Das Thema
Das Urteil des EuGH vom 14. Mai 2019 zur Arbeitszeiterfassung (Rs. C-55/18, CCOO) hat bisher heftige Reaktionen ausgelöst und wurde auch im #EFAR bereits ausführlich behandelt. Interessant ist nun, wie der Gesetzgeber mit dem Urteil konkret umgeht.
Was der Gesetzgeber insoweit plant, lässt das im Auftrag des BMAS erstellte, rechtlich umfassende Rechtsgutachten zur „Identifizierung von rechtlichem Umsetzungs- und/oder Änderungsbedarf im deutschen Recht (…)“ von Professor Dr. Frank Bayreuther (Universität Passau) vermuten. Dieses Gutachten wurde bereits im Dezember 2019 den Parlamentariern zur weiteren Entscheidungsfindung durch das Ministerium zugeleitet.
Das Gutachten wurde der Redaktion des #EFAR inzwischen aus unterschiedlichen Quellen zugespielt (Anm. der Redaktion: Vielen Dank, liebe Twitter-Gemeinde!) und uns – dem Autorenteam – mit der Bitte um Prüfung und Erstbewertung der Praxistauglichkeit übersandt.
Ein weiteres Gutachten zum gleichen Thema und vom BMWi in Autrag gegeben, liegt mutmaßlich erster Pressemeldungen ebenfalls bereits seit Sommer letzten Jahres vor. Diese wird – aus welchen Gründen auch immer – noch unter Verschluß gehalten.
Der Reglungsvorschlag im Gutachten des BMAS im Wortlaut
Die Begutachtung von Bayreuther endet mit einem konkreten Regelungsvorschlag zur Umsetzung des EuGH-Urteils. Dieser lautet im Wortlaut wie folgt:
„§ 16 Arbeitszeitnachweise168
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit, [sowie die Dauer der nach § 4 gewährten Ruhepausen] jeweils am Tag der Arbeitsleistung aufzuzeichnen.
[eventuell: (2) Soweit Arbeit über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinaus geleistet wird, sind die Ausgleichszeiträume nach den §§ 3, 6 Absatz 2, 11 Absatz 2 ArbZG zu dokumentieren.]
(3) Der Arbeitgeber kann die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer mit der Aufzeichnung der Arbeitszeit beauftragen [soweit dessen ungeachtet eine zuverlässige Erfassung der Arbeitszeit gesichert ist / soweit sich die tägliche Arbeitszeit nur auf diesem Weg erfassen lässt.] 2In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Führung der Aufzeichnungen anzuleiten. 3Der Arbeitgeber hat sich die Aufzeichnungen spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aushändigen zu lassen, diese in angemessenen Umfang zu kontrollieren und die übermittelten Daten innerhalb einer Woche nach ihrem Erhalt so aufzubereiten, dass sie den Anforderungen des Absatz 1 genügen.
(4) Die Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmer hat das Recht, in die über ihn geführte Zeiterfassung Einsicht zu nehmen.
[eventuell: (5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann [im Einvernehmen mit …] durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtung des Arbeitgebers nach Absatz 1 für bestimmte Wirtschaftsbereiche, Wirtschaftszweige oder Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erweitern, soweit dies erforderlich ist, um verlässliche Aufzeichnungen herbeizuführen oder diese erleichtern, wenn dessen ungeachtet sichergestellt ist, dass die täglichen Arbeitszeiten zuverlässig erfasst werden. Eine solche Verordnung kann auch die Übertragung der Verpflichtung des Arbeitgebers an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Absatz 3 zum Gegenstand haben.]
(5) Der Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 eingewilligt haben.
