Arbeitszeugnisse sind wichtig!
Dass Arbeitnehmer Vorschläge für den Inhalt ihres Arbeitszeugnisses machen oder es gar selbst (vor-)formulieren, ist nicht ungewöhnlich. Dass sie es komplett selbst erstellen und dafür auch die Unterschriften ihrer Vorgesetzten fälschen, schon eher. Das kann natürlich Ärger geben. Allerdings nicht viel – zumindest nach Meinung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 23.6.2010 – 7 Ca 263/10).
Ein Arbeitszeugnis ist, wie das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 12.8.2008 – 9 AZR 632/07) darlegt, regelmäßig Bewerbungsunterlage und damit gleichzeitig Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber. Deshalb hat es Auswirkungen auf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers. Es gibt ihm zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistungen beurteilt.
Bloß kein Risiko!
Da vom Arbeitgeber verlangt wird, dass er den Arbeitnehmer auf der Grundlage von Tatsachen beurteilt und, soweit das möglich ist, ein objektives Bild über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses vermittelt, kann ein Arbeitszeugnis trotz des von der Rechtsprechung geforderten Wohlwollens Darlegungen beinhalten, die dem Arbeitnehmer nicht gefallen.
Dieses Risiko wollte ein Sparkassen-Mitarbeiter wohl nicht eingehen. Er verfälschte eine Arbeitsbescheinigung und machte daraus an seinem privaten Computer ein „Zeugnis“, das nunmehr auch die Unterschrift des Geschäftsführers sowie eine weitere Unterschrift aufwies. Die Unterschrift des Geschäftsführers kopierte er aus einer Broschüre der Gesellschaft. Die andere Unterschrift gestaltete er wohl selbst, vergaß aber einen zu dem Namen gehörenden Buchstaben.
Der Angestellte, der als “Mitarbeiter in der Abteilung Konzernorganisation im Bereich Organisation und Informatik” tätig war, bezeichnete sich in dem „Zeugnis“ als Teamleiter. Und mit diesem Zeugnis bewarb er sich bei einer anderen Gesellschaft, mit der sein Arbeitgeber eng kooperiert. Durch einen anonymen Hinweis flog der Schwindel auf. Das Unternehmen kündigte daraufhin das „bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, mit sofortiger Wirkung“.
Alles nur außerdienstlich
Vor Gericht vertrat der Arbeitnehmer die Ansicht, dass es sich um ein außerdienstliches Fehlverhalten ohne konkreten Bezug zum Arbeitsverhältnis handelt. Das Zeugnis habe er in einer „dunklen Nachtstunde“ erstellt. Entgegen seinem Willen und ohne sein Wissen habe seine Frau dann die Bewerbung mit dem gefälschten Zeugnis versandt. Strafbar sei das Ganze nicht, da lediglich eine Kopie der Fälschung weitergegeben wurde.
Auch ein (versuchter) Einstellungsbetrug läge nicht vor. Insofern scheitere es am notwendigen Vermögensschaden, „denn das ihm im Falle einer erfolgreichen Bewerbung gezahlte Entgelt sei seine Tätigkeit wert“.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies darauf hin, dass außerdienstliches Verhalten nur dann einen wichtigen Grund für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bilden kann, wenn hierdurch das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird: „Nach der Rechtsprechung des BAG dürfen berechtigte Interessen des Arbeitgebers nicht beeinträchtigt werden, d.h. das außerdienstliche Verhalten darf keine negativen Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis haben“.
Kein wichtiger Grund
Ein solcher Bezug liegt nach Meinung des Frankfurter Gerichts nicht vor. Der Mitarbeiter habe das gefälschte Arbeitszeugnis schließlich zu Hause und damit ohne Nutzung von Betriebsmitteln erstellt. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer seinen privaten Computer genutzt habe, reiche auch nicht für die Annahme, dass er „ein potentielles Risiko für die IT-Systeme der Beklagten bilden würde“. Und zu dem Unternehmen, bei dem er sich beworben hat, bestehen zwar enge Verbindungen einschließlich personeller Verflechtungen und „gewissen Ähnlichkeiten bei der Anteilseigner- bzw. Mitgliederstruktur“. Dieses und sein bisheriger Arbeitgeber sind jedoch rechtlich selbständige Subjekte.
Nach alledem ist die Fälschung des Arbeitszeugnisses nicht geeignet, einen wichtigen Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB abzugeben, meint jedenfalls das Arbeitsgericht Frankfurt am Main.
Glück gehabt – zumindest vor Gericht
Aber vielleicht war der ganze Ärger umsonst. Loswerden wollte das Unternehmen den Mitarbeiter schon vor dem Vorfall. Es hatte ihm bereits verschiedentlich, aber erfolglos den Abschluss eines Aufhebungsvertrages angeboten. Dies hatte er auch zum Anlass genommen, um sich bei anderen Arbeitgebern zu bewerben – bislang allerdings ebenfalls erfolglos. Vor diesem Hintergrund wäre der Hinweis, dass ihm ein gutes Arbeitszeugnis bei einem Wechsel helfen würde, wahrscheinlich auf offene Ohren gestoßen. Wohl nicht mit der Bezeichnung als Teamleiter, aber immerhin.
Aktuelle Buchveröffentlichungen von Prof. Dr. jur. Arnd Diringer: