Das Thema
Ein Arbeitnehmer erbrachte im gesamten Jahr 2023 keine Arbeitsleistung und bezog durchgehend Krankengeld. Im Laufe dieses Jahres zahlte das Unternehmen an seine Mitarbeiter eine Inflationsausgleichsprämie. Es gestaltete sie als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung, sodass sie nur den Beschäftigten gewährt wurde, die im Bezugszeitraum eine Arbeitsleistung erbracht hatten. Mitarbeiter, die Entgeltersatzleistungen bezogen hatten, bekamen keine Prämie, auch nicht anteilig. Entsprechend erhielt auch der Arbeitnehmer keine Inflationsausgleichsprämie und erhob Klage. Nach seiner Ansicht dürfe die Arbeitgeberin bei der Gewährung keine Unterscheidung danach treffen, ob das Arbeitsverhältnis wegen der Arbeitsunfähigkeit ruhe. Das ArbG Villingen-Schwenningen wies die Klage ab.
Die Entscheidung
Das LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 14.08.2024 – 10 Sa 4/24) wies die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurück. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu. Dieser gebietet dem Unternehmen, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei der Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet die willkürliche Schlechterstellung einzelner Beschäftigter innerhalb einer Gruppe und darüber hinaus eine sachfremde Gruppenbildung. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt grundsätzlich beim klagenden Arbeitnehmer.
Sonderzahlung kann an erbrachte Arbeitsleistung geknüpft werden
Das Gericht führt aus, dass eine unterschiedliche Behandlung des Klägers im Vergleich zu allen anderen Mitarbeitern erfolgt sei, die eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.500 Euro erhalten hatten. Diese unterschiedliche Behandlung sei jedoch nicht das Ergebnis einer sachfremden Gruppenbildung. Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber eine Sonderzahlung an die Voraussetzung knüpfen, dass in dem Zeitraum, für den die Zahlung geleistet wird, Arbeit erbracht wird. Es handele sich dann um Arbeitsentgelt für geleistete Arbeit, das zu einem anderen Zeitpunkt fällig wird als das übliche Entgelt. Für den Fall, dass keine oder nur teilweise Arbeit geleistet wird, sei dann auch der Anspruch auf die zusätzliche Zahlung nicht bzw. nur teilweise entstanden und zwar auch dann, wenn keine Kürzungsregelung vereinbart wurde.
Dieser Ausgestaltung der Inflationsausgleichsprämie stehe auch nicht der gesetzgeberische Zweck aus § 3 Nr. 11c EStG entgegen. Es sei möglich, dass das Unternehmen noch weitere Zwecke als die Milderung der sich aus der Preissteigerung ergebenden Belastungen verfolge. Zusätzliche Zwecke, etwa eine Anknüpfung an die Arbeitsleistung, seien dadurch nicht ausgeschlossen.
Die Revision wurde zugelassen und vom Kläger beim BAG eingelegt (10 AZR 240/24).
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung zeigt, dass Unternehmen Prämien an die tatsächliche Arbeitsleistung knüpfen können, auch wenn die Prämie nach ihrer Zielsetzung zum Inflationsausgleich gedacht ist. Arbeitgebern steht im Ergebnis ein Ermessensspielraum bei der Auswahl des begünstigten Personenkreises zu. Es ist zu empfehlen, den bestehenden Gestaltungsspielraum zu nutzen und den Kreis der Adressaten über Betriebsvereinbarungen oder sonstige betriebliche Regelungen verbindlich festzulegen.