(6) Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
168Die Aushangpflicht des jetzigen Abs. 1 müsste anderweitig untergebracht werden.“
Eine erste Bilanz – (Über-)Erfüllung der Vorgaben des EuGH
Um es vorweg zu nehmen: die Vorgaben des EuGH erfüllt der Regelungsvorschlag von Bayreuther. An einigen Stellen übererfüllt er sie aber ohne Not. Angesichts der bürokratischen Bürde, die die Umsetzung des Urteils ohnehin für Unternehmen mit sich bringt, spricht viel dafür, die organisatorischen Vorgaben nicht noch weiter auszudehnen als unbedingt notwendig. Und letztlich fehlt dem Vorschlag gerade das, was als Stärke des deutschen Arbeitsrechts gelobt wird – die Möglichkeit im Wege einer Öffnungsklausel durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen passgenaue Einzelfalllösungen, jedenfalls für Unternehmen mit Tarifbindung und/oder Betriebsrat, zu entwickeln.
Wie will Regelungsvorschlag die EuGH-Vorgaben im Einzelnen umsetzen?
Die Vorgaben des EuGH lassen, wenn man sie ernst nimmt, wenig Spielraum. Klar war danach, dass eine Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit erfolgen muss, und zwar so, dass auch geprüft werden kann, ob die Mindestruhezeiten eingehalten werden. Das heißt, dass nicht nur die tägliche Arbeitsdauer, sondern auch Beginn und Ende aufgezeichnet werden müssen.
Für die Mindestruhezeiten kommt es auf das Arbeitsende jedenfalls an den Tagen an, an denen der nächste Tag ein Arbeitstag ist, und gleichzeitig auf den Beginn am nächsten Arbeitstag. Offen war, inwieweit daneben auch Pausenzeiten als solche zu erfassen sind.
Insofern waren viele der Regelungen in Bayreuthers Vorschlag zu erahnen:
Umfang der Aufzeichnungspflicht
Der Regelungsvorschlag sieht in Absatz (1) eine am jeweiligen Arbeitstag zu erfüllende (hierzu später) Aufzeichnungspflicht hinsichtlich Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit vor. Hinsichtlich der Dauer der Ruhepausen belässt er es bei einer Option.
Dass Bayreuther die Aufzeichnung der Dauer von Ruhepausen für nicht zwingend hält, geht auf seine gutachterliche Einschätzung zurück, die europarechtlichen Vorgaben seien hier „sehr unverbindlich“ und in jedem Fall erfüllt, wenn sich aus der Aufstellung ergebe, dass überhaupt bzw. spätestens nach sechs Arbeitsstunden Ruhepausen gewährt worden seien. Insofern ist es zu begrüßen, dass der Vorschlag nicht auch noch überschießend verlangt, die jeweilige Lage der Ruhepause aufzuzeichnen, um eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die Ruhepause auch rechtzeitig gewährt wurde.
Etwas unklar bleibt, warum Bayreuther in Absatz (2) optional die (teilweise) schon bestehende gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 ArbZG aufgenommen und um die Ausgleichszeiträume der §§ 3, 6, 11 Absatz 2 ArbZG ergänzt hat. Die dadurch gewonnenen Daten sollten sämtlich schon durch die Pflichtangaben des Absatzes (1) des Regelungsvorschlags vorliegen. Absatz (2) ist damit aus unserer Sicht obsolet.
Besonderheiten von Unternehmen und Tätigkeitsbereichen bleiben außen vor?
In seinem Urteil gesteht der EuGH den Mitgliedstaaten zu, die konkreten Modalitäten des Erfassungssystems unter Berücksichtigung „der Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs, sogar der Eigenheiten bestimmter Unternehmen, namentlich ihrer Größe“, festzulegen.
Hierauf geht der Vorschlag nur insoweit ein, als er in seinem optionalen Absatz (5) eine Ermächtigung zur Schaffung erweiterter oder erleichterter Verpflichtungen für „bestimmte Wirtschaftsbereiche, Wirtschaftszweige oder Gruppen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern“ durch Rechtsverordnung vorsieht. Eigene Differenzierungsvorschläge unterbreitet der Vorschlag nicht. Die einzige relevante Differenzierung enthält der Vorschlag insofern, als er danach unterscheidet, ob der Arbeitgeber die Arbeitszeiten aufzeichnet oder dies den Arbeitnehmern überlässt. Ansonsten sind die Anforderungen für alle Unternehmen gleich.
