Das Thema
Das BAG hatte den Fall einer Führungskraft zu beurteilen, die als geschäftsführender Direktor zweier campusübergreifenden Zentren (Diagnostik und Radiologie) der Unikliniken Kiel und Lübeck beschäftigt wurde. Der zunächst für eine Dauer von ca. 5 Jahren abgeschlossene Vertrag wurde durch Änderungsvertrag bei gleichzeitiger Erhöhung der Vergütung um weitere 1,5 Jahre verlängert. Gegen diesen letzten befristeten Vertrag ging der geschäftsführende Direktor vor und erhob Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht. Der Arbeitgeber berief sich auf den Befristungsgrund der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG.
BAG: kein Sachgrund für die Befristung ersichtlich
Das BAG (Urt. v. 01.06.2022 – 7 AZR 151/21) entschied nach zwei unterschiedlichen Entscheidungen der Instanzgerichte zugunsten des Klägers und erklärte die Befristung für unwirksam. Tragisch für die Arbeitgeberseite, falls keine vorsorgliche Kündigung ausgesprochen wurde, wozu der Sachverhalt keine Aussage trifft – im worst case wäre der Kläger dann weiterhin, festgestellt erst 2,5 Jahre nach Ablauf der letzten Befristung (!), in einem ungekündigten unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Das Gericht stellt klar, dass nicht jegliche Eigenart der Arbeitsleistung geeignet sei, die Befristung eines Arbeitsvertrages zu rechtfertigen. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass der unbefristete Arbeitsvertrag der Normalfall und der befristete Vertrag die Ausnahme sein solle. Deshalb müsste die Arbeitsleistung Besonderheiten aufweisen, aus denen sich ein berechtigtes Interesse der Parteien, insbesondere des Arbeitgebers, für einen befristeten Vertrag ergebe. Es müsse eine Abwägung der beiderseitigen Interessen erfolgen, unter angemessener Berücksichtigung des Bestandsschutzinteresses des Arbeitnehmers. Hierbei sind die vertragliche Festlegung der Arbeitsleistung und die tatsächliche Vertragsdurchführung zu berücksichtigen.
Mögliche Konflikte in der Hierarchie sind keine die Befristung rechtfertigende Besonderheit
Weder aus der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG noch aus der sonstigen Ausgestaltung des Vertrages folgte hier nach Auffassung der Richter ein besonderes Befristungsinteresse. Die beklagte Klinik sei bzgl. Art.5 Abs. 3 GG nicht Grundrechtsträgerin, sondern im Gegenteil Grundrechtsverpflichtete und könne sich deshalb nicht auf Art. 5 als Sachgrund für eine Befristung berufen. Der Kläger sei als geschäftsführender Direktor – anders als z.B. der Geschäftsführer einer GmbH – weder ein Organ noch in einer organähnlichen Stellung oder Funktion. Da auch die Position eines leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG nicht per se einen die Befristung rechtfertigenden Sachgrund darstelle, sondern immer „ganz normal“ ein Sachgrund geprüft werden müsse, würde selbst eine organähnliche oder „geschäftsführerähnliche“ Stellung es Klägers als solches genauso wie sonstige Führungspositionen alleine keinen Befristungsgrund darstellen. Auch die angelegten Konfliktmöglichkeiten einer starken, verantwortungsvollen Führungsposition mit den in der Hierarchie darüber stehenden Positionen – hier mit dem Vorstand – führe nicht dazu, dass dies nur durch eine Befristung lösbar sei. Ein potenzieller Dauerkonflikt führe nicht zu einem überwiegenden berechtigten Interesse des Arbeitgebers an einer Befristung:
„Mit dem Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG ist weder eine – aus Sicht des Arbeitgebers weitreichende – Weisungsfreiheit des Arbeitnehmers kompensiert noch ein Instrument zur Auflösung eines potenziellen Dauerkonflikts der Arbeitsvertragsparteien – und sei dieser der normativen Verfasstheit der Arbeitsleistungserbringung geschuldet – eröffnet.“
(Rz. 38)
Schließlich stellt das BAG klar, dass eine in einer Satzung geregelte Befristung entgegen TzBfG nicht wirksam wäre. Hier ging es um eine Regelung in der Hauptsatzung.