Das Thema
Die Parteien streiten über die Urlaubsberechnung bei zeitlicher Überschneidung von Krankheit und Kurzarbeit „null“. Sie hatten für den Zeitraum vom 01.04. bis 31.12.2020 Kurzarbeit „null“ vereinbart. In diesem Zeitraum wurde im Unternehmen tatsächlich auch durchgehend Kurzarbeit „null“ praktiziert, die wöchentliche Arbeitszeit betrug 0 Stunden. Der Mitarbeiter selbst war bereits vor Einführung sowie während des gesamten Zeitraums der Kurzarbeit dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses machte der er Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2020 geltend. Er war der Auffassung, dass sein Urlaubsanspruch während des Zeitraums der Kurzarbeit „null“ nicht gemindert werden dürfe. Vielmehr seien bei der Urlaubsberechnung die Zeiten seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als Arbeitstage zu behandeln.
Kein Urlaubsanspruch bei Krankheit während Kurzarbeit „null“
Das BAG (Urt. v. 05.12.2023 – 9 AZR 364/22) entschied, dass für Zeiträume, in denen wirksam Kurzarbeit “null” eingeführt wurde die ausgefallenen Arbeitstage nicht als Arbeitszeit bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs zu berücksichtigen seien, auch wenn der Mitarbeiter gleichzeitig arbeitsunfähig erkrankt ist. Der Urlaubsanspruch – und damit auch der Urlaubsabgeltungsanspruch – berechne sich in Abhängigkeit von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht. Durch die wirksame Einführung von Kurzarbeit „null“ sei die Arbeitspflicht für diese Tage gänzlich entfallen. Dies führe zu einer Minderung der Urlaubstage im betreffenden Zeitraum.
Hieran ändere auch nichts, dass der Arbeitnehmer im Zeitraum der Kurzarbeit erkrankt sei. Die für die Berechnung der Urlaubsdauer maßgebliche arbeitsvertragliche Grundlage – nämlich die Vereinbarung über Einführung der Kurzarbeit – bleibe durch die Erkrankung unberührt.
Dies decke sich auch mit den vom EuGH aufgestellten Grundsätzen. Denn nach unionsrechtskonformem Verständnis seien krankheitsbedingte Ausfallzeiten bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nur dann wie Zeiten mit geleisteter Arbeit zu behandeln, wenn die Erkrankung kausal für den Wegfall der Arbeitspflicht war.
Etwas anderes ergibt sich nach Ansicht des BAG auch nicht daraus, dass der Beschäftigte bereits vor Einführung der Kurzarbeit erkrankt war. Ein erkrankter Arbeitnehmer sei nicht per se von den arbeitsrechtlichen Folgen der Kurzarbeit ausgenommen. Auch der Umstand, dass die Kurzarbeitsvereinbarung unter dem „Vorbehalt“ geschlossen wurde, „dass Kurzarbeitergeld […] von der Agentur für Arbeit bewilligt wird“, der Mitarbeiter tatsächlich aber Krankengeld statt Kurzarbeitergeld erhalten habe, weil er bereits vor Beginn der Kurzarbeit erkrankt war, stehe der Wirksamkeit der Vereinbarung nicht entgegen. Diese Norm regele lediglich die sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeitsverteilung zwischen Arbeitslosen- und Krankenversicherung und wirke sich nicht auf die Verbindlichkeit der Kurzarbeitsvereinbarung aus.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung. Das BAG stellt klar, dass mit der Einführung von Kurzarbeit “null” keine Arbeitspflicht besteht und somit auch keine Ansprüche auf Urlaubstage aus diesen Zeiträumen entstehen. Allerdings bezieht sich die Entscheidung ausschließlich auf die Konstellation der Kurzarbeit „null“. Wie die Urlaubsberechnung bei anderen Kurzarbeitsmodellen erfolgen muss, ist höchstrichterlich weiterhin nicht geklärt.
Wesentlich war im vorliegenden Fall, dass die Kurzarbeit zwischen den Parteien wirksam vereinbart wurde und der Urlaub für den erkrankten Mitarbeiter anhand dieser geänderten arbeitsvertraglichen Grundlage zu berechnen war. Für Arbeitgeber gilt darauf zu achten, bei anstehender Kurzarbeit eine entsprechende wirksame Vereinbarung (arbeitsvertraglich oder in einer Betriebsvereinbarung) zu schließen. Es empfiehlt sich, ausdrücklich die anteilige Reduzierung bzw. der Wegfall von Urlaubsansprüchen bei Kurzarbeit zu regeln.