Das ist weder notwendig noch sinnvoll.
Allerdings fällt es in der Tat schwer, im Gesetz bei den Aufzeichnungspflichten z.B. nach der Größe von Unternehmen zu unterscheiden. Zwar klingt es zunächst so, als müsse es möglich und geboten sein, für kleinere Unternehmen weniger aufwändige Zeiterfassungen zu ermöglichen. Im Lichte des EuGH-Urteils müssen aber auch diese „objektiv und verlässlich“ sein. Und Arbeitszeitverstöße kommen bei kleinen wie großen Unternehmen vor. Da der Vorschlag richtigerweise nicht vorgibt, auf welche Weise die Arbeitszeit zu erfassen ist, sind vom Stundenzettel über die Stechuhr bis zur App alle Aufzeichnungssysteme zulässig. Insofern kann sich ein kleiner Handwerksbetrieb auch für handschriftliche Notizen entscheiden. Bayreuther erkennt zutreffend, dass Missbrauchsmöglichkeiten bei allen Erfassungssystemen bestehen, jedenfalls, wenn man mit Bayreuther die Erfassung im Wege einer technischen Rundumüberwachung als unverhältnismäßig und überschießend ablehnt.
Vertrauensarbeitszeit als sinnvolle Ausnahme
Richtigerweise sollte eine gesetzliche Regelung aber auch das Verhältnis von Vertrauensarbeitszeit und Aufzeichnungspflicht adressieren. Hier wäre auf der Basis des EuGH-Urteils jedenfalls denkbar, Erleichterungen für solche Arbeitnehmer vorzusehen, bei denen die Lage ihrer Arbeitszeit von ihnen selbst bestimmt werden kann. Bayreuther hat eine Öffnung hier – in sich konsequent – abgelehnt, weil er davon ausgeht, dass der EuGH hier nur Personengruppen im Blick hat, die ohnehin nicht unter das Regime des ArbZG fallen. Richtigerweise sollten aber Arbeitszeiten für solche Arbeitnehmer – unabhängig von ihrer Eigenschaft als leitende Angestellte – nicht aufgezeichnet werden müssen, die tatsächlich keinen Vorgaben unterliegen, weder hinsichtlich der Verteilung auf die Woche, noch hinsichtlich der Dauer. Das Gleiche gilt, vom EuGH ausdrücklich anerkannt, für Tätigkeiten, bei der die Dauer der Arbeitszeit wegen besonderer Merkmale nicht bemessen und/oder vorherbestimmt ist.
Öffnungsklausel für betriebliche oder tarifliche Sonderlösungen
In jedem Fall aber hätte es sich geradezu aufgedrängt, der vom EuGH zugestandenen Differenzierungsmöglichkeit nach Unternehmenseigenheiten oder Tätigkeitsbereichen nicht im Gesetz selbst anzulegen, sondern es den Tarifpartnern bzw. – noch sinnvoller – den Betriebsparteien zu überlassen, im Rahnen gewisser gesetzlicher Leitplanken sinnvolle Systeme zu erarbeiten. Auf dieser Ebene werden erfahrungsgemäß die passgenauesten Regelungen geschaffen und im Sinne der vom BAG zuletzt immer wieder herausgestellten Stärkung der Betriebsparteien wäre es allemal. Die starke rechtliche Absicherung der notwendigen Verhandlungspartner auf Gewerkschafts- oder Betriebsratsseite lässt, von Einzelfällen abgesehen, auch keine unausgewogenen, d.h. nicht objektiv und verlässlichen Erfassungssysteme befürchten. Die Verlagerung auf eine Rechtsverordnung des BMAS, die Bayreuther vorschlägt, kann eine flankierende Maßnahme sein für Branchen, in denen eine besondere Missbrauchsgefahr besteht (vgl. Mindestlohnaufzeichnungsverordnung); als alleinige Grundlage zur Differenzierung taugt diese Verlagerung nicht.
