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Omnibus IV wird Entgelttransparenzrichtlinie nicht entschärfen  – zu Recht

  • 27. Juni 2025 |
  • Philipp Roller

Das Omnibus IV-Paket der EU soll bürokratische Hürden nehmen und Kosten einsparen. Lockerungen waren auch für die Entgelttransparenzrichtlinie gefordert worden.

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Das Thema

Das Omnibus IV-Paket soll bürokratische Hürden nehmen und Kosten einsparen. Lockerungen waren auch für die Entgelttransparenzrichtlinie (EntgTranspRL) gefordert worden. Nun ist klar, dass Omnibus IV diese Richtlinie unangetastet lässt. Das ist vor dem Regelungshintergrund der EntgTranspRL richtig so.

Das Omnibus IV-Paket der EU-Kommission

Mit den Omnibus-Paketen verspricht die EU-Kommission eine Reihe von Vereinfachungen, die bürokratische Hürden um bis zu 25 % reduzieren sollen, für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sogar um bis zu 35 %.

Omnibus I befasst sich mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung, Omnibus II enthält Maßnahmen zur Erleichterung von Investitionen und Omnibus III zielt darauf ab, den Verwaltungsaufwand in der Landwirtschaft zu verringern. Das am 21. Mai angekündigte Omnibus IV-Paket stellt den nächsten Schritt der Reihe dar, der allein 400 Millionen Euro pro Jahr einsparen soll.

Das Paket soll acht europäische Vorschriften ändern, darunter die Datenschutzgrundverordnung. Im Herzen des Kommissionsvorschlags steht die Einführung und Definition von „small mid-caps“ (SMC), also eine Form mittelgroßer Unternehmen. Die Kategorie ist oberhalb der Gruppe der KMU angesiedelt. Mit ihr soll das Problem des „Klippenrands“ adressiert werden, der sich insbesondere im Bereich der Compliance-Vorschriften zwischen KMU und großen Unternehmen auftut. Zu den SMC gehören ca. 38.000 europäische Unternehmen, die von neuen Vereinfachungen im Datenschutz, beim Im- und Export fluorierter Treibhausgase sowie bei den Sorgfaltspflichten im Batteriesektor profitieren sollen. Im Vorfeld hatte es Gerüchte gegeben, dass auch Vorgaben der im Juni 2023 in Kraft getretenen Entgelttransparenz-Richtlinie (EU) 2023/970 für SMC gelockert werden sollten. Die Kommission sieht weder für Omnibus IV noch für die für Juni 2025 angekündigten weiteren Pakete Anpassungen in dieser Hinsicht vor.

EU-Entgelttransparenzrichtlinie

Die EntgTranspRL muss bis zum 7. Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Die namensgebenden Entgelttransparenzmaßnahmen umfassen eine Reihe proaktiver Informationspflichten (Art. 5, 6), ein subjektives Auskunftsrecht (Art. 7) sowie eine regelmäßige Berichtspflicht (Art. 9). Der Bericht muss das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle im Betrieb dokumentieren, was sowohl einen Vergleich der durchschnittlichen als auch der medianen Entgelthöhen umfasst. Die Häufigkeit und der Beginn der Berichtspflicht richtet sich nach der Betriebsgröße:

  • Arbeitgeber mit weniger als 100 Arbeitnehmern sind nicht berichtspflichtig.
  • Im Bereich 100 bis 149 Arbeitnehmern ist ein Bericht zum 7. Juni 2031 und danach alle drei Jahre vorzulegen.
  • Arbeitgeber mit 150 bis 249 Arbeitnehmern legen zum 7. Juni 2027 und dann alle drei Jahre einen Bericht vor.
  • Große Arbeitgeber mit 250 und mehr Beschäftigten sind zum 7. Juni 2027 und dann jährlich verpflichtet, Berichte vorzulegen.

Sollte im Rahmen des Berichts ein Entgeltgefälle zwischen den Geschlechtern von mehr als 5 % auffallen, muss zusammen mit Arbeitnehmervertretern eine gemeinsame Entgeltbewertung vorgenommen werden, wenn der Unterschied sich nicht mit objektiven Kriterien rechtfertigen lässt oder innerhalb von sechs Monaten beseitigt wird (Art. 10). Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass eine Kommission bis Ende 2025 Vorschläge für die nationale Umsetzung machen wird (Rn. 3227 ff.). Ein Gesetzgebungsverfahren soll sich unverzüglich anschließen.

(Anmerkung der Redaktion: Bitte beachten Sie die aktuelle Beitragsreihe zur Umsetzung der auf die Unternehmen zukommenden neuen Anforderungen durch die EntgTranspRL.)

Nach Ankündigung und Inkrafttreten der EntgTranspRL hatten Arbeitgeberverbände das Vorhaben kritisiert (genauer Roller, Freundschaft schließen mit der Entgelttransparenz). Unter dem Stichwort Bürokratieverhinderung hat die BDA kürzlich Änderungen an mehreren Richtlinien gefordert, darunter auch an der EntgTranspRL. Die Umsetzung steigere den Verwaltungsaufwand in mittelständischen Unternehmen auf ein untragbares Maß. Konkret mangele es an Angemessenheitsvermutungen für Tarifverträge, die als Ergebnis autonomer Verhandlung diskriminierungsfreie Vergütungsstrukturen versprächen. Die unabhängig vom tatsächlichen Vorliegen einer Benachteiligung geltenden Informations- und Berichtspflichten seien mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden.

Zuletzt sei der Ansatz der EntgTranspRL nicht zielführend, denn bestehende Entgeltunterschiede ließen sich wesentlich auf erwerbsbiografische Unterschiede zurückführen, die man nicht durch Berichte auf Unternehmensebene lösen könne.

