Das Thema
Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern kann sich schnell als Pulverfass entpuppen. Die Ausübung des Betriebsratsamts erfolgt grundsätzlich unentgeltlich als Ehrenamt. Für die Tätigkeit als solche besteht daher kein Vergütungsanspruch und es darf ein solcher grundsätzlich auch nicht gewährt werden. Gleichzeitig besteht das Arbeitsverhältnis (auch bei freigestellten Betriebsratsmitgliedern) fort. Den Mitgliedern steht auf dieser Basis ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach dem Lohnausfallpinzip zu.
Geht es nun um die Ermittlung der richtigen Höhe des während der Amtsausübung zu gewährenden Entgeltanspruchs sind nach § 37 BetrVG vergleichbare Arbeitnehmer heranzuziehen und deren potentielle Entwicklung in die Betrachtung einzustellen. Dabei dürfen die Betriebsratsmitglieder (auch im Hinblick auf ihre Vergütung) weder benachteiligt noch begünstigt werden (vgl. § 78 BetrVG). Wie brisant die Betriebsratsvergütung werden kann verdeutlichte nicht zuletzt die Entscheidung des BGH vom 10.01.2023 (6 StR 133/22). Danach kann der Tatbestand der Untreue erfüllt sein, wenn Betriebsratsmitgliedern unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt wird. Dies veranlasste den Gesetzgeber zu Änderungen der §§ 37 und 78 BetrVG. Unter anderem ist nunmehr festgelegt, dass im Rahmen der Vergleichsbestimmung im Grundfall auf den Zeitpunkt der Übernahme der Betriebsratstätigkeit abzustellen ist, wenngleich sachliche Gründe eine spätere Neubestimmung ermöglichen. Auch können die Betriebsparteien ein Verfahren zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer per Betriebsvereinbarung regeln (siehe ergänzend auch die EFAR-News „Novellierung der Betriebsratsvergütung einstimmig beschlossen“ und „Bundestag: Mehr Rechtssicherheit bei der Bezahlung von Betriebsräten“).
Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG?
Sofern sich aber die Frage der ,,richtigen‘‘ Betriebsratsvergütung stellt, gilt dies ebenso für die Frage, ob der Betriebsrat in eigenen Vergütungsfragen auch betriebsverfassungsrechtlich zu beteiligen ist. Zumindest mit einer potentiellen Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG hatte sich das BAG in seinem Beschluss vom 26.11.2024 (1 ABR 12/23) auseinanderzusetzen.
Arbeitgeberin und Betriebsrat stritten in dem der vorgenannten Entscheidung zugrundeliegenden Fall um die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG bei der Vergütungsanpassung eines freigestellten Mitglieds des Gremiums. Die Arbeitgeberin betrieb zwei Autohäuser. Der freigestellte Betriebsratsvorsitzende wurde bis Mai 2020 nach der Vergütungsgruppe VI des einschlägigen Tarifvertrags bezahlt. Im März 2021 absolvierte dieser ein Assessment-Center für eine Höherqualifizierung. Infolgedessen erhöhte die Arbeitgeberin rückwirkend zum 01.06.2020 das Entgelt des Betriebsratsvorsitzenden und ordnete ihn der Vergütungsgruppe VIII des einschlägigen Tarifvertrags zu. Die Arbeitgeberin hatte dem Betriebsrat insofern mitgeteilt, dass dessen Beteiligung bei der Vergütungsanpassung nicht in Betracht käme. Das Gremium beharrte jedoch auf sein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG, da es sich seiner Auffassung nach um eine Umgruppierung handele und zog vor Gericht. Letztinstanzlich entschied das BAG zugunsten der Arbeitgeberin.