Natürlich bedarf es einer gesetzlichen Auffangregelung, wenn von einer anderweitigen Regelung kein Gebrauch gemacht wird oder mangels Verhandlungspartner auf Gewerkschafts- oder Betriebsratsseite keinen Gebrauch gemacht werden kann. Die gesetzliche Auffangregelung sollte aber stets subsidiär sein.
Zu striktes Fristenregime schiesst über das Ziel hinaus
Der Vorschlag sieht ferner vor, dass die Arbeitszeit jeweils am Tag der Arbeitsleistung aufgezeichnet wird. Auch sieht er vor, dass die Aufzeichnungen binnen sieben Tagen an den Arbeitgeber auszuhändigen ist, sofern die Aufzeichnungspflicht auf die Arbeitnehmer verlagert wird (Absatz (3)).
Keine Frage – was Du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Aber die gesetzliche Festlegung derart strikter Fristen erscheint überschießend. Eine Aufzeichnung „unverzüglich, spätestens aber innerhalb von sieben Tagen“ dürfte den Anforderungen genügen. Verbindliche Vorgaben macht das EuGH-Urteil hier nicht. Maßgeblich ist doch, inwieweit eine spätere Aufzeichnung womöglich nicht mehr akkurat und damit nicht „objektiv und verlässlich“ ist, weil sie nur noch aus der (fernen) Erinnerung heraus getätigt wird. Ein Quervergleich zu § 17 Abs. 1 MiLoG zeigt, dass der Gesetzgeber in dem als besondere kritisch angesehenen Anwendungsbereich der dortigen Aufzeichnungspflicht eine Aufzeichnung binnen sieben Tage nach dem Tag der Arbeitsleistung für zureichend gehalten hat. Es gibt aus unserer Sicht auch nach dem EuGH-Urteil keinen Anlass, diese zeitliche Bewertung zu ändern.
Die Pflicht zur Unterweisung der Arbeitnehmer in die Anforderungen der Aufzeichnungspflicht bei Übertragung ist hingegen sinnvoll und wohl auch erforderlich, um die geforderte Verlässlichkeit des Erfassungssystems abzusichern.
Auch die Frist von sieben Tagen nach dem Tag der Arbeitsleistung zur Vorlage der Aufzeichnungen ist dem Urteil des EuGH nicht zu entnehmen, sondern allenfalls als Ausdruck eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zu verstehen. Dies erscheint nicht notwendig, eine Monatsfrist dürfte auch die Aufsichtsbehörden ausreichend in die Lage versetzen, sinnvolle Prüfungen vorzunehmen.
Aufbereitungspflicht des Arbeitgebers?
Etwas unklar bleibt, was der Vorschlag mit der Aufbereitung der Daten meint, die der Arbeitgeber innerhalb weiterer sieben Tage nach Erhalt durchzuführen hat.
Sollte damit gemeint sein, dass der Arbeitgeber nach Erhalt der Daten innerhalb einer Woche etwaige Unklarheiten mit dem Arbeitnehmer klären muss und die Aufzeichnungen selbst entsprechend verbessern oder klarstellen muss, dürfte das für viele Unternehmen schlicht unrealistisch sein. Da die Aufzeichnungen durch die Arbeitnehmer vorgenommen wurden, sollten sie auch dort so aufbereitet werden, dass sie den rechtlichen Anforderungen genügen. Es lässt sich bereits jetzt erahnen, dass sich der Arbeitgeber sonst allzu oft auf das Rechtsinstitut der Unmöglichkeit berufen könnte/müsste. Zu regeln wäre daher wohl eher eine Pflicht des Arbeitgebers, auf eine unverzügliche Korrektur durch die Arbeitnehmer zu drängen und ggf. im Fall, dass eine solche (wiederholt) nicht erfolgt, ein Verbot der Übertragung der Aufzeichnungspflicht auf die betroffenen Arbeitnehmer.
Arbeitszeiterfassung: Gesamtbewertung des Regelungsvorschlages
Natürlich kann der Gesetzgeber seinen Gestaltungspielraum so nutzen – die europarechtliche Pflicht, ein objektives, verlässliches und zugängliches Erfassungssystem aufzusetzen, ist damit sicher erfüllt.
