Das Thema
Die Zustellung durch Einwurf-Einschreiben lässt sich nur nachweisen, wenn neben Einlieferungsbeleg und Sendungsverfolgung auch der vom Zusteller unterzeichnete Auslieferungsbeleg vorgelegt wird.
Der Fall
Eine Arztpraxis kündigte einer Mitarbeiterin, die seit Mai 2021 bei ihr arbeitete, am 26.07.2022 außerordentlich fristlos aufgrund des Verdachts einer Urkundenfälschung, nachdem das Regierungspräsidium die Zustimmung zur Kündigung der schwangeren Arbeitnehmerin erteilt hatte. Die Kündigung wurde per Einwurf-Einschreiben zugestellt. Im Kündigungsschutzverfahren bestritt die Beschäftigte, diese Kündigung jemals erhalten zu haben. Das Unternehmen konnte den Einlieferungsbeleg und den Sendungsstatus vorlegen, nicht aber den Auslieferungsbeleg mit Unterschrift des Zustellers.
BAG: Nachweis der Zustellung nur bei Vorlage von Einlieferungs- und Auslieferungsbeleg
Der Arbeitgeber muss den Zugang der Kündigung beweisen, da dies Voraussetzung für deren Wirksamkeit ist. Allein der Einlieferungsbeleg bei der Post und der Sendestatus genügen nach Ansicht des BAG (Urt. v. 30.01.2025 – 2 AZR 68/24) nicht, um den Zugang zu belegen. Aus dem Einlieferungsbeleg ergibt sich nur, dass ein Schreiben zur Post gegeben wurde, nicht aber dessen Zugang. Der Sendestatus kann den Zugang ebenfalls nicht nachweisen. Aus dem Sendungsstatus ergeben sich weder der Name des Zustellers noch die Uhrzeit, die Adresse oder zumindest der Zustellbezirk. Würde ein solcher Sendungsstatus, der auch die Person des Zustellers in keiner Weise kenntlich macht, für einen Anscheinsbeweis genügen, hätte der vermeintliche Empfänger der Sendung – anders als bei dem Einwurf eines Schreibens in den Hausbriefkasten durch einen Boten – praktisch keine Möglichkeit, ihn zu erschüttern oder gar einen Gegenbeweis anzutreten.
Nach der Rechtsprechung ist für einen Anscheinsbeweis, dass ein Schreiben zugegangen ist, jedenfalls auch der Auslieferungsbeleg vorzulegen. Auf diesem Beleg bestätigt ein Postangestellter nach dem Einwurf mit seiner Unterschrift und der Datumsangabe die Zustellung. Bei Einhaltung dieses Verfahrens sei der Schluss gerechtfertigt, dass die eingelieferte Sendung tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist. Der Arbeitgeber hätte als Absender die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von 15 Monaten die Reproduktion eines Auslieferungsbelegs anzufordern. Hierzu hätte er auch Gelegenheit gehabt, da bereits das Arbeitsgericht auf die Notwendigkeit des Auslieferungsbelegs hingewiesen hatte. Legt man diesen Auslieferungsbeleg vor, besteht zumindest der Anscheinsbeweis, dass die Sendung zugestellt wurde. Im Streitfall kann zudem der Zusteller als Zeuge geladen werden.
Nachdem das Unternehmen für die streitige Kündigung keinen Auslieferungsbeleg vorlegen konnte, sah das BAG die Kündigung nicht als wirksam an, da der Arbeitgeber den Zugang nicht beweisen konnte.
Fazit, Ausblick und Handlungsempfehlung
Das BAG hat sich damit der wohl überwiegenden Ansicht der Landesarbeitsgerichte und des BGH angeschlossen. Per Einwurf-Einschreiben kann ein Schreiben wirksam zugestellt und dessen Zugang nachgewiesen werden, wenn auch der Auslieferungsbeleg vorgelegt wird.
Die Frage, wie eine Kündigung rechtssicher zugestellt wird, bleibt in der Praxis weiterhin spannend. Nach unserer Erfahrung ist es nicht immer möglich, den Auslieferungsbeleg auch tatsächlich zu erhalten. Bestreiten Mitarbeiter dann den Zugang der Kündigung, hat der Arbeitgeber keine Möglichkeit, dies nachzuweisen.
Im Ergebnis bleibt es daher dabei, dass die Zustellung per Boten weiterhin der beste und sicherste Weg ist, um Kündigungen zuzustellen.