Das Thema
Stellenanzeigen diskriminierungsfrei zu entwerfen zählt zu den täglichen Herausforderungen einer Personalabteilung. Mit einer nicht dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) entsprechenden Stellenanzeige ist das Risiko verbunden, von einem abgelehnten Bewerber auf Entschädigung in Anspruch genommen zu werden. In seiner Entscheidung vom 15. Dezember 2016 (Az.: 8 AZR 418/15) beschäftigt sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) einmal mehr mit der Frage, aus welchen Angaben einer Stellenanzeige und Eingabefeldern der dazugehörigen Online-Bewerbungsformulare Indizien für eine Diskriminierung abgeleitet werden können.
Stellenausschreibung und Online-Bewerbungsformular im aktuellen Fall
Die Beklagte schrieb eine Stelle als „Android Software Entwickler (w/m)“ aus. In der Stellenausschreibung wurde ausgeführt, dass mit „freundlichen Kollegen“ ständig wechselnde Herausforderungen zu lösen seien. Bewerbungen konnten über ein Online-Bewerbungsformular eingereicht werden. Um die Bewerbung abzusenden, mussten neben Namen, Erreichbarkeit sowie Schul- bzw. Berufsabschlüssen auch Angaben zu Anrede („Frau“/„Herr“) und „Deutschkenntnisse[n]“ gemacht werden (sog. Pflichtfelder). Unter „Deutschkenntnisse“ bestand eine Auswahlmöglichkeit zwischen „Deutsch Muttersprache“, „Deutsch verhandlungssicher“, „Deutsch fortgeschritten“ und „Deutsch Grundkenntnisse“. Für das Geburtsdatum war ein Feld vorgesehen, das nicht als Pflichtfeld gekennzeichnet war.
Die 1961 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige russischer Herkunft. Ihr Studium der Informatik in Russland wurde in Deutschland anerkannt. Die Klägerin bewarb sich durch Ausfüllen des Online-Bewerbungsformulars sowie Übersendung von Lebenslauf, Zeugnissen und Bescheinigungen. Beim für das Geburtsdatum vorgesehenen Feld machte sie keine Angaben. Im Feld „Deutschkenntnisse“ wählte sie „Deutsch fortgeschritten“ aus. Per E-Mail erteilte die Beklagte der Klägerin eine Absage. Die Beklagte stellte einen jüngeren männlichen Bewerber ohne einschlägige Berufsausbildung, aber mit einschlägiger Berufserfahrung ein. Nachdem die Klägerin per E-Mail erfolglos eine Entschädigungszahlung von der Beklagten gefordert hatte, reichte sie Klage beim Arbeitsgericht ein. Sie vertrat die Auffassung, der Fließtext der Anzeige, der nur die männliche Form verwende, sei ebenso wie die Abfrage der Deutschkenntnisse, der Anrede und des Alters jeweils als Diskriminierungsindiz zu qualifizieren. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin zurück. Auch die eingereichte Revision zum BAG blieb erfolglos.
Und das meinte das BAG dazu
Nach Auffassung des BAG lag weder eine Diskriminierung wegen des Alters, des Geschlechts noch der ethnischen Herkunft vor. Die Klägerin hat die für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG erforderliche Kausalität zwischen der Benachteiligung und einem Benachteiligungsgrund nach § 1 AGG nicht dargetan. § 22 AGG sieht zwar für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Dazu hätte die Klägerin aber Indizien beweisen müssen, die eine Benachteiligung wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe vermuten lassen. Als Folge hätte die Beklagte nach § 22 AGG die Beweislast dafür getragen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Die Klägerin hat nach Auffassung des BAG indes keinerlei Indizien für eine Diskriminierung durch die Stellenausschreibung und das dazugehörige Bewerbungsformular dargelegt. Der Anzeigentext der Beklagten war geschlechtsneutral und konnte eine Beweislastumkehr nach § 22 AGG nicht begründen. Eine Vermutungswirkung in Bezug auf das Geburtsdatum verneinte das BAG, insbesondere weil die Klägerin ihre Bewerbung auch ohne Angabe des Geburtsdatums versenden konnte. Auch die verpflichtende Angabe der Deutschkenntnisse stellt nach Auffassung des BAG keine Diskriminierung dar.
Entscheidung bringt für Standardangaben in Stellenanzeigen Rechtssicherheit
Die Entscheidung des BAG bringt für Standardangaben einer Stellenanzeige Rechtssicherheit. Nahezu jede Stellenanzeige und Bewerbungsmaske führt der Einfachheit und Lesbarkeit halber den Zusatz „(m/w)“ und erwartet von den Bewerbern die verpflichtende Angabe der Anrede. Solche Angaben und Beschreibungen können richtigerweise kein Indiz für eine Diskriminierung bilden. Gelingt es dem abgelehnten Bewerber nicht, das Vorliegen eines Diskriminierungsindizes zu beweisen, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, findet die Beweislastverlagerung auf den Arbeitgeber nach § 22 AGG nicht statt. Die bloße Möglichkeit, aus bestimmten Angaben ein Diskriminierungsindiz abzuleiten, genügt nicht, sofern auch eine andere Deutungsmöglichkeit besteht.
Daneben stellte das BAG klar, dass der Umstand, dass ein eingestellter Bewerber lebensjünger ist als der nicht berücksichtigte Bewerber, für sich allein betrachtet kein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Alters sei. Hierdurch nimmt das Gericht eine begrüßenswerte Abgrenzung zu einer frühere Entscheidung des 8. Senats vom 19. August 2010 (Az.: 8 AZR 530/09) vor. In diesem Fall hatte das BAG entschieden, dass es nicht darauf ankomme, dass der in einer Stellenausschreibung verwendete Begriff „jung“ nicht eindeutig definiert werden könne. In einem solchen Fall liege ein Indiz für die Benachteiligung eines Bewerbers wegen seines höheren Alters in jedem Falle dann vor, wenn ein anderer deutlich jüngerer Bewerber eingestellt werde.

Taylor Wessing
(Büro München)
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