Das Thema
Um den Herausforderungen des demografischen Wandels und des damit einhergehenden Fachkräftemangels zu begegnen, setzen immer mehr Unternehmen auf teilweise oder vollständige Kostenübernahmen für Fort- und Weiterbildungen ihrer Mitarbeiter. Gleiches gilt für den Abschluss von Halteprämien („Retention-Boni“), die die Betriebstreue und Motivation von Leistungsträgern honorieren sollen. Die rechtssichere Gestaltung von Rückzahlungsklauseln stellt Unternehmen dabei weiterhin vor große Schwierigkeiten.
Sofortige Arbeitnehmerkündigung nach Abschluss des dualen Studiums
Eine Auszubildende schloss mit ihrem Arbeitgeber einen Ausbildungs- und Studienvertrag. Dieser verpflichtete sich, die Ausbildungs- und Studienkosten zu tragen. Der Vertrag sah im Gegenzug eine Rückerstattung für diese Kosten vor, sofern die Auszubildende das Arbeitsverhältnis nach Beendigung ihres Studiums innerhalb von fünf Jahren kündigt. Im Rahmen der vertraglichen Gestaltung war eine Rückzahlung u.a. bei einer Eigenkündigung der Auszubildenen ohne wichtigen Grund vorgesehen, bei Kündigung aus Gründen, die die Auszubildende zu vertreten hat, oder bei Ablehnung eines Anschlussbeschäftigungsangebots im erlernten Berufsfeld. Die verwendete Klausel sah ferner eine Härtefallregelung vor, wonach von der Rückzahlungspflicht ganz oder teilweise abgesehen werden konnte.
Die Auszubildende schloss den Ausbildungsteil ihres dualen Studiums erfolgreich ab und kündigte im Anschluss den Ausbildungs- und Studienvertrag. Der vertraglich vereinbarte Bindungszeitraum wurde nicht eingehalten, worauf das Unternehmen die Auszubildende zur Rückzahlung der Studienkosten aufforderte. Die Forderung wurde vom ArbG Koblenz und vom LAG Rheinland-Pfalz abgewiesen.
BAG: Kein Anspruch auf Rückzahlung der Studienkosten
Nach dem BAG (Urt. v. 09.07.2024 – 9 AZR 227/23) besteht kein Anspruch des Arbeitgebers auf Rückzahlung. Die von ihm verwendete Klausel, die die Rückzahlungspflicht der Auszubildenden schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung anknüpft und nicht nach dem Grund des Ausscheidens differenziert, benachteiligt unangemessen. Auch sieht die Regelung lediglich eine Erstattungspflicht in den Fällen vor, in denen die Auszubildende das Vertragsverhältnis aus einem Grund kündigt, den der Arbeitgeber zu verantworten hat. Mithin mangelt es an einer hinreichenden Differenzierung. Der in die Klausel aufgenommene Ausnahmetatbestand, dem zufolge die Rückzahlungsverpflichtung (nur) bei Vorliegen eines wichtigen Grundes entfällt, ist zu eng, da er nur Gründe i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB, nicht aber andere Gründe ausnimmt, die in der Sphäre des Unternehmens angesiedelt sind. Auch die Härtefallregelung, die einen Verzicht auf die Rückzahlungspflicht ermöglicht, kann eine solche unangemessene Benachteiligung nicht beseitigen. Härtefallklauseln sind nicht dazu bestimmt, eine generelle Korrektur der Erstattungsgrundsätze zu ermöglichen.
Einordnung der Entscheidung
In einer Vielzahl an Entscheidungen hat das BAG zuletzt entschieden, dass Rückzahlungsklauseln im Falle einer frühzeitigen Beendigung des Arbeits-/Ausbildungsverhältnisses nach dem jeweiligen Grund bzw. dem Verantwortungsbereich der Beendigung differenzieren müssen (s. EFAR-Beitrag „Unwirksame Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvereinbarung“). Andernfalls benachteiligt dies Arbeitnehmer oder Auszubildende unangemessen. Auch die hier besprochene Entscheidung des BAG bestätigt konsequent die bisherige Rechtsprechung.
Fazit und Handlungsempfehlung
Die Rechtsprechung hat Vereinbarungen zur Rückzahlung zwar grundsätzlich als zulässig erachtet, hierbei steckt der Teufel aber – wie so häufig – im Detail. Unternehmen sind gut beraten, die jeweilige Klausel aus Sicht des „Verbots der unzulässigen Kündigungserschwerung“ zu prüfen und den Rückzahlungsgrund auf die durch die Rechtsprechung anerkannten Fälle zu beschränken. Dabei führt zumindest die zeitliche Abfolge des Abschlusses der Vereinbarung nicht zur Unwirksamkeit per se. Ausnahme von diesem Grundsatz wäre lediglich eine vorherige (mündliche) Erklärung des Arbeitgebers zur Kostenübernahme.