Das Thema
Termindruck oder früherer Feierabend, aus verschiedenen Gründen verzichten in der Praxis viele Arbeitnehmer auf ihre Pausen während der täglichen Arbeitszeit. Auch in flexibleren Arbeitsumfeldern werden die Vorgaben zu Ruhepausen oft stiefmütterlich behandelt. Das Arbeitszeitgesetz gibt jedoch klar vor, wann tägliche Arbeitspausen einzulegen sind und wie lange diese dauern müssen.
Eine jüngst von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen in den Bundesrat eingebrachte Initiative für flexiblere Arbeitszeiten zeigt, dass im Zeitalter des flexibleren Arbeitens immer häufiger Forderungen nach einer Reformbedürftigkeit des Arbeitszeitgesetzes laut werden. Noch müssen Arbeitgeber aber damit rechnen, dass ohne Pause arbeitende Arbeitnehmer Bußgelder oder strafrechtliche Verurteilungen zur Folge haben können.
Ruhepausen: Länge und Verteilung
Für eine Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden ordnet das Arbeitszeitgesetz eine Ruhepause von insgesamt mindestens 30 Minuten an. Übersteigt die Arbeitszeit neun Stunden am Tag, so muss der Arbeitnehmer mindestens 45 Minuten Ruhepausen einlegen. (Anmerkung der Red.: Zur Frage der täglichen Höchstarbeitszeit).
Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts innerhalb gewisser Grenzen auch längere Ruhepausen anordnen, selbst wenn dies dazu führt, dass sich die Anwesenheitszeit der Arbeitnehmer im Betrieb insgesamt verlängert (BAG, Urt. v. 25.2.2015 – 5 AZR 886/12). In jedem Fall sind bei der Festlegung der Pausenregelung die Interessen der Arbeitnehmer angemessen zu berücksichtigen.
Die Ruhepausen können in mehrere Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Sie dürfen dabei nicht zu Beginn oder Ende der täglichen Arbeitszeit liegen, da sie die Arbeitszeit unterbrechen müssen. In keinem Fall dürfen Arbeitnehmer länger als sechs Stunden ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Ruhepausen müssen Erholungszweck dienen
Jedenfalls die Lage der Pausenzeiten ist im Voraus festzulegen, also spätestens zu Beginn des Arbeitstages. Nur so kann der erforderliche Erholungszweck gewährleistet werden. Allerdings genügt die Festlegung eines zeitlichen Rahmens (zum Beispiel zwischen 12 und 14 Uhr) innerhalb derer die Arbeitnehmer ihre Pausen nehmen sollen. Die Dauer der Pause muss spätestens zu Beginn der Ruhepause feststehen. Unvereinbar mit diesen Grundsätzen ist, dass der Arbeitgeber unvorhergesehene arbeitsfreie Zeiten innerhalb eines Arbeitstages, die zum Beispiel durch eine Betriebsunterbrechung eingetreten sind, nachträglich zu Pausen erklärt (BAG, Urteil vom 13.10.2009 – 9 AZR 139/08).
Der Arbeitgeber kann die Pflicht zur vorherigen Bestimmung der Verteilung der Ruhepausen auf die Arbeitnehmer übertragen. Eine ordnungsgemäße Ruhepausengewährung setzt jedoch voraus, dass die Arbeitnehmer auch tatsächlich eine verbindliche Regelung bezüglich der täglichen Unterbrechung der Arbeitszeit treffen und diese einhalten.
Während der Ruhepausen ist der Arbeitnehmer nicht zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet und muss sich auch nicht für solche bereithalten. Der Arbeitnehmer darf grundsätzlich frei darüber verfügen, wie und wo er seine Ruhepausen verbringt. Daher ist Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst während der Ruhepausen ausgeschlossen. Rufbereitschaft bleibt in dieser Zeit jedoch möglich, da der Arbeitnehmer während der Rufbereitschaft grundsätzlich frei über seinen Aufenthalt verfügen darf. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es dem Arbeitnehmer jedoch untersagt werden, während der Pause das Betriebsgelände zu verlassen (BAG, Urteil vom 21.08.1990 – 1 AZR 567/89).
