Wenn die offizielle Feier nicht genug ist
Vier leere Flaschen Wein auf dem Tisch, zahlreiche Zigarettenstummel im Mülleimer, auf dem Boden eine zerquetschte Mandarine, die zuvor an die Wand geworfen wurde. Und gleich neben der Eingangstür fand sich auch noch Erbrochenes. So sah es nach einer Weihnachtsfeier im Aufenthaltsraum einer Winzergenossenschaft aus. Das ist heftig. Entsprechend empört reagierte die Genossenschaft. Sie kündigte dem dafür verantwortlichen Mitarbeiter.
Die Feier hatte mit einem Sektempfang im Betrieb begonnen. Von dort aus fuhren die Beschäftigten mit dem Bus zu einem externen Restaurant. Um 23.00 Uhr konnten sie den Bus nutzen, um zur firmeneigenen Kellerei zurückzufahren. Die Weihnachtsfeier sollte dort aber nicht fortgesetzt werden.
Einem Außendienstmitarbeiter war das nicht genug. Ihm war nach der Rückkehr weiter nach Feiern zumute. Er traf sich deshalb mit zwei Kollegen in einem Hotel in der Nähe des Betriebs, um noch eine Flasche Wein zu trinken. Danach ging er mit einem der beiden Kollegen zum Betrieb zurück.
„Etwas Scheiße gebaut“
Das Tor zum Werksgelände wurde mit dessen Zutrittsberechtigungskarte geöffnet. Anschließend wurde im Aufenthaltsraum weiter getrunken und zwar aus Genossenschaftsbeständen – mit dem eingangs geschilderten Ergebnis. Und nicht nur das! Der Kollege des Außendienstmitarbeiters wurde auf dem Nachhauseweg von der Polizei aufgegriffen und von ihr wegen seiner starken Alkoholisierung nach Hause gebracht.
Was er dort zu hören bekam, ist nicht bekannt. Seinem Arbeitgeber gegenüber räumte er jedenfalls ein, „etwas Scheiße gebaut“ zu haben. Den getrunkenen Wein bezahlte er.
Das aber genügte dem Arbeitgeber nicht. Die Winzergenossenschaft kündigte mit Zustimmung des Betriebsrats fristlos, hilfsweise fristgerecht. Dagegen ging der Außendienstmitarbeiter vor Gericht. Vor dem Arbeitsgericht Wuppertal hatte er auch Erfolg (Urt. v. 24.03.2023 – 1 Ca 180/23).
Arbeitsgericht Wuppertal: Abmahnung hätte genügt
Das Gericht war der Meinung, dass eine Abmahnung genügt hätte. Es handle sich um ein steuerbares Verhalten, jedenfalls soweit es um das Betreten des Geländes, den Weinkonsum und die Verschmutzungen gehe. Zudem sei nicht auszuschließen, dass sich der Außendienstmitarbeiter als „Ortsfremder“ einfach keine Gedanken über die Bezahlung der Getränke gemacht habe.
Das sah das LAG Düsseldorf anders. Es brachte in einem Rechtsgespräch zum Ausdruck, dass es eine Abmahnung im Hinblick auf die schwere der Pflichtverletzung für nicht ausreichend erachtet.
Es sei, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts, „offensichtlich, dass man als Mitarbeiter nicht nach beendeter Weihnachtsfeier mit der Chipkarte des Kollegen gegen Mitternacht die Räume des Arbeitgebers betreten dürfe, um dort unbefugt vier Flaschen Wein zu konsumieren“ (PM v. 19.09.2023). Ebenso offensichtlich ist, dass man Mandarinen nicht gegen Wände werfen und sich nicht in Betriebsräume übergeben sollte, auch wenn das LAG das nicht erwähnte.
Kein Grund zum Feiern
Anhaltspunkte für eine dem Kläger erkennbare Duldung des Verhaltens seitens des Arbeitgebers seien nicht ersichtlich, so das LAG. Für das Gericht stelle sich „allenfalls die Frage, ob das Verhalten bereits eine fristlose Kündigung rechtfertige oder die Interessenabwägung zu einer ordentlichen Kündigung führe.“
Damit war klar, dass der Kläger in dieser Instanz keine Chance hatte. Auf Vorschlag des Gerichts einigte er sich mit seinem Arbeitgeber auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Außendienstmitarbeiter verlor seinen Job danach nicht gleich, sondern erst mit Ablauf einer sozialen Auslauffrist.
Besser als nichts. Aber zum Feiern war ihm sicherlich nicht mehr zumute.
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