Das Thema
Während sich eine Beschäftige nach einer Fehlgeburt bislang nur (mit arbeitgeberseitiger Entgeltfortzahlung) krankschreiben lassen konnte, stehen ihr während der neuen, optionalen Schutzfristen nun Mutterschaftsleistungen zu. Die den Arbeitgebern anfallenden Kosten sind über die Umlage U2 vollständig erstattungsfähig.
Status quo: Schutzlücke bei Fehlgeburten
Bei einem vorzeitigen Ende der Schwangerschaft bis zur 24. Schwangerschaftswoche handelt es sich aus medizinischer Sicht um eine Fehlgeburt. Um eine sog. Totgeburt handelt es sich erst, wenn die Schwangerschaft nach der 24. Schwangerschaftswoche endet oder das Kind mehr als 500 Gramm wiegt. Dabei stellen sowohl eine Fehlgeburt als auch eine Totgeburt für die betroffene Frau zumeist eine tiefst schmerzhafte Erfahrung dar. In aller Regel benötigen die Betroffenen eine Auszeit, um das Erlebte psychisch, aber auch körperlich zu verarbeiten.
Ziel des MuSchG ist es, die Gesundheit von Frauen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit zu schützen. Dazu sieht es unter anderem eine Schutzfrist für die Zeit nach der Entbindung vor, die grundsätzlich mindestens acht Wochen dauert. In dieser Zeit gilt ein Beschäftigungsverbot: Der Arbeitgeber darf die Frau nicht beschäftigen. Dieses Verbot ist zwingend; auch eine Einwilligung ändert dieses nicht. Dafür besteht in dieser Zeit ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld gemäß der §§ 19, 20 MuSchG in Höhe der durchschnittlichen Nettovergütung der letzten drei Monate. Damit soll das Gesetz gewährleisten, dass einer Frau nach der Entbindung Zeit ausreichend Zeit zur Erholung zur Verfügung steht und sie sich schonen kann.
Einer Frau, die eine Fehlgeburt erlebt, wird dieser gesetzliche Schutz bislang nicht zuteil. Denn endet die Schwangerschaft bis zur 24. Woche oder ist das Kind leichter als 500 Gramm, handelt es sich nicht um eine „Entbindung“ im Sinne des MuSchG. Dies hat zur Folge, dass auch keine Ansprüche auf Leistungen nach diesem Gesetz bestehen. Dies steht so zwar nicht im MuSchG. Es enthält keine Definition von „Entbindung“. Daher behalf man sich mit einem Rückgriff auf die (eigentlich unpassende) Definition aus der Personenstandsverordnung.
Da sie nicht unter das MuSchG fallen, müssen sich bislang Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, durch einen Arzt krankschreiben lassen. Sie sind daher nicht nur dem Mehraufwand durch die Krankschreibung ausgesetzt. Sie erhalten auch keine Fortzahlung ihres Nettolohns für einen Zeitraum von grundsätzlich acht Wochen. Stattdessen können sie nur die Fortzahlung ihres Lohns aufgrund einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit für maximal sechs Wochen erhalten.
Politik erkennt Handlungsbedarf an
Diese Schutzlücke soll nun der Vergangenheit angehören. Das neue Gesetz zielt auf die Ausweitung des Mutterschutzes und die Stärkung der Selbstbestimmung der Betroffenen ab. Die mit einer Fehlgeburt einhergehende Belastung findet nun gesetzliche Anerkennung. Daher wird ab dem 01.06.2025 auch Frauen, die eine Fehlgeburt erleben, eine Schutzfrist zur Erholung zustehen.
Bereits am 30.01.2025 hatte der Bundestag dem Gesetzesentwurf der Unions-Fraktion für ein „Mutterschutzanpassungsgesetz“ einstimmig zugestimmt. Der Bundesrat erteilte am 14.02.2025 seine Zustimmung. Das neue Gesetz tritt zum 01.06.2025 in Kraft.
Gestaffelte Schutzfristen bei Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche
Das neue Gesetz führt gestaffelte Schutzfristen für Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche ein. Es enthält zudem eine Definition von „Entbindung“, die Fehlgeburten nicht mehr ausnimmt.
Die Länge der Schutzfrist bemisst sich nach der Länge der Schwangerschaft:
- Fehlgeburt ab der 13. Woche: Schutzfrist von 2 Wochen
- Fehlgeburt ab der 17. Woche: Schutzfrist von 6 Wochen
- Fehlgeburt ab der 20. Woche: Schutzfrist von 8 Wochen
Während dieser Schutzfristen gilt ein Beschäftigungsverbot. Dieses gilt aber nicht absolut: Ausnahmen sind zulässig, sofern die Frau sich ausdrücklich zur Arbeit bereit erklärt.
Während der Schutzfrist haben die Frauen zudem Anspruch auf Mutterschaftsgeld. Arbeitgeber werden daher künftig auch im Falle einer Fehlgeburt den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld leisten müssen. Allerdings können sich Unternehmen diese zusätzlichen Kosten über die Umlageversicherung U2 vollständig erstatten lassen.
Diese Änderung ist zu begrüßen – aus Sicht der Betroffenen sowie aus Arbeitgebersicht: Anders als bei dem bisherigen Weg der Krankschreibung – bei dem auch die betroffene Beschäftigte u.U. weniger Lohn über einen kürzeren Zeitraum erhielt – tragen die Kosten also nicht der einzelne, sondern über die Umlage nunmehr anteilig alle Unternehmen.
Fazit und Praxishinweis
Die Änderungen führen zu einer Ausweitung der Schutzfristen. Künftig werden Arbeitgeber im Falle einer Fehlgeburt den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld leisten, können sich diese zusätzlichen Kosten jedoch über die Umlageversicherung U2 vollständig erstatten lassen.
Diese Änderung ist auch aus Arbeitgebersicht zu begrüßen, da sie zur finanziellen Entlastung beiträgt. Anders als bei dem bisherigen Weg der Krankschreibung – bei dem auch die betroffene Beschäftigte u.U. weniger Zahlung über einen kürzeren Zeitraum erhielt – tragen die Kosten also nicht der einzelne, sondern über die Umlage nunmehr anteilig alle Arbeitgeber.