Das Thema
Ein Unternehmen stellte im Mai 2021 einen Servicetechniker zu einem Bruttogehalt von rd. 5.400 EUR ein. Dieses Arbeitsverhältnis war durch einen vom Arbeitgeber beauftragten Personaldienstleister vermittelt worden, wofür Ersterer eine Provision von knapp 4.500 an den Dienstleister zahlte. Im Arbeitsvertrag wurde eine Vereinbarung getroffen, welche den Arbeitnehmer zur Erstattung dieser Provision an den Arbeitgeber verpflichtete, falls das Arbeitsverhältnis innerhalb eines Jahres beendet würde und dies auf von dem Mitarbeiter zu vertretenden Gründen beruhe. Der Arbeitnehmer kündigte das Arbeitsverhältnis bereits innerhalb von sechs Monaten. Daraufhin wurde er aufgrund der Arbeitsvertragsklausel von dem Arbeitgeber auf Erstattung der Provision in Anspruch genommen, was der Arbeitnehmer jedoch verweigerte.
Aufbürden des unternehmerischen Risikos?
Der Arbeitnehmer meinte, die im Vertrag vereinbarte Erstattungspflicht bestünde nicht, da die Vereinbarung ihn unangemessen benachteilige und daher unwirksam sei, weil sie ihm unzulässigerweise das unternehmerische Risiko der Personalbeschaffungskosten aufbürde und ihn damit faktisch an einer Kündigung während der Probezeit hindere. Der Arbeitgeber war dagegen der Ansicht, die Vereinbarung beruhe auf seinem legitimen Interesse daran, die für die Vermittlung des Arbeitnehmers angefallene Provision nur dann endgültig selbst tragen zu müssen, wenn der Arbeitnehmer auch wenigstens für einen gewissen Zeitraum für ihn tätig sei. Außerdem sei das Erstattungsrisiko für den Arbeitnehmer auch nicht unkalkulierbar, da er nach dem Inhalt der Klausel nur dann zur Erstattung der Provision verpflichtet sei, wenn er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst zu vertreten habe. Im Übrigen handele es sich bei dem fraglichen Erstattungsbetrag um weniger als ein Bruttogehalt.
AGB-Kontrolle: Klausel unwirksam
Sowohl das LAG Schleswig-Holstein im Berufungsverfahren als auch das letztinstanzlich entscheidende BAG (Urt. v. 20.06.2023 – 1 AZR 265/22) folgten der Argumentation des Arbeitnehmers und verneinten einen Erstattungsanspruch des Arbeitgebers.
Die fragliche Erstattungsklausel scheitere an der AGB-Kontrolle und sei damit unwirksam. Die Pflicht zur Erstattung der Provision stelle eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar. Das unternehmerische Risiko, dass sich finanzielle Aufwendungen des Arbeitgebers für seine Personalbeschaffung letztlich nicht rentieren, weil das so zustande gekommene Arbeitsverhältnis nicht von langer Dauer sei, falle grundsätzlich in die Risikosphäre des Arbeitgebers und könne nicht auf den Arbeitnehmer übergewälzt werden. Angesichts dessen habe der Arbeitgeber auch kein rechtlich schützenswertes Interesse an der Vereinbarung einer entsprechenden Erstattungsklausel. Eine solche Klausel beschränke vielmehr das dem Arbeitnehmer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes, ohne dass dies durch begründete Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt wäre. Schließlich sei auch kein für den Arbeitnehmer erkennbar, der eine solche Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit wieder ausgleichen könne.
Folgerungen für die Praxis
Mit Blick auf den derzeitigen, branchenübergreifenden Personalmangel wird mehr und mehr versucht, durch Einschaltung von Personaldienstleistern geeignete Arbeitskräfte zu finden. Die für die Tätigkeit dieser Dienstleister zu zahlenden Vermittlungsprovisionen können erhebliche Beträge erreichen. Wird ein auf diese Weise zustande gekommenes Arbeitsverhältnis nach kurzer Dauer durch den Arbeitnehmer wieder aufgelöst, können diese „frustrierten“ Kosten durchaus schmerzhaft sein. Es erscheint daher verständlich, wenn der Arbeitgeber versucht, dieses Risiko durch entsprechende Arbeitsvertragsklausel auf den Arbeitnehmer zu verlagern.
Gleichwohl trifft das Hauptargument des BAG zu: Das Risiko, dass sich solche Aufwendungen zur Personalbeschaffung nicht lohnen, trägt der Arbeitgeber als Unternehmer. Dies muss daher bei der Entscheidung, Arbeitskräfte durch Personaldienstleister anwerben zu lassen, von vornherein berücksichtigt werden.
Ob es möglicherweise zulässig wäre, eine nur anteilige und nach Dauer des Arbeitsverhältnisses gestaffelte Erstattungspflicht des Arbeitnehmers zu vereinbaren, kann der kurz gefassten Pressemitteilung des BAG nicht entnommen werden. Hierzu muss das Vorliegen der vollständigen Urteilsbegründung abgewartet werden. Angesichts der in der Pressemitteilung wiedergegebenen Argumente des Gerichts steht jedoch zu vermuten, dass selbst eine solche Vereinbarung unzulässig und jegliche Überwälzung der Vermittlungsprovision auf den Arbeitnehmer unwirksam sein dürfte.