Das Thema
Grundsätzlich gilt, dass Arbeitslohn nur geschuldet wird, wenn auch eine Arbeitsleistung erbracht wird. Während der aktuellen Coronavirus-Pandemie stellt sich neben der Sicherstellung der betrieblichen Abläufe und dem Schutz der Mitarbeiter daher auch die Frage, ob und wie sich pandemiebedingte Betriebsstörungen auf die Vergütungsansprüche der Mitarbeiter auswirken.
Im Folgenden ein kompakter Überblick zu einigen, derzeit typischen Sachverhaltskonstellationen unter Berücksichtigung der aktuellen Neuregelungen des Gesetzgebers, sofern vorgenommen.
Da derartige Ereignisse in Deutschland äußerst selten vorkommen, gibt es kaum gesicherte Rechtsprechung, an der sich Arbeitgeber orientieren können. Die sich abzeichnenden rechtlichen Fragen sind daher überwiegend unter Heranziehung der allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze zu lösen, was regelmäßig mit gewissen Unsicherheiten behaftet ist.
Der Mitarbeiter kommt nicht zur Arbeit, weil Kindergärten/Schulen geschlossen sind und er die Betreuung seiner Kinder übernehmen muss
Grundsätzlich kommt ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Mitarbeiters gemäß § 616 BGB in Betracht. Zudem wurde für diese Konstellation im Eilverfahren ein neuer Entschädigungsanspruch gegenüber der öffentlichen Hand geschaffen, der in § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz(IfSG) geregelt ist.
1.Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB
Nach dieser Vorschrift hat ein Arbeitgeber die Vergütung fortzuzahlen, wenn ein Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist.
Ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund besteht, wenn der Verhinderungsgrund aus seiner persönlichen Sphäre stammt. Nicht erfasst werden objektive Leistungshindernisse, d.h. Hindernisse, die zur selben Zeit für mehrere Arbeitnehmer gleichzeitig bestehen, wie dies beispielsweise bei Unwettern oder Verkehrsstörungen der Fall ist. Aus unserer Sicht spricht viel dafür, dass jedenfalls eine großflächige Schließung von Betreuungseinrichtungen aufgrund einer Pandemie als objektives Leistungshindernis angesehen werden kann, da auch in dieser Konstellation viele Arbeitnehmer von einem einheitlichen Verhinderungsgrund betroffen sind. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB wäre dann ausgeschlossen.
Sofern man § 616 BGB dennoch für anwendbar hielte, wäre weiter zu prüfen, ob die Norm aufgrund vertraglicher oder tarifvertraglicher Vereinbarungen wirksam abbedungen ist. Oft enthalten Tarifverträge Regelungen dazu, ob und in welchem Umfang Arbeitnehmern im Falle einer kurzfristigen Arbeitsverhinderung das Entgelt fortzuzahlen ist. Im Idealfall wird sogar klargestellt, dass ein darüber hinausgehender Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB ausgeschlossen ist. Fehlt eine solche ausdrückliche Regelung im Tarifvertrag, ist durch Auslegung zu ermitteln, zumindest ein konkludenter Ausschluss angenommen werden kann. Auch in Arbeitsverträgen finden sich gelegentlich Regelungen, die § 616 BGB abbedingen. Die Voraussetzungen für deren Wirksamkeit sind allerdings im Einzelnen umstritten.
Kommt man zu dem Ergebnis, dass § 616 BGB trotz der vorstehenden Überlegungen grundsätzlich Anwendung findet, stellt sich schließlich die Frage, für welchen Zeitraum das Entgelt fortzuzahlen ist. Das Gesetz ordnet eine Fortzahlung für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ an. Leider ist auch dies im Detail umstritten. Die denkbare Spannbreite dürfte von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen reichen.
