Das Thema
Es ist kein neues Thema, wenngleich es an seiner Brisanz gerade seit Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) nichts verloren hat: Die alljährlichen Fragen, ob Mitarbeiterfotos auf Weihnachtsfeiern aufgenommen und anschließend auch vom Arbeitgeber verwertet werden dürfen. Da sich diese Fragen in den seltensten Fällen pauschal beantworten lassen, bleiben die Folgefragen nicht aus, wie der Arbeitgeber sich bestenfalls vorzubereiten, was er zu unternehmen und welche Rechte er zu beachten hat.
Im Zuge der Geltung der DS-GVO wird spätestens seit Mai 2018 heftig diskutiert, ob das Kunsturhebergesetz (KUG), das bisher vorwiegend bei Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Bildnissen abgebildeter Personen galt, überhaupt noch direkt anwendbar ist, oder ob die DS-GVO nicht allein zum Tragen kommt. Denn der Gesetzgeber hat es unterlassen, zumindest ausdrücklich die weitere direkte Anwendung des KUG über die Öffnungsklausel des Art. 85 DS-GVO zu regeln.
Dieser Beitrag beschäftigt sich im Folgenden mit den Rechtslagen vor und seit Geltung der DSGVO, der jüngsten Rechtsprechung im Bereich des Rechts am eigenen Bild seit Geltung der DSGVO und gibt schließlich grobe Handlungsempfehlungen.
Rechtlicher Rahmen und Rechtsprechung vor Geltung der DS-GVO
Bereits vor Geltung der DS-GVO wurden regelmäßig diese Fragen aufgeworfen. Einen Grundsatz lieferte seinerzeit das BAG mit Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13. Danach verlangt das BAG eine schriftliche Einwilligung des Arbeitnehmers für die Veröffentlichung seiner Bildnisse nach § 22 KUG. Bemerkenswert war die Entscheidung dahingehend, dass das BAG die Schriftform verlangte, wenngleich das Gesetz in § 22 KUG keine besondere Form anordnet. Das BAG sah aber einen Wertungswiderspruch zu § 4a BDSG a.F., der bereits die Schriftform bei Einwilligungen von Arbeitnehmern hinsichtlich personenbezogener Daten forderte.
Für die Frage, ob letzten Endes eine Einwilligung wirklich erforderlich war, halfen die Ausnahmetatbestände des § 23 KUG mit seiner großen Rechtsprechungsübersicht.
Rechtlicher Rahmen seit Geltung der DS-GVO
Mit Geltung der DS-GVO im Mai 2018 stellte sich die Frage, wie nun Bildnisse rechtlich zu beurteilen sind, da Fotos – sofern sie digital vorliegen – unstreitig als personenbezogene Daten gelten.
a) Ansichten der Aufsichtsbehörden
Verschiedene Aufsichtsbehörden haben sich in den letzten sechs Monaten zu diesem Thema geäußert, wie die Niedersächsische Datenschutzbeauftragte, die Brandenburger Datenschutzbeauftragte, der Bayerische Datenschutzbeauftragte sowie der Hamburger und der Baden-Württembergische Datenschutzbeauftragte. Im Kern decken sich deren Äußerungen dahingehend, dass die Aufnahmen und die Verwertungen von Bildnissen unter die DS-GVO fallen und eine Einwilligung grundsätzlich erforderlich ist, es sei denn, das berechtigte Interesse des Verwerters übertrifft gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der abgebildeten Person. Ob dieses berechtigte Interesse überwiegt, ist nach den Grundsätzen der §§ 22, 23 KUG zu bewerten, so dass innerhalb des Art 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO inzident eine Prüfung an Hand der Maßstäbe des KUG und der dazu vorliegenden Rechtsprechung vorzunehmen ist.
b) Schriftform und Sicherstellung der Einwilligung von Arbeitnehmern
Wegen der seit Geltung der DS-GVO wohl vorrangig datenschutzrechtlichen Relevanz von (digitalen) Fotos ist für die Einwilligung von Arbeitnehmern nun in § 26 Abs. 2 Satz 3 BDSG grds. die Schriftform gefordert.