Sonderregeln, abweichende Regelungen und Mitbestimmung
Sonderregeln in Bezug auf Ruhepausen gelten für Jugendliche und Kraftfahrer. Jugendliche dürfen danach insbesondere nicht länger als viereinhalb Stunden ohne Ruhepause beschäftigt werden.
Tarifvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung können abweichend von der vorgeschriebenen Mindestdauer sogenannte Kurzpausen vereinbart werden. Eine Kürzung der Gesamtpausenzeit ist jedoch nicht möglich. Außerdem kann unter bestimmten Voraussetzungen in Notfällen von den oben beschriebenen Grundsätzen der Pausenvorgaben abgewichen werden. Dasselbe gilt für den Fall der Gefährdung von Arbeitsergebnissen, der Abwendung von unverhältnismäßigen Schäden sowie im Bereich der Behandlung und Pflege von Personen und Tieren. Diese Ausnahmevorschriften sind jedoch eng zu verstehen und sollten von Arbeitgebern nicht ohne genauere Prüfung aller Voraussetzungen herangezogen werden.
Falls ein Betriebsrat besteht, hat dieser insbesondere bei der zeitlichen Lage und Dauer der Pausen mitzubestimmen. Ein Mitbestimmungsrecht besteht auch bei einer Regelung, nach der es den Arbeitnehmern verboten ist, in den Pausen das Betriebsgelände zu verlassen. Wenn Ruhepausen mitbestimmungswidrig angeordnet wurden, können Arbeitnehmern Ansprüche aus Annahmeverzug zustehen, wenn sie ihre Arbeitsleistung während der Pausen angeboten haben (BAG, Urt. v. 25.2.2015 – 5 AZR 886/12).
Ruhezeiten – Sind keine Ruhepausen!
Nicht zu verwechseln sind die Ruhepausen mit den ebenfalls gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten. Die Ruhezeit meint die arbeitsfreie Zeit nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit.
Sie muss mindestens 11 ununterbrochene Stunden andauern. Gerichtlich nicht entschieden ist, ob auch kurzzeitige Arbeitseinsätze, wie das abendliche Verfassen einer Email oder die Entgegennahme eines dienstlichen Anrufs eine Unterbrechung der Ruhezeit darstellen und indessen Folge die gesamte Ruhezeit von neuem zu gewähren ist.
Angesichts des mit der Ruhezeit verfolgten Erholungszwecks spricht einiges dafür, dies erst ab Überschreitung einer gewissen Erheblichkeitsschwelle anzunehmen.
[Anm. der Redaktion – Auch der Begriff Ruhetag ist zu berücksichtigen: EU-weit müssen Arbeitgeber ihren Angestellten mindestens in jeder Woche einen freien Tag gewähren. Variabel ist jedoch, auf welchen Tag dieser Ruhetag gelegt wird. Eine aktuelle Entscheidung des EuGH trifft damit auf das höhere Schutzniveau in Deutschland.]
Arbeitgeber in der Verantwortung – Folge bei Verstößen
Der Arbeitgeber ist verantwortlich für die Gewährung und Einhaltung der Pausenzeiten. Er muss daher sicherstellen, dass Pausenzeiten von den Arbeitnehmern auch tatsächlich eingehalten werden. Dies gilt grundsätzlich auch in Bezug auf Arbeitnehmer mit Vertrauensarbeitszeit, im Homeoffice oder in höheren Positionen. Zum Teil soll es bei diesen genügen, ihnen die Möglichkeit einer Pause einzuräumen ohne eine tatsächliche Einhaltungskontrolle durchzuführen.
Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz können als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern von bis zu 15.000 € geahndet werden (dazu bereits im EFAR, Arbeitszeit und Compliance: Wann Arbeitgebern welche Bußgelder drohen). Dabei stellt es nicht nur eine Ordnungswidrigkeit dar, wenn Pausen nicht, nicht rechtzeitig oder nicht mit der vorgeschriebenen Mindestdauer gewährt werden, sondern auch, wenn sie nicht im Voraus festgelegt sind. Wenn ein solcher Verstoß beharrlich wiederholt oder hierdurch die Gesundheit oder Arbeitskraft eines Arbeitnehmers gefährdet wird, kann dies sogar eine Straftat darstellen.