2. 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz
Nach dem neu in das Gesetz aufgenommenen § 56 Abs. 1a IfSG (vgl. auch EFAR-Beitrag vom 26. März 2020) haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 67 % ihres Netto-Verdienstausfalls. Dieser Anspruch ist jedoch auf maximal EUR 2.016,00 pro Monat und einen Zeitraum von 6 Wochen begrenzt. Hierfür gelten kumulativ folgende Anspruchsvoraussetzungen:
- Einrichtungen zur Betreuung von Kinder und Schulen wurden von der zuständigen Behörde geschlossen;
- die Schließung erfolgte auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes ;
- eine anderweitige zumutbare Betreuung kann nicht sichergestellt werden;
- die Kinder haben das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet oder sind behindert und deshalb auf Hilfe angewiesen;
- durch die notwendige Betreuung entsteht ein Verdienstausfall.
Nach der Gesetzesbegründung ist eine anderweitige Betreuung nicht sichergestellt, wenn weder der andere Elternteil noch Verwandte und Freunde die Betreuung übernehmen können, wobei Risikopersonen, also insbesondere ältere und gesundheitlich vorbelastete Menschen, nicht zu berücksichtigen sind. Zudem darf auch kein Anspruch auf eine sogenannte Notbetreuung in der Betreuungseinrichtung bestehen.
Ein Verdienstausfall im Sinne des § 56 Abs. 1a IfSG soll nach der Gesetzesbegründung jeweils nicht vorliegen, wenn:
- der Arbeitnehmer die Betreuung durch Arbeit im Home Office, Abbau von Zeitguthaben oder Inanspruchnahme von Urlaub sicherstellen kann; oder
- dem Arbeitnehmer für den betreffenden Zeitraum Ansprüche auf Kurzarbeitergeld, Kinderkrankengeld gemäß § 45 SGB V oder alternativen Lohnersatz zustehen; oder
- der Arbeitnehmer während des Zeitraums arbeitsunfähig war; oder
- der Betrieb des Arbeitgebers während des betreffenden Zeitraums aufgrund einer behördlichen Anordnung oder aus anderen Gründen geschlossen war.
Kein Entschädigungsanspruch besteht für Zeiträume, in denen die Einrichtungen wegen der Schulferien ohnehin geschlossen wären.
Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, hat der Arbeitgeber die nach dem Verdienstausfall berechnete Entschädigung an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Der Arbeitgeber hat außerdem Sozialabgaben zu entrichten, die gem. § 57 Abs. 6 IfSG auf der Grundlage eines fiktiven Gehalts in Höhe von 80 % des zugrunde liegenden Arbeitsentgelts berechnet werden. Die Entschädigungszahlungen und die darauf abgeführten Sozialversicherungsbeiträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet. Der Antrag auf Entschädigung gemäß § 56 Abs. 1a IfSG ist nicht fristgebunden.
Für den Fall, dass der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, in Vorleistung zu treten, kann er gemäß § 56 Abs. 12 IfSG einen Vorschuss beantragen.
Der Arbeitgeber kann zudem die Entschädigung bis zur Höhe des tatsächlichen Verdienstausfalls anrechnungsfrei aufstocken. Zu diesem Zweck sollten Entschädigungsleistungen, verbleibendes Ist-Entgelt sowie etwaige Zuschüsse in der Lohnabrechnung jeweils gesondert ausgewiesen werden und entsprechend bezeichnet werden.
In der Praxis wird sich vor allem die Frage stellen, wie das Fehlen anderweitiger Betreuungsmöglichkeiten nachzuweisen ist. Soweit sich einige Landesbehörden hierzu bereits geäußert haben, soll eine entsprechende (eidesstattliche) Versicherung des betroffenen Arbeitnehmers ausreichen.
Nicht abschließend geklärt ist bislang, wie sich der Entschädigungsanspruch zu einem Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB verhält, sofern man davon ausgeht, dass § 616 BGB unter diesen Umständen eine notwendige Kinderbetreuungszeit ohne Verdienstausfall gewährleisten könnte. Davon gehen auch einige Behörden in ihren aktuellen Veröffentlichungen aus und verweisen auf eine ältere BGH-Entscheidung, nach der ein Anspruch aus § 616 BGB für bis zu sechs Wochen in Betracht kommen soll.
