Das Thema
Das Ergebnis einer aktuellen Entscheidung des LAG Köln (Urteil v. 2. Februar 2018 – 9 TaBV 34/17) zu Arbeitszeitregelungen für Führungskräfte überrascht nicht: Innerhalb des tariflich festgelegten Rahmens können die Betriebspartner ihrerseits bindende Regelungen treffen, an die sich der Arbeitgeber auch für seine Führungskräfte halten muss, soweit sie nicht „leitend“ iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sind. Hält der Arbeitgeber diesen Rahmen nicht ein, steht dem Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber zu.
Arbeitszeitregelungen für Führungskräfte: Eine typische Konstellation
Bei der Arbeitgeberin, die ein Einzelhandelsunternehmen mit mehreren Filialen betreibt, gilt eine Betriebsvereinbarung, wonach die regelmäßige Arbeitszeit für Filial- und Abteilungsleiter in Vollzeit 37,5 Stunden beträgt und die Arbeitszeit in der Regel auf fünf Tage die Woche verteilt werden soll. Die Führungskräfte können Beginn und Ende der individuell täglichen Arbeitszeit und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage innerhalb des Arbeitszeitrahmens von 7 Uhr bis 21 Uhr unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Arbeitgeberin und der anderen Beschäftigten eigenverantwortlich zu bestimmen. Der einschlägige Manteltarifvertrag (MTV) eröffnet die Möglichkeit, die regelmäßige Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche oder auf 75 Stunden pro Doppelwoche festzulegen.
Weil die Führungskräfte öfter mehr 37,5 Stunden pro Woche und teilweise auch an sechs Tagen pro Woche gearbeitet hatten, beantragte der Betriebsrat, der Arbeitgeberin aufzugeben, die Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung zu unterlassen. Die Arbeitgeberin behauptete hingegen, die genannten Arbeitszeitüberschreitungen von Führungskräften seien nach der Betriebsvereinbarung möglich. Zudem dürften die Führungskräfte ihre Arbeitszeit eigenständig und eigenverantwortlich unter Beachtung der Vorschriften des Arbeitergesetzes planen und ausführen.
Verlängerung der Arbeitszeit für Führungskräfte, die nicht gedeckt ist
Das LAG Köln hat in der Entscheidung vom 2.2.2018 (9 TaBV 34/17) angenommen, bei der Überschreitung der 37,5-Stunden-Woche durch die Führungskräfte handele es sich um eine vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit, die durch die Betriebsvereinbarung nicht gedeckt war. Zwar wäre eine Verlängerung der so festgelegten regelmäßigen Wochenarbeitszeit möglich gewesen, was allerdings wiederum in einer Betriebsvereinbarung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG hätte geschehen müssen, die hier aber nicht vorlag.
Die Festlegung der 37,5-Stunden-Woche im Rahmen der Arbeitszeitregelungen für Führungskräfte stelle auch keinen Verstoß gegen die tarifvertragliche Regelung dar, die nur die Möglichkeit der Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 35 Stunden/Woche oder auf 75 Stunden Doppelwoche vorsehe. Vielmehr läge eine Konkretisierung der Tarifregelung vor. Die Beteiligten hätten sich in der Betriebsvereinbarung zulässigerweise auf eine Verteilung der Arbeitszeit ihrer Führungskräfte auf eine Woche verständigt. Innerhalb dieser Woche dürfen Filialleiter, Abteilungsleiter und Segunda die Lage ihrer Arbeitszeit von insgesamt 37,5 Stunden weitgehend selbst festlegen. Offensichtlich sieht das LAG hier lediglich in der tarifvertraglichen Regelung von 75 Stunden pro Doppelwoche eine grundsätzliche Höchstgrenze, innerhalb derer sich die Betriebsparteien bewegen können. Im Ergebnis sprach das LAG dem Betriebsrat den begehrten Unterlassungsanspruch zu.
Auch die Verteilung der Arbeitszeit auf fünf Tage ist mitbestimmungspflichtig
Außerdem habe der Betriebsrat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch darauf, Filial- und Abteilungsleiter nicht mehr als an fünf Tagen pro Woche arbeiten zu lassen. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage unterliege gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ebenfalls der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Eine Abweichung davon sei nur zulässig, sofern sie auf Wunsch der Arbeitnehmer erfolge oder näher definierte betriebliche Belange (Schließ- und Wachdienst, Auffülltätigkeiten, Preisauszeichnung, Hausreinigung, Inventuren oder andere vergleichbare verkaufsunterstützenden Tätigkeiten) eine Abweichung erforderten.
Im Westen nichts Neues – Auch ein Tarifvertrag half im vorliegenden Fall nicht
Das Ergebnis des LAG Köln im Zusammenhang mit den im vorliegenden Fall geltenden Arbeitszeitregelungen für Führungskräfte überrascht nicht. Innerhalb des tariflich festgelegten Rahmens können die Betriebspartner ihrerseits bindende Regelungen treffen, an die sich der Arbeitgeber auch für seine Führungskräfte halten muss, soweit sie nicht „leitend“ iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG sind. Deren Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit bemisst sich nicht nur nach den Regelungen des ArbZG, sondern nach den geltenden Betriebsvereinbarungen.
Soweit das ArbG noch angenommen hatte, die Betriebsvereinbarung sei unwirksam, weil der einschlägige Tarifvertrag eine Arbeitszeit von 75 Stunden pro Doppelstunde vorsehe, so greift das im Hinblick auf § 87 BetrVG zu kurz. Danach sperrt ein Tarifvertrag nur dann, wenn er eine in sich geschlossene und abschließende Regelung enthält, die aus sich heraus das entsprechende Sachproblem vollständig regelt. Bei der Möglichkeit, 35 Stunden pro Woche oder 75 Stunden pro Doppelwoche zu arbeiten, wird man das nicht annehmen dürfen.
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