Der Arbeitgeber hat ferner gem. Art. 24 Abs. 1 DS-GVO sicherzustellen und den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Verarbeitung der Fotos rechtmäßig erfolgt. Hierbei ist besonders darauf zu achten, dass die Abgabe der Einwilligungen der fotografierten Arbeitnehmer dokumentiert werden.
c) Informationspflichten des Arbeitgebers
Zusätzlich zur bisherigen Praxis ist der Arbeitgeber nach der DS-GVO jetzt verpflichtet, Informationen entsprechend der Art. 13 und Art. 14 DS-GVO dem Arbeitnehmer mitzuteilen.
Erfolgt die Verarbeitung auf Grundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO, so ist im Rahmen der Informationspflichten nach Ansicht des Baden-Württembergischen Datenschutzbeauftragten auch auf das berechtigte Interesse des Verantwortlichen hinzuweisen.
d) Widerrufsrecht des Arbeitnehmers
Ein tiefgreifender Unterschied zur bisherigen Rechtslage und Rechtsprechung kann sich aus dem Widerrufsrecht aus Art. 7 Abs. 3 DS-GVO ergeben. Danach kann der betroffene Arbeitnehmer seine Einwilligung jederzeit widerrufen, wohingegen ein Widerruf einer nach dem KUG bemessenen Einwilligung in der Vergangenheit von der Rechtsprechung nur unter besonderen Umständen möglich war.
Auch das BAG hat hier eigene Grundsätze entwickelt, wonach ein Widerruf der Einwilligung allein aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht komme, wenn der Arbeitnehmer hierfür keine plausible Begründung hat (BAG Urteil vom 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13; BAG Urteil vom 19.2.2015 – 8 AZR 1011/13).
Eine Einschränkung muss der Grundsatz der freien Widerrufbarkeit einer Einwilligung nach der DS-GVO für den Fall erfahren, dass diese im Rahmen eines umfassenderen Vertragsverhältnisses erteilt wurde oder sogar unverzichtbare Voraussetzung für ein solches Vertragsverhältnis war. Hier ist bei der Frage der Widerrufbarkeit auch diese rechtsgeschäftliche Einbindung der Einwilligung zu berücksichtigen (Kühling/Buchner/Buchner/Kühling DS-GVO Art. 7 Rn. 38-40). Wie sich dies in der Praxis und in der BAG-Rechtsprechung entwickeln wird, bleibt abzuwarten.
Aktuelle Rechtsprechung aus 2018
Die Rechtsprechung hat sich bisher recht zurückhaltend gezeigt, was die Anwendung des KUG neben der DS-GVO betrifft, insbesondere dann, wenn eine Prüfung nach der DS-GVO zu demselben Ergebnis kommt, wie nach dem KUG. Einige Entscheidungen gibt es allerdings, die zu erwähnen sind.
Das OLG Köln hat mit Urteil vom 18.06.2018 – 15 W 27/18 klargestellt, dass das KUG im journalistischen Bereich weiterhin vorrangig anwendbar ist. Dies Rechtsprechung führt das OLG mit Zurückweisungsbeschluss vom 08.10.2018 – 15 U 110/18 konsequent fort.
Das Landgericht Frankfurt hat in seinem Urteil vom 13.09.2018 – 2-03 O 283/18 festgestellt, dass es offen bleiben kann, ob die §§ 22, 23 KUG als Normen i.S.v. Art. 85 Abs. 1 DS-GVO für Fälle, die nicht unter journalistische, wissenschaftliche, künstlerische oder literarische Zwecke i.S.v. Art. 85 Abs. 2 DS-GVO fallen, weiter gelten. Denn die Grundsätze der §§ 22, 23 KUG und die dazu ergangene Rechtsprechung – unter Berücksichtigung einer entsprechenden europarechtsautonomen Auslegung – seien im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO und der Abwägung der Interessen und Grundrechte einzubeziehen. Das Urteil klärt insoweit auf, als dass innerhalb einer Interessensabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. F DS-GVO zumindest die Grundsätze des KUG anzuwenden sind.
Eine gerichtliche Entscheidung über die Geltung des KUG außerhalb des journalistischen Bereichs liegt noch nicht vor.