Entscheidung des BAG
Zur Begründung verwies das Gericht darauf, dass bei der Anpassung des Entgelts keine Zuordnung der Tätigkeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe erfolge. Vielmehr berücksichtige die Maßnahme der Anpassung des Entgelts lediglich die vom Arbeitgeber zu wahrenden Anforderungen nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG und § 78 Satz 2 BetrVG. Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass das Betriebsratsmitglied bei seiner beruflichen Entwicklung während seiner Amtszeit nicht hinter derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleibt. Darüber hinaus dient die Entgeltanpassung auch der Vermeidung einer Benachteiligung aufgrund der Betriebsratstätigkeit gemäß § 78 Satz 2 BetrVG. Denn hiernach ist sowohl die berufliche Tätigkeit als auch das damit verbundene Entgelt umfasst. Anders als bei der mitbestimmungspflichtigen Ein- und Umgruppierung in eine betriebliche Vergütungsordnung gemäß § 99 BetrVG, die darauf abziele, Transparenz zu schaffen und innerbetriebliche Lohngerechtigkeit zu fördern, komme dieser Zweck gerade nicht zum Tragen, wenn die Entgeltanpassung nicht durch die Zuordnung der zu verrichtenden Tätigkeit zu einer bestimmten Gruppe einer Vergütungsordnung erfolge, sondern wenn die Entgeltanpassung auf Grundlage der hiervon unabhängigen gesetzlichen Vorgaben (§ 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG und § 78 Satz 2 BetrVG) festgelegt werde. Schließlich finde eine Zuordnung zu einer Tätigkeit gerade nicht statt, wenn die Anpassung des Entgelts lediglich entsprechend der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer erfolge oder zur Vermeidung einer Benachteiligung, da aus der Amtsübernahme des Betriebsratsmitglieds kein Aufstieg in eine höher vergütete Position erfolge.
Bereits 2023 hatte das LAG Baden-Württemberg (Beschl. v. 26.05.2023 – 12 TaBV 1/23) ein Beteiligungsrecht aus § 99 BetrVG für freigestellte Betriebsratsmitglieder auf instanzgerichtlicher Ebene verneint. Da es sich angesichts der bloßen Rechtsanwendung nicht um eine Ein- bzw. Umgruppierung handele, liege auch keine Ein- oder Umgruppierung im Sinne des § 99 BetrVG vor, so das Landesarbeitsgericht. Diese Rechtsauffassung bestätigte nun auch das höchste deutsche Arbeitsgericht in einem anderen Verfahren, da der Zweck des § 99 BetrVG im Rahmen der Anpassung des Gehalts eines freigestellten Betriebsratsmitglieds insofern nicht zum Tragen komme. Die Entscheidung ist daher ein weiterer Baustein im Hinblick auf die rechtssichere Umsetzung der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern.
Mitbestimmung bei (sonstigen) gesetzlichen Entgeltregelungen
Losgelöst von der Betriebsratsvergütung mag sich angesichts der Entscheidungsbegründung des BAG aber auch die Frage stellen, in welchen potentiellen weiteren Fällen ein Beteiligungsrecht des Betriebsrats zumindest nach § 99 BetrVG ausscheidet, wenn Entgeltanpassungen auf gesetzlichen Vorgaben beruhen. Zu denken wäre hier mit Blick auf die bis Mitte 2026 umzusetzende Entgelttransparenzrichtlinie beispielsweise an etwaige Ansprüche ,,nach oben‘‘ wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierungen von Beschäftigten. Bereits nach derzeitiger Gesetzeslage besteht ein Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche sowie gleichwertige Arbeit ohne Diskriminierung wegen des Geschlechts. Das BAG leitet diesen Anspruch direkt aus Art. 157 AEUV sowie den §§ 3 Abs. 1, 7 EntgTranspG ab. Dabei handelt es sich nicht bloß um einen Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch, wie ihn § 15 Abs. 1 und 2 AGG normiert, sondern um einen Anspruch auf Zahlung gleichheitswidrig vorenthaltener Vergütung (vgl. BAG, Urt. v. 21.01.2021 – 8 AZR 488/19). Das mag insbesondere für die nachträgliche Vergütung vergangener Zeiträume gelten, sofern hier bloß gesetzliche Vorgaben umgesetzt werden. Für zukünftige (diskriminierungsfreie) Entgeltgestaltungen (dazu Schlachter, in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 25. Auflage 2025, Rn. 1 m.w.N.) wird die Beteiligung des Betriebsrats, gerade wenn diese nicht bloß auf der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben beruht, mit zu berücksichtigen sein.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Entscheidung des BAG bringt zwei wichtige Aspekte mit sich:
- Bei der Umsetzung der Betriebsratsvergütung nach den gesetzlichen Vorgaben der §§ 37, 78 BetrVG hat der Betriebsrat kein Beteiligungsrecht nach § 99 BetrVG.
- Da die betriebliche Mitbestimmung aus § 99 BetrVG nicht greifen soll, solange Entgeltanpassungen bloß auf der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben beruhen, kann und sollte geprüft werden, auf welcher Basis Entgeltregelungen umgesetzt werden und ob diese tatsächlich und rechtlich das Zustimmungsbedürfnis des Betriebsrats auslösen.