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Einsatz von Fremdpersonal: Die Neuregelungen zum Statusfeststellungsverfahren

  • 29. Juli 2021 |
  • Dr. Thomas Leister

Mit dem sogenannten Barrierefreiheitsgesetz sind im Mai 2020 zahlreiche Änderungen des Statusfeststellungsverfahrens auf den Weg gebracht worden. Rechts- und Planungssicherheit für alle Vertragsbeteiligten soll früher, einfacher und schneller als bisher erreicht werden. Kann das gelingen?

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Das Thema

Am 20. Mai 2021 hat der Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes beschlossen.

Gegenstand dieses sogenannten Barrierefreiheitsgesetzes sind zahlreiche Änderungen des Statusfeststellungsverfahrens (zum 1. April 2022), um Rechts- und Planungssicherheit für alle Vertragsbeteiligten früher, einfacher und schneller als bisher herzustellen.

Feststellung des Erwerbsstatus: Worum es im Statusfeststellungsverfahren (nur noch) gehen soll

Mit dem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV soll den Beteiligten Rechtssicherheit darüber verschafft werden, ob sie selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt sind. Das Verfahren wird von der Deutschen Rentenversicherung Bund durchgeführt.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konnte bisher in den Statusfeststellungsverfahren nicht über das Vorliegen einer Beschäftigung isoliert entschieden werden, sondern ausschließlich über die Versicherungspflicht (auf Grund abhängiger Beschäftigung) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung. Zukünftig soll nur über den Erwerbsstatus als Element einer möglichen Versicherungspflicht entschieden werden.

Selbstverständlich ist es wichtig zu wissen, ob der Status „selbstständig“ oder „abhängig beschäftigt“ lautet. Jedoch ist es für die Beteiligten des Statusfeststellungsverfahrens von umso größerer Bedeutung, ob Beitragspflichten bestehen, z. B. bei Geringfügigkeit der Tätigkeit, Erwerbstätigkeit im Rentenalter, Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenzen, Vorliegen einer Versicherungspflicht in einem berufsständischen Versorgungswerk usw.

Einsatz von Fremdpersonal: Typische Dreiecksverhältnisse in der Praxis werden stärker durchleuchtet

 Bei Einsatz von Fremdpersonal in Unternehmen kommt es häufig zur Beteiligung von mehr als zwei Parteien, z. B. wenn ein Dienstleister (Auftraggeber) dem Unternehmen (Kunde/Dritter) projektbezogen einen Spezialisten (Auftragnehmer) zur Verfügung stellt.

In diesen Fällen sind für die Abgrenzung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit nicht nur die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu betrachten, sondern sämtliche Rechtsbeziehungen, die den Einsatz des Auftragnehmers prägen, also auch die zwischen dem Dritten und dem Auftraggeber. Sofern ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, stellt sich die Anschlussfrage, mit wem – Auftraggeber oder Dritter – das Beschäftigungsverhältnis besteht.

Bislang konnten solche Dreiecksverhältnisse nicht abschließend geklärt werden, sondern immer nur jeweils ein Zweipersonenverhältnis; gegebenenfalls mussten zwei Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Nunmehr können Dritte mit einbezogen werden: Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt die Deutsche Rentenversicherung bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht.

Ein erheblicher Kritikpunkt ist, dass Dritte in das Statusfeststellungsverfahren einbezogen werden können, ohne ausreichende Beteiligungsmöglichkeiten zu haben. Zudem ist aus datenschutzrechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten Kritik angebracht, wenn die Vertragswerke offengelegt werden.

Prognoseentscheidung soll Verfahren beschleunigen

Bislang wird das Statusfeststellungsverfahren regelmäßig erst nach Aufnahme der Tätigkeit durchgeführt. Dies beruht darauf, dass für die Beurteilung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, das gelebte Vertragsverhältnis entscheidend ist, sofern dies von den vertraglichen Vereinbarungen abweicht. Dies bleibt im Grundsatz unverändert.

Jedoch sollen die Beteiligten auf Antrag bereits vor Aufnahme der Tätigkeit – und damit frühzeitiger als bisher – durch eine Prognoseentscheidung Rechtssicherheit über den Erwerbsstatus erlangen.

Es dürfte fraglich sein, ob bei den immer schnelleren und kürzeren Projekten die Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung Bund rechtzeitig erfolgen wird. Das Ziel, durch eine Prognoseentscheidung schneller Rechtssicherheit zu erlangen, dürfte auf Grund einer bloßen Prognoseentscheidung schwierig zu erreichen sein.