Ferner erschließt sich nicht, warum Kurzarbeit einem Entschädigungsanspruch gemäß § 56 Abs. 1a IfSG generell entgegenstehen sollte. Bei der Begründung des Gesetzes wurde offensichtlich Kurzarbeit mit „Kurzarbeit Null“, also einer Arbeitszeitreduzierung auf null Stunden, gleichgesetzt. Nicht berücksichtigt wurde, dass Arbeitnehmer auch im Hinblick auf eine verbleibende Restarbeitszeit einen Verdienstausfall wegen der Kinderbetreuung erleiden können. Dies sollte klargestellt werden, um eine restriktive Auslegung durch die zuständigen Behörden zu vermeiden.
Ein Mitarbeiter kann nicht zur Arbeit kommen, weil er aufgrund einer behördlichen Anordnung seine Wohnung nicht verlassen darf und/oder er einem behördlichen Beschäftigungsverbot unterliegt
In dieser Konstellation ist danach zu unterscheiden, ob der Mitarbeiter arbeitsunfähig erkrankt ist oder nicht.
Ist der Mitarbeiter nicht arbeitsunfähig erkrankt ist, sondern wird beispielsweise nur als Ansteckungsverdächtiger unter Quarantäne gestellt bzw. mit einem Beschäftigungsverbot belegt, steht ihm für den Verdienstausfall grundsätzlich ein Entschädigungsanspruch gemäß § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) zu. In den ersten sechs Wochen entspricht die Entschädigung dem Verdienstausfall. Dieser Anspruch ist im Gegensatz zum Anspruch gemäß § 56 Abs. 1a IfSG nicht gedeckelt. Ab der siebten Woche wird die Entschädigung in Höhe des Krankengeldes gewährt. Die Entschädigung ist vom Arbeitgeber zu zahlen und wird auf Antrag von der zuständigen Landesbehörde erstattet. Für den Antrag gilt eine Frist von drei Monaten.
Auch dieser Entschädigungsanspruch besteht nur, sofern es tatsächlich zu einem Verdienstausfall kommt. Solange dem Mitarbeiter ein Entgeltfortzahlungsanspruch gegen seinem Arbeitgeber gemäß § 616 BGB zusteht, wäre dies nicht der Fall. Insofern ist auf die obigen Ausführungen unter Ziff. 2 zu verweisen. Vorrangig sind auch andere Entgelt(fortzahlungs)ansprüche, etwa aufgrund von Urlaub oder an Feiertagen.
Liegt eine zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung des Mitarbeiters vor, gelten grundsätzlich die Regelungen des Entgeltfortzahlungsgesetzes. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber für bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung zu leisten hat. Nach Ende des Entgeltfortzahlungsanspruches hat der Mitarbeiter bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen Anspruch auf Krankengeld gegen seine Krankenkasse. Dies gilt nicht nur dann, wenn eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit bereits vor Inkrafttreten der behördlichen Quarantäneanordnung oder Beschäftigungsverbotes bestand, sondern auch, wenn diese erst später eintritt.
Schwangere Mitarbeiterinnen sollen auf Grund des Infektionsrisikos nicht mehr eingesetzt werden
In dieser Konstellation stellt sich die Frage, ob ein betriebliches Beschäftigungsverbot für die schwangere Mitarbeiterin auszusprechen ist. Nach § 13 Abs.1 Nr. 3 MuSchG darf der Arbeitgeber eine schwangere Mitarbeiterin nicht weiterbeschäftigen, wenn die Weiterbeschäftigung eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere Mitarbeiterin darstellt, die nicht durch eine zumutbare Umgestaltung des Arbeitsplatzes (§ 13 Abs.1 Nr. 1 MuSchG) oder eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz (§ 13 Abs.1 Nr. 2 MuSchG) vermieden werden kann. Ein betriebliches Beschäftigungsverbot ist also nachrangig gegenüber anderen Schutzmaßnahmen.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus eine unverantwortbare Gefährdung für Schwangere darstellt, da nach derzeitigem Erkenntnisstand für Schwangere und das ungeborene Kind keine besonderen Risiken auf Grund des Coronavirus bestehen. Allerdings könnten möglicherweise im Falle eines schweren Verlaufs bei Schwangeren nicht alle Behandlungsmethoden angewendet werden. Vor diesem Hintergrund haben einige für die Umsetzung des Mutterschutzgesetzes zuständige Landesbehörden Handlungsempfehlungen veröffentlicht.
