Das Thema
Die Kosten des vom Betriebsrat beauftragten Rechtsanwalts sind regelmäßig Gegenstand von gerichtlichen Streitigkeiten. Der vom BAG vorliegend entschiedene Sachverhalt beleuchtet eine neue Fassette dieser Auseinandersetzungen. Diesmal ging es um einen möglichen Rückgriffsanspruch des Arbeitgebers gegen ein einzelnes Betriebsratsmitglied.
Das Betriebsratsgremium hatte zunächst beschlossen, eines seiner Mitglieder zu einer Schulungsveranstaltung zu entsenden. Der Arbeitgeber stimmte der Teilnahme nicht zu. Daraufhin schaltete der Betriebsrat eine Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht ein, um den Schulungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen. Ein formeller Beschluss des Betriebsrats über die Beauftragung der Rechtsanwälte unterblieb jedoch. Als die Kanzlei die Bezahlung ihrer Rechnung in Höhe von 413,90 EUR vom Arbeitgeber verlangte, zahlte das Unternehmen den Betrag an die Rechtsanwälte. Den Rechnungsbetrag zog der Arbeitgeber anschließend vom Gehalt desjenigen Betriebsratsmitglieds, das zur Schulung entsandt werden sollte, ab.
Das Betriebsratsmitglied ging gegen die Aufrechnung vor und klagte auf Auszahlung der restlichen Vergütung.
Die Entscheidung
Das BAG (Urt. v. 25.10.2023 – 7 AZR 338/22) gab dem Arbeitnehmer Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung der restlichen Vergütung in Höhe von 413,90 EUR. Die Restforderung des Betriebsratsmitglieds ist durch die Aufrechnung des Arbeitgebers nicht erloschen. Nach Ansicht des 7. Senats hat die Gegenforderung des Arbeitgebers nicht bestanden. Der vom Arbeitgeber an die vom Betriebsrat eingeschaltete Kanzlei bezahlte Betrag kann weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag noch nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften vom einzelnen Betriebsratsmitglied zurückverlangt werden.
Das BAG setzte sich in der Entscheidung zunächst kritisch damit auseinander, ob es sich bei der Bezahlung der Rechtsanwaltskosten durch den Arbeitgeber überhaupt um ein fremdes Geschäft gehandelt und ein Fremdgeschäftsführungswillen des Arbeitgebers vorgelegen habe.
Den Rückgriffsanspruch des Arbeitgebers verneinte das Gericht schließlich mit grundsätzlichen verfahrensrechtlichen Erwägungen: Ein Anspruch nach den Maßgaben der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Bereicherungsrechts unterliefe die abschließende und zwingende arbeitsgerichtliche Verfahrensordnung, wonach der Umfang der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 1 BetrVG gemäß §§ 2a, 80 Abs. 1 ArbGG im Beschlussverfahren zu klären sei. Ein „Rückgriffsverbot“ auf das (die) Betriebsratsmitglied(er) gebe insoweit vor allem der Schutzzweck der zugewiesenen Verfahrensart vor.
Konsequenzen für die Praxis
Die Kosten der Betriebsratstätigkeit sind ein echter Dauerbrenner. Ein wesentlicher Teil dieser Forderungen sind die Kosten des vom Betriebsrat mandatierten Rechtsanwalts. Die Einschaltung eines Anwalts begegnet in diversen Konstellationen:
- als Prozessbevollmächtigter des Betriebsrats in betriebsverfassungsrechtlichen Beschlussverfahren sowie als Rechtsanwalt des Gremiums zur Vorbereitung und Vorbeugung solcher Verfahren,
- als Berater des Betriebsrats (§ 80 Abs. 3 BetrVG) in komplexen rechtlichen arbeitsrechtlichen Fragestellungen,
- als Verfahrensbevollmächtigter des Gremiums vor der Einigungsstelle, Beisitzer für den Betriebsrat oder – wiederum – Sachverständiger des Betriebsrats im Einigungsstellenverfahren,
- als Schulungsveranstalter von Betriebsratsseminaren/Schulungen.
In formeller Hinsicht bedarf die Beauftragung des Rechtsanwalts mit wenigen Ausnahmen (insbesondere: Vertretung eines einzelnen Betriebsratsmitglieds im Streit mit dem Gremium) eines Beschlusses des Betriebsratsgremiums. Nur dann kommt eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 1 BetrVG in Betracht. Materiell-rechtlich ist die Kostentragungspflicht durch den Grundsatz der Erforderlichkeit begrenzt. Aus diesem Grund erfolgt die Vergütung des Betriebsratsanwalts regelmäßig auf RVG-Basis. Honorarvergütungen auf Stundenbasis sind die Ausnahme (z.B. Betriebsratsseminare). Sonderregelungen zur Vergütung bestehen zudem, wenn der Rechtsanwalt des Betriebsrats Beisitzer der Einigungsstelle ist.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Der vorliegende Fall zeigt, dass Arbeitgeber vor Rechnungsausgleich gegenüber dem Rechtsanwalt stets prüfen sollten, ob der Beauftragung des Betriebsratsanwalts ein ordnungsgemäßer Beschluss des Gremiums – der sich explizit auf die anwaltliche Vertretung bezieht – vorausging. War dem nicht so, sollten Arbeitgeber die Anwaltsrechnung nicht begleichen. Tun sie es doch, ist ein Rückgriff jedenfalls gegenüber einzelnen Betriebsratsmitgliedern ausgeschlossen. Richtiger Adressat des Rückzahlungsbegehrens ist in diesem Fall der Rechtsanwalt, an den der Arbeitgeber – mangels Bestehen eines Vergütungsanspruchs zu Unrecht – gezahlt hat.