Gruppenfeststellungen: Bürokratieabbau per (nicht bindende) Gutachten

Werden mehrere Auftragsverhältnisse auf Grundlage einheitlicher Vereinbarungen durchgeführt, ist es erforderlich, gegebenenfalls für jeden Auftrag eine Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status zu beantragen. Dies gilt nicht nur für Fallgestaltungen, bei denen eine Identität zwischen den Vertragsbeteiligten besteht (wie bei Rahmenverträgen zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer), sondern auch dann, wenn ein Auftraggeber gegenüber unterschiedlichen Auftragnehmern im Wesentlichen einheitliche Bedingungen für eine Vielzahl von Auftragsdurchführungen vorgibt und diese dann auch weitgehend identisch umgesetzt werden sollen.

Zum Abbau von Bürokratie und zur Schaffung einer möglichst frühzeitigen und umfassenden Gewissheit über den Erwerbsstatus wird die sogenannte Gruppenfeststellung eingeführt. Mit ihr wird ermöglicht, eine gutachterliche Äußerung für derartige gleiche Auftragsverhältnisse einzuholen. Das neue Instrument der Gruppenfeststellung ist kein bindender Verwaltungsakt, sondern lediglich eine gutachterliche Äußerung.

Ein erheblicher Kritikpunkt wurde im Gesetzgebungsverfahren selbst eingeräumt: Weder die Deutsche Rentenversicherung Bund noch andere Versicherungsträger sind in einem formalen Sinne (wie bei einem Verwaltungsakt) an die gutachterliche Äußerung gebunden.

Mündliche Anhörung soll individuelle Entscheidungen fördern

Im Gesetzgebungsverfahren wurde konstatiert, dass Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht selten deshalb wenig Akzeptanz finden, weil bei den Betroffenen der Eindruck besteht, dass keine Würdigung der individuellen Gegebenheiten, sondern eine pauschale Beurteilung erfolgte und die Art der Tätigkeit, beispielsweise im Kontext von Projektarbeit oder agilen Arbeitsformen, nicht zutreffend erfasst worden sei.

Bisher erfolgte das Verfahren ausschließlich schriftlich. Mit Einführung einer mündlichen Anhörung wird das Ziel verfolgt, die rechtlich erheblichen Umstände besser aufklären und zu einer individuell abgestimmten Entscheidung kommen zu können, um so die Akzeptanz bei den Beteiligten zu steigern.

Das Recht auf persönliche Anhörung besteht jedoch lediglich im Widerspruchsverfahren – und nicht bereits im Antragsverfahren – und ist auf die Fälle begrenzt, in denen der Widerspruch zuvor begründet wurde.

Befristung einiger Neuregelungen

 Die Einführung der neuen Instrumente der Prognoseentscheidung, der Gruppenfeststellung und der mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren sowie die Möglichkeit, über den Erwerbsstatus in bestimmten Dreiecksverhältnissen abschließend entscheiden zu können, werden bis zum 30. Juni 2027 befristet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt zu diesem Zwecke bis zum 31. Dezember 2025 einen Erfahrungsbericht vor.

Ausblick und Kritik

Die vorgesehenen Änderungen des Statusfeststellungsverfahrens haben zum Ziel, Rechts- und Planungssicherheit für alle Vertragsbeteiligten früher, einfacher und schneller als bisher herzustellen. Es ist davon auszugehen, dass dies nicht der Fall sein wird. Insbesondere der seit langem geäußerte Wunsch nach mehr Rechtssicherheit wird hierdurch nicht erfüllt. Das Statusfeststellungsverfahren bleibt daher nach wie vor mit zahlreichen Nachteilen verbunden. Positiv ist jedenfalls die Möglichkeit der mündlichen Anhörung.

Es bleibt abzuwarten, ob die Deutsche Rentenversicherung Bund – deren Anmerkungen und Bewertung der Neuregelungen hier abrufbar ist –  trotz Anhörungsschreiben und anschließendem Ausgangsbescheid sich im Widerspruchsverfahren umstimmen lässt.

Kategorien: #EFAR-Beiträge Tags: Arbeitnehmerüberlassung

  • Dr. Thomas Leister

    RA/FAArb Dr. Thomas Leister, MBA Partner und Leiter der Arbeitsrechtspraxis, Osborne Clarke (Büro München) #EFAR - Profil #EFAR - Fokusseite LinkedIn

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