Das Thema
In den vergangenen Jahren hat es vermehrt Entscheidungen verschiedener Gerichte zur Besetzung sowie den Aufgaben und Befugnissen der Gleichstellungsbeauftragten gegeben, zuletzt die Entscheidung des BAG vom 17.10. 2024 (8 AZR 214/23).
Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten ist es, den Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligungen wegen des Geschlechts, unter besonderer Berücksichtigung der Benachteiligung von Frauen und Beachtung unter anderem des AGG, zu fördern und zu überwachen (vgl. § 25 Abs. 1 BGleiG). Dazu gehört beispielhaft die Mitwirkung an personellen Maßnahmen oder Beratungstätigkeiten (vgl. § 25 Abs. 2 BGleiG). Hierfür stehen den Gleichstellungsbeauftragten ähnlich zu Betriebs- oder Personalräten bestimmte Beteiligungsrechte zu. Diese können wiederum gewissen Beschränkungen unterliegen:
Beteiligungsrecht bei einzelnen dienstlichen Beurteilungen?
Gemäß § 27 Abs. 1 BGleiG sind Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig bei bestimmten personellen Angelegenheiten zu beteiligen. Das gilt nach § 27 Abs. 1 BGleiG ,,insbesondere‘‘ für Einstellungen oder auch Kündigungen. In seiner Entscheidung vom 09.09.2021 (2 A 3/20) hatte das BVerwG dabei darüber zu entscheiden, ob die Gleichstellungsbeauftragten auch bei einzelnen dienstlichen Beurteilungen zu beteiligen sind. Im Ergebnis verneinte das höchste Verwaltungsgericht ein derart weitreichendes Beteiligungsrecht und ging – angesichts des Gewichts einer Beteiligung nach § 27 Abs. 1 BGleiG für diese Fälle – von einer enumerativen Aufzählung jedenfalls für die dort geregelten personellen Maßnahmen aus.
Beteiligungsrecht bei Abmahnungen?
2012 hatte das OVG Nordrhein-Westfalen (1 A 2043/11) auf Basis des BGleiG in der damaligen Fassung darüber zu entscheiden, ob Gleichstellungsbeauftragte beim Ausspruch von Abmahnungen zu beteiligen sind. Das OVG verneinte ein derartiges Beteiligungsrecht – damals und jedenfalls im konkret zu entscheidenden Fall – mangels Vorliegen eines entsprechenden Gleichstellungsbezugs zu den im Übrigen von den Gleichbeauftragten zu übernehmenden Aufgaben (anders entschied das OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 19.04.2017 – OVG 4 B 20.14) unter Berücksichtigung landesrechtlicher Vorgaben).
Sonderkündigungsschutz?
Kommen Gleichstellungsbeauftragten ähnliche Beteiligungsrechte wie Betriebs- oder Personalvertretungen zu (vgl. u.a. § 99 BetrVG), ist es – auch unter Berücksichtigung der politisch aufgeladenen Funktion – ebenso konsequent, sie unter besonderen Kündigungsschutz zu stellen. Dementsprechend sieht § 28 Abs. 4 BGleiG vor, dass Gleichstellungsbeauftragte wie Mitglieder der Personalvertretung vor Kündigung, Versetzung und Abordnung geschützt sind.
Wer kann Gleichstellungsbeauftragte werden?
Doch jenseits der Frage etwaiger Aufgaben, Befugnisse und der rechtlichen Stellung ist vorab zu beantworten, wer überhaupt Gleichstellungsbeauftragte werden kann. Bereits 2023 hatte das LAG Niedersachsen (Urt. v. 24.02.2023 – 16 Sa 671/22) einem Mann eine Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund der Ablehnung verwehrt, da die unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts durch § 8 Abs. 1 AGG zulässig sei. Das weibliche Geschlecht sei unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte, da sie ohne Gefährdung des mit der Stellung verbundenen Zwecks nicht von einem Mann ausgeübt werden könne. Wesentlich war hier insofern, dass sich die Gleichstellungsbeauftragte aufgrund tatsächlicher (Frauen sind statistisch hauptsächlich von sexuellen Belästigungen betroffen) und rechtlicher Verhältnisse überwiegend der Belange der weiblichen Beschäftigten annehmen soll und wird und es zur Beurteilung derartiger Fälle wichtig ist, die Verhältnisse aus Sicht des benachteiligten Geschlechts beurteilen zu können.