Den bestehenden betrieblichen Bedürfnissen nach Flexibilität und weniger Bürokratie könnte aber stärker Rechnung getragen werden.
Zur Diskussion: Der Regelungsvorschlag der Autoren
Basierend auf dem Vorschlag von Bayreuther könnte eine gesetzliche Regelung aus unserer Sicht vielmehr wie folgt lauten (gern durchgehend gender-konform, dann sollte das aber im gesamten Gesetz erfolgen; daher nachfolgend entsprechend dem jetzigen Stand des ArbZG im ungegenderten Plural):
(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit unverzüglich, spätestens aber binnen sieben Tagen nach dem Tag der Arbeitsleistung, aufzuzeichnen.
(2) Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmern die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit übertragen, es sei denn, die objektive, verlässliche und zugängliche Erfassung der Arbeitszeit wäre dadurch nicht gesichert. 2In Fall der Übertragung hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Führung der Aufzeichnungen zu unterweisen. 3Der Arbeitgeber hat sich die Aufzeichnungen spätestens bis zum Monatsende aushändigen zu lassen. 4Der Arbeitgeber hat die Aufzeichnungen in angemessenen Umfang zu kontrollieren und Arbeitnehmer, deren Aufzeichnungen den Anforderungen des Absatzes 1 nicht genügen, zur unverzüglichen Korrektur aufzufordern. 5Arbeitnehmer, deren Aufzeichnungen wiederholt nicht den Anforderungen des Absatzes 1 genügen, sind erneut entsprechend Satz 2 zu unterweisen und im Wiederholungsfall, soweit erforderlich, von einer Übertragung der Aufzeichnungspflicht auszunehmen.
(3) Durch Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarung können von den Absätzen 1 und 2 abweichende Regelungen über eine objektive, verlässliche und zugängliche Arbeitszeiterfassung vereinbart werden, um den Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs oder der Eigenheiten bestimmter Unternehmen, namentlich ihrer Größe, Rechnung zu tragen.
(4) Arbeitnehmer haben das Recht, in die über sie geführte Zeiterfassung Einsicht zu nehmen.
(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann [im Einvernehmen mit …] durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verpflichtung des Arbeitgebers nach Absatz 1 für bestimmte Wirtschaftsbereiche, Wirtschaftszweige oder Gruppen von Arbeitnehmern erweitern, soweit dies erforderlich ist, um verlässliche Aufzeichnungen herbeizuführen oder diese erleichtern, es sei denn, dass hierdurch nicht sichergestellt ist, dass die täglichen Arbeitszeiten zuverlässig erfasst werden. 2Eine solche Verordnung kann auch die Übertragung der Verpflichtung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer nach Absatz 4 zum Gegenstand haben.]
(6) Der Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Absatz 7 eingewilligt haben.
(7) Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
(8) Die vorstehenden Regelungen gelten nicht, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann.
Fazit: Das Gute des Urteils handhabbar machen
Politisch mag man das Urteil des EuGH im Übrigen kritisieren, wobei vielerorts auch an die politische Ehrlichkeit appelliert wird. Der Gesetzgeber ist zunächst daran gebunden. Nur eine Änderung der zugrundeliegenden europarechtlichen Vorschriften dürfte eine höhere Flexibilität ermöglichen. Der politische Wille hierzu ist europaweit derzeit wohl wenig ausgeprägt.
Allerdings mag das Urteil auch sein Gutes haben. Wenn die organisatorischen Anforderungen handhabbar bleiben, kann ein stärkeres Bemühen um die Einhaltung der Grenzen des Arbeitszeitgesetzes gut sein. Nicht nur für Mitarbeiter, auch für Unternehmen.
Noch sind Unternehmen, die auf 4-Tage-Wochen oder 6-Stunden-Tage setzen, die Ausnahme. Aber die Diskussion um diese Modelle nimmt zu Recht zu. In unserem Team arbeiten alle Teilzeit und das kommt nicht nur uns selbst, unsere Familien und Freunden, sondern auch unseren Mandaten zugute.