Keine Beschäftigung Ungeimpfter in Seniorenheim
In einem Fall wurde die Klage einer Pflegefachkraft in einem Seniorenheim auf Beschäftigung trotz Nichtvorlage eines Impf- oder Genesenennachweises von der 5. Kammer des ArbG Gießen abgewiesen (5 Ca 93/22; Pressemitteilung des ArbG Gießen v. 08.11.2022).
Der Kläger begehrt nach vorangegangenem vergeblichen Eilverfahren (ArbG Gießen, Urt. v. 12.04.2022 – Ga 2/22; sodann Hess. LAG, Urt. v. 11.08.2022 – 5 SaGa 729/22) nunmehr im Hauptsacheverfahren seine vertragsgemäße Beschäftigung in einem Seniorenheim. Der Kläger ist nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft. Er wurde mit Wirkung ab dem 16.03.2022 von der Beklagten, die bundesweit Seniorenheime betreibt, ohne Fortzahlung der Vergütung freigestellt, weil er bis zum 15.03.2022 entgegen § 20a Abs. 2 IfSG keine Impfung gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen und auch keinen Genesenennachweis vorgelegt hatte. Der Kläger hält die Freistellung für rechtswidrig.
Dieser Auffassung folgt die zuständige Kammer nicht.
Billiges Ermessen und Interessenabwägung
Zwar sehe § 20 a Abs. Abs.3 Satz 4 IfSG unmittelbar ein Beschäftigungsverbot im Falle der Nichtvorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nur für ab dem 16.03.2022 neu eingestellte Personen, nicht aber für bislang schon beschäftigte Personen vor. Dennoch stehe es der Arbeitgeberin unter Zugrundelegung der gesetzlichen Wertungen des § 20 a IfSG im Rahmen billigen Ermessens frei, im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis der Bewohnerinnen und Bewohner eines Seniorenheims Beschäftigte, die weder geimpft noch genesen sind und der Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nicht nachkommen, von der Arbeitsleistung freizustellen. Gegenüber dem Interesse der Beschäftigten an der Ausübung ihrer Tätigkeit überwiege insofern das Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner an deren Gesundheitsschutz.
Keine Vergütung Ungeimpfter während Freistellung in Seniorenheim
Auch die Klagen eines Wohnbereichsleiters und einer Pflegefachkraft in einem Seniorenheim auf Vergütung während der Zeit ihrer Freistellung wegen Nichtvorlage eines Impf- oder Genesenennachweises wurden von der 5. Kammer des ArbG Gießen abgewiesen (5 Ca 119/22 und 5 Ca 121/22; Pressemitteilung des ArbG Gießen v. 08.11.2022).
Beide Kläger sind nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft. Beide wurden mit Wirkung ab dem 16.03.2022 von der Beklagten, die bundesweit Seniorenheime betreibt, ohne Fortzahlung der Vergütung freigestellt, weil sie bis zum 15. März 2022 entgegen § 20a Abs. 2 IfSG keine Impfung gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen und auch keinen Genesenennachweis vorgelegt hatten. Die Kläger halten die Freistellungen für rechtswidrig und sind der Auffassung, ihnen stehe ein Anspruch auf Fortzahlung ihrer Vergütung für die Zeit der Freistellung zu.
Dieser Auffassung folgt die zuständige Kammer nicht.
Fehlende Leistungsfähigkeit und Hygienekonzept
Aus der gesetzlichen Wertung des § 20 a IfSG ergebe sich sowohl die Rechtmäßigkeit der Freistellung als auch der Wegfall des Vergütungsanspruchs. Den Klägern fehle mangels Immunisierungsstatus die für einen Anspruch erforderliche Leistungsfähigkeit für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit. Nach dem nicht zu beanstandenden Hygienekonzept der Beklagten könne eine Tätigkeit in der Pflegeeinrichtung nur von Personen ausgeübt werden, die über einen nach § 20 a IfSG vorgesehen Immunisierungsstatus verfügen.