Entscheidung des BAG vom 17.10.2024
Nunmehr hatte auch das BAG über einen Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Zusammenhang mit einer Stellenbewerbung für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten zu entscheiden. Ausgeschrieben war die Stelle durch einen Landkreis in Schleswig-Holstein. Beworben hatte sich eine zweigeschlechtliche Person, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden konnte, sich selbst als Hermaphrodit bezeichnete und als schwerbehinderte Person anerkannt war. Die für die Stellenbesetzung relevanten landesrechtlichen Vorgaben entstammten der Kreisordnung des Landes Schleswig-Holstein sowie dem Gesetz zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Ein Auswahlgespräch zwischen den Parteien fand zwar statt, teilgenommen hatten dort jedoch weder der Landrat noch die Schwerbehindertenvertretung. Im Nachgang teilte man mit, dass man sich für eine andere Person zur Besetzung der Position als Gleichstellungsbeauftragte entschieden habe. Die daraufhin erhobene Klage auf Zahlung einer Entschädigung hatte letztinstanzlich keinen Erfolg.
Urteilsgründe
Ähnlich zur Entscheidung des LAG Niedersachsen gelang auch das BAG zu dem Ergebnis, dass die dort klagende Partei zwar benachteiligt, diese Benachteiligung aber nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig sei.
Der 8. Senat sah die Besetzung der Position der Gleichstellungsbeauftragten gerade in Krisensituationen, wie sexuellen Belästigungen, durch eine Frau als unverzichtbare Voraussetzung an und maß diesem Aspekt entscheidende Bedeutung zu, auch wenn nicht alle Aufgaben zwingend das weibliche Geschlecht als Merkmal erfordern würden. Anders als im Fall des LAG Niedersachsen ging es hierbei aber um eine zweigeschlechtliche Person. Das BAG erkannte die Benachteiligung zweigeschlechtlicher Personen an, differenzierte jedoch danach, dass nicht Benachteiligungen aufgrund der Zweigeschlechtlichkeit, sondern Benachteiligungen aufgrund des weiblichen Geschlechts im Zusammenhang mit der Position und im gesetzlichen Kontext im Vordergrund stünden.
Fazit und Einordnung
Die Entscheidung orientiert sich – entsprechend dem zu entscheidenden Fall – eng an den spezifischen Landesregelungen und deren Verfassungsmäßigkeit, die das BAG bejaht. Gerade zur Differenzierung zwischen den spezifischen Benachteiligungen einzelner Geschlechter und geschlechtlicher Identitäten stellt sich aber darüber hinaus die generelle Frage, ob eine weibliche Gleichstellungsbeauftragte dann auch für die Belange und spezifischen Benachteiligungen zweigeschlechtlicher Personen eintreten kann. Und wenn das nicht der Fall ist, müsste dann nicht gewissermaßen eine oder ein Gleichstellungsbeauftragte/r für jedes Geschlecht eingestellt werden, um letztlich die spezifischen Benachteiligungen verschiedenster Geschlechter und geschlechtlicher Identitäten abzudecken? Vor dem Hintergrund, dass es hier aber um spezifische landesrechtliche Regelungen ging, kann die Entscheidung sicherlich überzeugen. Letztlich liegt es also am bzw. an den Gesetzgeber(n) entsprechende Klarheit zu schaffen.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und welche Auswirkungen die Entscheidung auf die Privatwirtschaft hat. Die – ausschließliche – Einstellung als Gleichstellungsbeauftragte in einem Unternehmen dürfte eher selten vorkommen. Selbst wenn ein Unternehmen sich dazu entscheiden sollte eine solche Position zu schaffen und zu besetzen, dürften geschlechtsspezifische Differenzierungen bei der Einstellung mangels gesetzlicher Grundlage (bspw. gilt das BGleiG u.a. nur für Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung oder Körperschaften des öffentlichen Rechts des Bundes) nicht zu berücksichtigen sein.