Bedeutung für die tägliche Praxis bei Arbeitnehmern
Weder die aktuellen Diskussionen noch die jüngste Rechtsprechung zeigen wesentliche Unterschiede für die Praxis zur alten Rechtsalge, so dass zumindest momentan gilt:
- Das Aufnehmen und die Veröffentlichung von Bildnissen des Arbeitnehmers unterliegen weiterhin grundsätzlich dem Einwilligungsvorbehalt.
- Einwilligungen des Arbeitnehmers sind in Schriftform einzuholen. Sie müssen im Hinblick auf die beabsichtigte Verwertung(en) möglichst konkret gehalten sein.
- Der Arbeitnehmer ist auf sein freiwilliges Widerrufsrecht hinzuweisen.
- Ob Einwilligungen nicht erforderlich sind, orientiert sich zumindest inzident weiterhin an § 23 KUG.
- Zusätzlich sind die Informationspflichten nach Art. 13 und Art. 14 DS-GVO zu beachten.
Mitarbeiterfotos auf betrieblichen Weihnachtsfeiern – Checkliste
Bei Weihnachts- oder Firmenfeiern stößt die erforderliche, schriftliche und konkrete Einwilligung an ihre Grenzen. Bei einer großen Anzahl von Mitarbeitern ist dies faktisch kaum möglich.
Oftmals wird versucht, diesem Dilemma zu entgehen, indem man dem Arbeitnehmer eine Einwilligung mit der Teilnahmeerklärung „in den Mund legt“. Davon ist abzuraten. Sinnvoller erscheint es, über das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zu gehen. Insofern könnte wie folgt vorgegangen werden:
- Bereits in der Einladung darauf hinweisen, dass ein Fotograf vor Ort sein wird, der auf der Weihnachtsfeier Fotos machen wird.
- Einen entsprechenden Aushang über den vorgenannten Fotografen und dessen Tätigkeit auf der Weihnachtsfeier auch an der Veranstaltung selbst gut sichtbar – bestenfalls an einem Ein- oder Durchgang, den jeder durchqueren muss – anbringen.
- In der Einladung und auf dem Aushang darauf hinweisen, dass die Arbeitnehmer jederzeit der Aufnahme und/oder der Verwertung der Fotos widersprechen kann. Anzugeben ist dabei ferner, wo bzw. bei wem sie ihren Widerspruch zum Ausdruck bringen können. Es muss gewährleistet sein, dass im Falle eines Widerspruches der jeweilige Arbeitnehmer tatsächlich nicht fotografiert wird.
- Bei Minderjährigen ist besondere Vorsicht geboten. Kinder sollten nur mit Zustimmung beider Elternteile fotografiert werden.
- Schließlich ist so genau wie möglich anzugeben, für welche Zwecke die Fotoaufnahmen verwertet werden sollen. An dieser Stelle entscheidet sich, ob ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht. An eine beabsichtigte Veröffentlichung im Internet sind dabei äußerst strenge Maßstäbe anzusetzen. In der Regel wird eine solche über das berechtigte Interesse nicht möglich sein, so dass eine Veröffentlichung der Bilder auf der unternehmenseigenen Facebookseite nur mit Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmer möglich ist. Unter Hinweis auf den EFAR-Beitrag von Yvonne Varl vom 17.09.2018 kann auch eine „Veröffentlichung“ im Intranet nicht ohne Weiteres unter das berechtigte Interesse subsumiert werden. Abhilfe könnte im Einzelfall ein passwortgeschützter Zugang schaffen.
Schließlich mag die die etwas saloppe Äußerung des Bayerischen Datenschutzbeauftragten zumindest für einen ersten Schritt helfen. Dieser äußert sich in seinen FAQ zur DS-GVO bei der Veröffentlichung von Bildern durch einen Verein: „Fragen Sie sich vor der Veröffentlichung des Fotos einer anderen Person, ob sie es auch dann im Internet veröffentlichen würden, wenn sie selbst auf dem Foto zu sehen wären.“
Eine rechtliche Sicherheit kann diese dem Arbeitgeber nicht geben, wohl aber eine gute Einschätzung dahingehend, wann eine Verwertung ohne Einwilligung nicht möglich ist.

TCI Rechtsanwälte Mainz
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