Entgelttransparenz bleibt

Deutschland hat es bereits 2017 mit einem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) versucht, ohne dass hierzu eine unionsrechtliche Verpflichtung bestand. Das Gesetz fordert Arbeitgeber mit mehr als 500 Arbeitnehmern auf, ihre Entgeltstrukturen freiwillig zu überprüfen (§ 17 ff. EntgTranspG). In der Folge überprüften zwischen 2019 und 2023 nur etwa 30 % der Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten ihre Entgeltsysteme eigenständig. Arbeitgeber, die nach §§ 264, 289 HGB einen Lagebericht erstellen müssen, werden verpflichtet, auch einen Gleichstellungsbericht aufzustellen (§ 21 f. EntgTranspG). Es sind keine Sanktionen für den Fall der Nichterfüllung vorgesehen. Im Ergebnis kamen 30 % der tarifgebundenen Unternehmen der Berichtspflicht nach, von den Unternehmen ohne tarifliche Entgeltstruktur nur 11 %. Es liegt der Schluss nahe, dass mit den verbindlichen Ansätzen der EntgTranspRL eine effektivere Herangehensweise gewählt worden ist. Die deutschen Erfahrungen haben gezeigt, dass eigenverantwortliche Prüfverfahren nicht ausreichen.

SMC sind nach dem Konzept der Kommission Unternehmen mit weniger als 750 Arbeitnehmern sowie bis zu 150 Millionen Euro Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von bis zu 129 Millionen Euro. Unterhalb der neu geschaffenen Kategorie finden sich die zu den KMU gehörenden mittleren Unternehmen, die über weniger als 250 Arbeitnehmer sowie bis zu 50 Millionen Euro Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von bis zu 43 Millionen Euro verfügen. Die Staffelung der Anforderungen an die Berichtspflichten nach Art. 9 EntgTranspRL endet dagegen bereits bei Unternehmen mit 250 und mehr Arbeitnehmern, die jährlich berichten müssen. Neben den gestaffelten Berichtspflichten müssen Unternehmen mit weniger als 250 Arbeitnehmern von den Mitgliedsstaaten Unterstützung in Form von technischer Hilfe und Schulungen erhalten (Art. 11 EntgTranspRL). Für Unternehmen als Adressaten der parallelen Informations- und Auskunftspflichten sieht die EntgTranspRL dagegen gar keine Untergrenzen vor.

Keine Lockerung auf halber Strecke

Die Kommission hat SMC mit Omnibus IV im Anwendungsbereich der DSGVO privilegiert, indem sie dort für KMU geltende Befreiungen auf die Gruppe der SMC erstreckt hat. Eine ähnliche Handhabe im Rahmen der EntgTranspRL wäre dagegen vorschnell gewesen. Die Richtlinie verfolgt ein proaktives Konzept; die Umsetzungsfrist ist noch lange nicht verstrichen. Durch eine Lockerung auf halber Strecke wären Betriebe pönalisiert worden, die vorausschauend tätig geworden sind oder sich gerade im Anpassungsprozess befinden. Indem die Anforderungen an KMU bezüglich der Berichte schrittweise wachsen, wird ein Klippenrand verhindert. Vor dem Hintergrund des Omnibus-Pakets wird deutlich, warum von Änderungen an der EntgTranspRL insgesamt abgesehen wurde. Der Richtliniengeber bezieht KMU größtenteils in sein Konzept ein und dort, wo es Ausnahmen gibt, sollen gerade KMU profitieren. Das ergibt im Hinblick auf die Zwecksetzung der Richtlinie Sinn, die Entgeltlücke in ihrer Breite zu schließen, denn 2022 arbeiteten ca. 55 % der Beschäftigten in Deutschland in KMU.

Da der deutsche Gesetzgeber wenig Spielraum hat, wären Ausnahmen für Tarifvertragsparteien nur möglich, wenn die Umsetzung in ihrer Strenge über die mindestharmonisierenden Vorgaben der Richtlinie hinausgehen würde. Nur dann wäre Raum, Privilegierungen für Tarifpartner vorzusehen. Eine andere Möglichkeit des nationalen Gesetzgebers, die Berichte zu erleichtern, findet sich in Erwgr. 40 der EntgTranspRL. Demnach könnte die öffentliche Verwaltung die Lohndaten selbst erheben, verknüpfen und berechnen, die bei den Finanzaufsichtsbehörden und Sozialversicherungsstellen sowieso vorliegen müssten. Die Verlagerung der Berichterstattung könnte Unternehmen von der Berichtspflicht sogar ganz entbinden. Wenn der deutsche Gesetzgeber Unternehmen entlasten will, könnte er zumindest im Bereich der KMU und SMC die Berichte von staatlicher Seite vornehmen lassen – digital, modern, bürokratiearm.

Präventiver Ansatz der Richtlinie erfordert frühzeitiges Handeln

Für Unternehmen und Sozialpartner bestätigt sich die Empfehlung, die seit zwei Jahren immer wieder, hier und dort, gelesen werden kann: Um dem präventiven Ansatz der Richtlinie gerecht zu werden, ist ein frühes Tätigwerden erforderlich. Entgeltstrukturen und Tarifverträge sollten mithilfe bestehender Verfahren überprüft werden.

Mit „Zert:Equal“ wird bereits ein Kontrollinstrument an die Vorgaben angepasst. Auf die mindestharmonisierenden Anforderungen der EntgTranspRL lässt es sich vorbereiten, ohne dass es einer nationalen Umsetzung bedarf. Daran kann festgehalten werden.

Kategorien: #EFAR-Beiträge Tags: Entgelttransparenzgesetz

  • Philipp Roller

    Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Rechtspolitik (Universität Trier) #EFAR - ProfilLinkedIn

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