Das Thema
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind gut ausgebildete Arbeitskräfte für ein Unternehmen essenziell. Arbeitgeber haben daher in der Regel ein Interesse daran, die berufliche Fortbildung ihrer Mitarbeiter zu fördern und übernehmen hierfür auch gerne die erforderlichen Fortbildungskosten. Gleichzeitig wollen Arbeitgeber natürlich sicher gehen, dass ihnen das erlernte Wissen der Arbeitnehmer auch zugutekommt. Daher werden in Fortbildungsverträgen in der Regel Rückzahlungsklauseln vereinbart. Doch solche Klauseln wirksam auszugestalten, ist gar nicht so einfach, wie ein vom BAG entschiedener Fall wieder einmal zeigt.
Arbeitnehmerkündigung innerhalb der Bindungsfrist
Eine Altenpflegerin schloss mit ihrem Arbeitgeber, einer Reha-Klinik, einen Vertrag über eine berufliche Fortbildung. Die Klinik verpflichtete sich, die hierfür entstehenden Kosten tragen. Im Gegenzug enthielt der Vertrag eine Rückzahlungsklausel, nach der der Arbeitnehmer die Kosten unter anderem dann zurückzuzahlen hat, wenn er das Arbeitsverhältnis innerhalb einer Bindungsfrist von sechs Monaten kündigt und die Kündigung auf Gründen beruht, die nicht der Arbeitgeber zu vertreten hat.
Da die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis tatsächlich innerhalb der Bindungsfrist kündigte, wurde sie daraufhin vom Arbeitgeber zur Rückzahlung aufgefordert. Die Forderung wurde jedoch sowohl vom ArbG Würzburg als auch vom LAG Nürnberg abgewiesen.
BAG: Unangemessene Benachteiligung
Das BAG schloss sich den Entscheidungen der Vorinstanzen an (Urt. v. 01.03.2022 – 9 AZR 260/21). Die Rückzahlungsklausel in dem vorformulierten Vertrag war nach Ansicht des Gerichts unwirksam, da sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige.
Die Rückzahlungsklausel des Fortbildungsvertrags knüpfte unter anderem an sämtliche Kündigungen durch den Arbeitnehmer an, die nicht auf einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grund beruhen. Erfasst war daher nicht der Fall einer „unverschuldeten, dauerhaften Leistungsunfähigkeit“ des Arbeitnehmers, wie beispielsweise bei einer schweren Erkrankung. In diesem Fall hätten die Fortbildungskosten bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers zurückgezahlt werden müssen. Jedoch kann der Arbeitgeber bei einer dauerhaften Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers kein Interesse mehr am Fortbestehen des „sinnentleerten“ Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Bindungsfrist haben, da er die erworbene Qualifikation des Arbeitnehmers ohnehin nicht nutzen kann. Der Umstand, dass sich die Investition in die Fortbildung aufgrund unverschuldeter dauerhafter Leistungsunfähigkeit für ihn nicht amortisiert, sei dem unternehmerischen Risiko zuzurechnen. Zudem sei der Mitarbeiter in seiner Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG eingeschränkt, da er zur Vermeidung der Rückzahlungspflicht das Arbeitsverhältnis ggf. auch nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums und somit ohne Gehalt bis zum Ende der Bindungsfrist fortsetzen müsste. Die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch die Rückzahlungsklausel ist somit nicht durch einen entsprechenden finanziellen Vorteil ausgeglichen.
Konsequenzen für die Praxis
Das BAG bestätigt somit seine bisherige Rechtsprechung, nach der die unverschuldete Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht von einer Rückzahlungspflicht umfasst sein darf. Eine Rückzahlungsklausel muss solche Fälle daher explizit ausnehmen.
Diese Entscheidung macht wieder einmal deutlich, dass beim Abschluss von Fortbildungsvereinbarungen besondere Sorgfalt auf die Formulierung der Rückzahlungsklausel zu legen ist. Die Rechtsprechung stellt hier verschiedene, teils sehr detaillierte Anforderungen auf. Dennoch sollte eine solche Rückzahlungsklausel unbedingt in einem Fortbildungsvertrag vereinbart werden, da hierdurch zumindest die Fälle abgedeckt werden können, in denen das Arbeitsverhältnis aufgrund des Verschuldens des Arbeitnehmers beendet wird.
(Anm. d. Red.: Vgl. zum Thema auch den Beitrag „Ausbildungskosten: Keine Rückzahlungspflicht bei Kündigung wegen dauerhafter Arbeitsunfähigkeit“)