Lage der Arbeitszeit“ zu ergänzen. „Damit können Frauen leichter als bisher ihre Beschäftigung ausweiten, ohne Karriereeinschnitte fürchten zu müssen“, heißt es im Wahlprogramm der Grünen weiter.
Die FDP will sich laut eigenem Wahlprogramm dafür einsetzen, dass „alle Eltern frei entscheiden können, welches Arbeitsmodell sie wählen. Damit Väter und Mütter Beruf und Familie besser vereinbaren können“ wollen die Liberalen „flexible Angebote zur Kinderbetreuung, auch in Betrieben, fördern. Einseitige Modelle, wie die Steuerklasse V, wollen“ sie „abschaffen.“ Zudem erwartet die FDP „von Unternehmen in Deutschland eine deutliche Verbesserung des Frauenanteils in Führungspositionen.“ Eine gesetzliche Quote lehnt die Partei jedoch ab: „So werden Frauen zu Platzhaltern degradiert und nicht entsprechend ihrer Leistungen gewürdigt.“ Heißt es dazu. Die Liberalen „setzen vielmehr auf Anreize für die Unternehmen, verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen.“
Auch die CDU will „mehr Frauen in Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung. Mit der Einführung der Frauenquote in Aufsichtsräten“ hat sie nach eigener Einschätzung „erste Erfolge erzielt“ meint „aber auch, dass weitere Anstrengungen notwendig sind.“ Die Union will im öffentlichen Dienst bis spätestens 2025 eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Leitungsfunktionen auf allen Ebenen verwirklichen.“ Mit dem Entgelttransparenz-Gesetz habe man einen wichtigen ersten Schritt gemacht. Man werde „die Wirkung dieses Gesetzes überprüfen und gegebenenfalls in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern weitere Schritte unternehmen“, heißt es im Wahlprogramm weiter.
Atmende Belegschaften: Leiharbeit, Werkverträge und Co.
Für die FDP „muss die Vertragsfreiheit zwischen Auftraggeber und -nehmer gewahrt bleiben. Um zu verhindern, dass Freelancer wie zum Beispiel im Bereich der IT, dem Ingenieurwesen, der Unternehmensberatung oder bei Honorarärzten als Scheinselbstständige eingeordnet werden, braucht es“ nach Einschätzung der Partei „moderne Positivkriterien. Denn die bisher angewendeten Negativkriterien im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens sind“ nach ihrer Auffassung „aus der Zeit gefallen und passen nicht mehr auf eine moderne Projektwirtschaft.“ Die Liberalen wollen „für Freiberufler und Selbstständige durch Positivkriterien Rechtssicherheit schaffen, indem das Vorliegen eines einzelnen oder einer Kombination von mehreren Kriterien eine Selbstständigkeit sichergestellt nachweisbar macht.“
Nach dem Wahlprogramm der Grünen sollen „Leiharbeiter*innen vom ersten Tag an mindestens die gleiche Entlohnung wie Stammbeschäftigte – plus Flexibilitätsprämie“ erhalten. „Zweifelhafte Dienst- und Werkverträge, Scheinselbständigkeit und Befristungen ohne Grund sollen nicht mehr tariflich gut bezahlte Arbeit“ ersetzen, so die Grünen weiter. Und: „Von Werk- oder Dienstverträgen muss die Leiharbeit klar abgegrenzt werden.“ Scheinselbständigkeit wollen die Grünen „mit rechtssicheren Kriterien unterbinden“.
Die CDU meint, dass durch „die Neuregelung von Zeit-, Leiharbeit und Werkverträgen (…) bereits wichtige Verbesserungen für die Arbeitnehmer erzielt“ wurden. Weitere Ausführungen zu diesen Themen finden sich nicht.
Befristung
„Befristete Arbeitsverhältnisse dürfen unbefristete Arbeitsverhältnisse nicht einfach ersetzen“, meint die Union und will deshalb „offenkundige Missbräuche abstellen. Gerade Berufsanfänger, die eine Familie haben oder gründen wollen, brauchen eine verlässliche Perspektive“, heißt es im Wahlprogramm von CDU/CSU.
„Ohne sachlichen Grund sollten Jobs nicht mehr befristet werden können“ schreiben die Grünen. Die sachgrundlose Befristung soll abgeschafft werden.
Mitbestimmung
Lediglich im Wahlprogramm von der Grünen finden sich zu diesem Themenbereich konkrete Ausführungen. Sie wollen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats „ausbauen und den Schwellenwert für die paritätische Unternehmensmitbestimmung auf 1.000 Beschäftigte absenken.“ Zudem soll es für Betriebsräte möglich werden, „Betriebsvereinbarungen zu ‚Vereinbarkeitsfragen‘ zu verhandeln.“
Natürlich bleibt bei allen Parteien einer Jamaika-Koalition das Thema der „Zuwanderungs- und Einwanderungspolitik“, das auch die Integration ausländischer Fachkräfte im Arbeitsmarkt betrifft, nicht außen vor. Allerdings werden sich die Diskussionen der möglichen Koalitionspartner bei diesem Thema wohl nicht nur um arbeits- und aufenthaltsrechtliche Detailfragen drehen.