Nicht hinnehmbare Unannehmlichkeiten
„Urlauber sind oft anspruchsvoll und schnell gereizt, wenn nicht alles nach Plan läuft“, hieß es einmal in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung. Da ist durchaus was dran. Und für so manche Ansprüche, die Urlauber stellen, fehlt Dritten „jegliches Verständnis“. So erging es auch dem Amtsgericht Aschaffenburg (Urteil vom 19.12.1996 – 13 C 3517/95).
Gestritten wurde um einen Urlaub auf Mauritius. Mit dem waren der Kläger und seine Frau so gar nicht zufrieden. In dem Prozess hatte der Mann vorgetragen, dass die „zu erbringende Leistung mit gravierenden Mängeln behaftet gewesen sei, was zu nicht hinnehmbaren Unannehmlichkeiten geführt habe“.
Schlechtes Essen und Lärm am Strand
Die Liste seiner Beschwerden war lang. Angeführt wurde unter anderem, dass das „Abendessen derart Ekel erregend gewesen sei, dass sich die Ehefrau des Klägers sowie eine weitere Reisende des Öfteren übergeben haben“. Zum Frühstück habe es halbrohe Eier und stark verbrannten Toast gegeben. Und nicht nur das! Der Kläger wies auch darauf hin, dass an der „offenen Frühstückstheke (…) ständig Fliegen gewesen“ seien.
Dazu kam, dass ein Aufenthalt am Strand „kaum möglich gewesen sei. Die einheimische Bevölkerung habe dort eine Art Volksfest veranstaltet und einen derartigen Lärm gemacht, dass der Kläger und seine Begleiter schlichtweg sprachlos gewesen seien.“
Andere Länder, andere Speisen
Das Amtsgericht Aschaffenburg konnte der Kläger damit nicht überzeugen. Das erklärte ihm unter anderem, wie das mit Essen im Ausland so ist:
Es sei „bestens bekannt, dass sehr viele Personen bei Reisen in fremde Länder mit den gereichten Mahlzeiten ihre Probleme haben. Nicht jeder, der an die heimische Kost gewöhnt ist, verträgt auf Anhieb eine in einer fremden Küche, nach anderen Rezepten, mit anderen Zutaten bereitete Speise. Zu diesen Personen zählen ganz offensichtlich die Ehefrau des Klägers und die benannte Zeugin.“
Ob die Übelkeit allerdings Folge des Hotelessens war, konnte nicht festgestellt werden. Beide hatten auch in anderen Restaurants gegessen. „Entscheidend für die Beurteilung durch das Gericht“ war aber, dass der Kläger nicht vorgetragen hat, dass er mit dem Essen Schwierigkeiten hatte. „Somit geht das Gericht davon aus, dass sowohl der Kläger selbst, als auch der Zeuge …das Essen durchaus vertragen haben, es daher nicht als ungenießbar bezeichnet werden kann.“
Das Gericht wird deutlich
Und hinsichtlich der Fliegen am Buffet verwies das Gericht auf den Reiseprospekt: „Der Kläger“, heißt es in der Entscheidung, sei „zunächst an den Wortlaut des Prospektes erinnert, auf den er sich selbst bezieht. Dort heißt es wörtlich: ‚Das Frühstück und das Abendessen nehmen die Gäste im ‚offenen Restaurant‘ ein‘. ‚Offenes Restaurant‘ bedeutet für den verständigen Leser, dass es sich um einen Raum handelt, der nach außen nicht abgeschlossen ist. Der verständige Leser wird daher damit rechnen, dass sich in diesen offenen Raum die eine oder andere Fliege verirren wird.“
Für die Rüge der Gegebenheiten am Strand fehlte „dem Gericht, um es gleich deutlich zu sagen, jegliches Verständnis“.
„Der schon zitierte Prospekt der Beklagten enthält insoweit nur den Hinweis, dass das Hotel durch eine kleine Straße vom Strand getrennt ist (und) dass durch das Hotelmanagement Strandliegen zur Verfügung gestellt werden können. Weshalb der Kläger aus dieser Beschreibung den Schluss gezogen hat, er sei am Strand für sich, Einheimische würden diesen Strand nicht benutzen, wird das Geheimnis des Klägers bleiben.“
Das Gericht ist schlichtweg sprachlos
Kein Geheimnis machte das Amtsgericht Aschaffenburg daraus, was es von der Beschwerde des Klägers hielt:
„Im übrigen ist das Gericht, um die Worte des Klägers zu benutzen, schlichtweg sprachlos darüber, dass sich ein Reisender allen Ernstes darüber beschwert, er habe den Strand am Urlaubsort mit Einheimischen teilen müssen. Wer Fernreisen unternimmt, was der Kläger nach seinem eigenen Vortrag seit vielen Jahren macht, ist doch ganz offensichtlich darum bemüht, andere Länder und andere Leute kennen zu lernen. Weshalb ein solcher Reisender sich dann beschwert, dass (er) in einem Urlaubsland den Strand mit Einheimischen teilen muss, ist schlichtweg unbegreiflich.“
Das Gericht kam daher auch zu der Feststellung, dass der Kläger „unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen aus dem Reisevertrag hat“.
Weitere Ungereimtheiten
„Lediglich ergänzend“ hat das Gericht allerdings noch „darauf hingewiesen, dass am Vortrag des Klägers noch weitere Ungereimtheiten zu entdecken sind, die allerdings nicht entscheidungserheblich sind.“
Dazu gehörte, dass der Kläger vorgetragen hatte, er führe gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Geschäft. Er hatte deshalb für beide Verdienstausfall geltend gemacht. Der stand ihm schon aus anderen Gründen nicht zu. Das Gericht wies aber darauf hin, dass seine angebliche Geschäftspartnerin bei ihrer Befragung zur Person angegeben hatte, sie ist Hausfrau. Und das war nicht das einzige, worauf das Gericht „lediglich ergänzend“ hinwies.
Gleich mal den Anwalt kontaktiert
„Ein ganz besonderes Licht auf das Verhalten des Klägers wirft die Tatsache, dass er bereits aus Mauritius seinem Rechtsanwalt eine Karte geschrieben hat mit dem Hinweis, es werde nach dem Urlaub Arbeit für diesen geben“, heißt es in der Entscheidung. Dazu kam eine weitere „Ungereimtheit“, die das Gericht nicht unerwähnt lassen wollte:
„Schließlich hat der Kläger auch behauptet, er könne das angekündigte Bildmaterial deshalb nicht vorlegen, da dieses an einem Flughafen in Südafrika durch die Flugsicherheitskontrolle zerstört worden sei. Dies vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Auch der erkennende Richter ist begeisterter Fotograf und fliegt hin und wieder ins Ausland. Ihm ist es noch nie passiert, dass bei einer Kontrolle an einem Flughafen Filmmaterial zerstört wurde.“
„Dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, ist nicht zwangsläufig ein Vergnügen“, heißt es in dem eingangs erwähnten Beitrag in der Süddeutschen Zeitung über den Beruf der Animateure – auch wegen der oft anspruchsvollen und schnell gereizten Urlaubsgäste. Daher werden an „Animateure …. durchaus hohe Anforderungen“ gestellt. Dazu gehört sicherlich, dass sie auch bei absurden Beschwerden von Urlaubern freundlich bleiben müssen – anders als Richter.
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