Anlasslose Kontrollen der zuständigen Aufsichtsbehörden zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes stellen in der Praxis zwar die Ausnahme dar, sind aber nicht auszuschließen. Denkbar ist auch, dass Arbeitnehmer oder der Betriebsrat Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz bei der zuständigen Behörde melden oder diese Möglichkeit in streitigen Auseinandersetzungen als Verhandlungsmasse nutzen.
Wenn Arbeitnehmer durch Verzicht auf die Pause ihre vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten überschreiten, können außerdem Ansprüche auf Überstundenvergütung entstehen. Weisungen des Arbeitgebers, die gegen die gesetzlichen Vorgaben zu Pausenzeiten verstoßen, braucht der Arbeitnehmer nicht zu befolgen.
Arbeitszeitgestaltung als ständige Herausforderung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Es bleibt ein offenes Geheimnis, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen des Arbeitszeitgesetzes und die Arbeitswirklichkeit häufig kaum in Einklang zu bringen sind. Deutschland hinkt im internationalen Wettbewerb um attraktive Arbeitsbedingungen – sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer – insoweit deutlich hinterher. Es ist vor allem der zurückhaltenden behördlichen Prüfpraxis zu verdanken, dass wirtschaftliche Schäden für Arbeitgeber sowie Einschränkungen der privaten Lebensgestaltung für Arbeitnehmer eine noch eher untergeordnete Rolle spielen.
Dass das Arbeitszeitgesetz im Zeitalter der Arbeitszeitflexibilisierung nicht mehr zeitgemäß ist, wurde an dieser Stelle bereits erörtert (Arbeitszeit und Digitalisierung: Anspruch und Wirklichkeit). Ob und wann dringende Reform des Gesetzes kommen wird, steht in den Sternen. Spannend bleibt auch, ob der EuGH einer kürzlich geforderten generellen arbeitgeberseitigen Erfassung der effektiven Arbeitszeit und damit letztlich auch der Pausenzeiten folgen wird (dazu bereits im EFAR Arbeitszeiterfassung: Kommt die Aufzeichnungspflicht der täglichen Arbeitszeit von der ersten Stunde an?).
Wie können Arbeitgeber in der Zwischenzeit dem Ruf nach flexibleren Arbeitsbedingungen und -zeiten gerecht sowie eigene Haftungsrisiken nach dem Arbeitszeitgesetz begrenzen?
Compliance und Arbeitszeitgesetz: Was Unternehmen auf jeden Fall tun müssen
Zum Aushang des Arbeitszeitgesetzes im Betrieb ist der Arbeitgeber ohnehin verpflichtet. Darüber hinaus sollten Arbeitnehmer regelmäßig an die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeiten erinnert werden. Wenigstens stichprobenartig sollte der Arbeitgeber ferner überprüfen, ob die Arbeitnehmer tatsächlich Ruhepausen einhalten und diese bei Verdacht auf Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz dazu verpflichten, die Einhaltung der Pausenzeiten zumindest vorübergehend zu dokumentieren. Schließlich sind bei beharrlicher Weigerung eines Arbeitnehmers zur Einhaltung der Mindestpausen auch disziplinarische Maßnahmen denkbar.
Bei Arbeitnehmern im Homeoffice oder mit Vertrauensarbeitszeit bietet es sich an, ausdrückliche Regelungen zur Delegation der Pflichten aus dem Arbeitszeitgesetz auf den Arbeitnehmer in den Arbeitsvertrag aufzunehmen. Zweckmäßig ist darüber hinaus, eine wiederkehrende Bestätigung der Arbeitnehmer zur Einhaltung dieser Pflichten anzufordern – beispielsweise im Rahmen von jährlichen Prozessen zur Bestätigung weiterer Compliance-Richtlinien.

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