Nach diesen Handlungsempfehlungen ist grundsätzlich zwischen Mitarbeiterinnen ohne und mit Kundenkontakt zu unterscheiden. Für Mitarbeiterinnen ohne Kundenkontakt soll ein Beschäftigungsverbot gemäß § 13 Abs.1 Nr. 3 MuSchG grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Etwas anderes gilt nur, wenn im Arbeitsumfeld ein bestätigter Infektionsfall vorliegt. In einem solchen Fall ist ein (befristetes) betriebliches Beschäftigungsverbot auszusprechen.
Bei Mitarbeiterinnen mit Kundenkontakt sind hingegen grundsätzlich Schutzmaßnahmen wie etwa Abstandsregelungen und kontaktlose Übergaben zu ergreifen. Sofern diese Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko nicht auf ein vertretbares Maß reduzieren und keine Versetzung auf einen Arbeitsplatz ohne Kundenkontakt in Betracht kommt, kommt ein betriebliches Beschäftigungsverbot in Betracht. Die Stellungnahmen der Länder unterscheiden sich leider stark hinsichtlich der Einzelheiten, so dass keine einheitliche Linie hinsichtlich der Frage, wann Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, erkennbar ist. In Schleswig-Holstein sollen etwaige Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten im Kassenbereich des Einzelhandels nicht ausreichen, so dass grundsätzlich bei fehlenden Versetzungsmöglichkeiten ein betriebliches Beschäftigungsverbot auszusprechen ist. In Bayern ist hingegen sogar eine Tätigkeit im ärztlichen oder pflegerischen Bereich eines Krankenhauses nicht ausgeschlossen, sofern keine infektiösen Patienten betreut werden.
Liegen die Voraussetzungen für ein betriebliches Beschäftigungsverbot vor, so hat der Arbeitgeber der Mitarbeiterin gemäß § 18 MuSchG für die Dauer des Beschäftigungsverbotes das durchschnittliche Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor dem Eintritt der Schwangerschaft zu zahlen. Diese sogenannte Mutterschutzlohn wird in voller Höhe einschließlich der abgeführten Sozialversicherungsbeiträge auf Antrag von der Krankenkasse der Mitarbeiterin im Wege des sogenannten Umlageverfahrens (U2) erstattet.
Ein Anspruch auf Erstattung besteht jedoch nur, wenn die Voraussetzungen für ein betriebliches Beschäftigungsverbot vorlagen, also insbesondere das Nachrangigkeitsgebot berücksichtigt wurde. Da bislang noch keine einheitliche Linie zu Beschäftigungsverboten für Schwangere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erkennbar sind, sollten Arbeitgeber im Zweifelsfall vorab Kontakt zum Betriebsarzt und/oder der zuständigen Behörde aufnehmen, um spätere Streitigkeiten mit den Krankenkassen zu vermeiden.
Ein Mitarbeiter kann nicht eingesetzt werden, weil andere Mitarbeiter krankheitsbedingt ausgefallen sind und deshalb der Arbeitsablauf nicht aufrechterhalten werden kann
In dieser Konstellation ist die Vergütung nach den allgemeinen Grundsätzen der Betriebsrisikolehre fortzuzahlen. Der Arbeitgeber trägt grundsätzlich das Risiko, dass er seinen Betrieb aufgrund von Fällen höherer Gewalt wie z.B. Unglücksfällen, extremen Witterungsverhältnissen oder Naturkatastrophen nicht fortführen kann. Auch eine Epidemie und dadurch ausgelöste Personalausfälle dürften als ein Fall höherer Gewalt einzustufen sein. Damit gerät der Arbeitgeber hinsichtlich der Arbeitsleistung des Mitarbeiters in Annahmeverzug und schuldet gemäß § 615 BGB weiterhin die Vergütung.
Für Extremfälle hat das Bundesarbeitsgericht in älteren Entscheidungen zwar den Vorbehalt formuliert, dass diese Grundsätze nicht gelten, wenn das die Betriebsstörung herbeiführende Ereignis den Betrieb wirtschaftlich so schwer trifft, dass bei Zahlung der vollen Löhne die Existenz des ganzen Unternehmens gefährdet würde (vgl. BAG, Urt. v. 23.06.1994, NZA 1995, 468). Soweit ersichtlich, wurde aber noch in keinem Fall das Vorliegen dieser Voraussetzungen bejaht.
Ein Mitarbeiter kann nicht beschäftigt werden, weil der Betrieb aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen wird
Auch in dieser Konstellation wäre die Vergütung wohl grundsätzlich gemäß § 615 BGB fortzuzahlen. Allerdings wird durchaus vertreten, dass eine pandemiebedingte Betriebsstilllegung nicht mehr von dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko erfasst sei. Nach dieser Ansicht käme aber ggf. eine Entgeltfortzahlungspflicht gemäß § 616 BGB in Betracht (siehe hierzu die Ausführungen unter Ziffer 2).
Ein Mitarbeiter kann nicht beschäftigt werden, weil der Arbeitgeber den Betrieb aufgrund aufgetretener Erkrankungsfälle in der Belegschaft „freiwillig“ geschlossen hat
Im Falle einer „freiwilligen“ Betriebsschließung tritt ebenfalls Annahmeverzug ein, so dass die Vergütung gemäß § 615 BGB fortzuzahlen ist. Durch die Entscheidung, den Betrieb zu schließen, lehnt der Arbeitgeber die Annahme der Arbeitsleistung der gesunden Mitarbeiter ab.
Dagegen könnte man argumentieren, dass Annahmeverzug deshalb nicht vorliegt, weil für den Arbeitgeber die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar ist. Nach überwiegender Meinung soll eine Unzumutbarkeit insbesondere dann vorliegen, wenn die Annahme der Leistung Rechtsgüter des Arbeitgebers, seiner Angehörigen oder anderer Arbeitnehmer gefährden würde, deren Schutz Vorrang vor dem Verdienstinteresse des Arbeitnehmers einzuräumen ist. Bei einer durch eine hochansteckende Krankheit ausgelösten Pandemie ließe sich insofern die generelle Ansteckungsgefahr für die Mitarbeiter und die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht anführen. Dem Einwand, dass es jedem Mitarbeiter selbst überlassen bleiben muss, trotz einer bestehenden Ansteckungsgefahr zur Arbeit zu kommen, könnte man wohl entgegenhalten, dass eine Fortführung des Betriebes mit Freiwilligen dazu führen könnte, dass eine große Anzahl von Arbeitnehmern erkrankt und der Arbeitgeber somit mit erheblichen Entgeltfortzahlungsansprüchen und/oder lang anhaltenden Personalausfällen belastet würde. Ob eine solche Argumentation im Streitfall Erfolg hätte, ist jedoch völlig offen.
Ob in einer solchen Situation ein Einsatz der Arbeitnehmer im „Homeoffice“ möglich bleibt, hängt nicht nur von arbeitsorganisatorischen und technischen Voraussetzungen ab. Bislang ungeklärt ist auch, ob und unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber dies einseitig anordnen kann. Allerdings wird man in der Praxis wohl davon ausgehen können, dass der überwiegende Teil der Mitarbeiter von sich aus dazu bereit sein wird.