Ein alter Trick
Männer sind im Durchschnitt erst mit 43 Jahren vollkommen erwachsen, Frauen immerhin schon mit 32 Jahren. Das berichtete die Zeitschrift „Freundin“ 2016 unter Bezug auf eine Studie des Senders „Nickelodeon UK“, deren Ergebnisse im „Telegraph“ bekannt gegeben wurden. „Besser spät als nie“, meinte dazu die Autorin des Beitrags. Und da ist durchaus was dran. Aber wenn sich ein junger Mann im Arbeitsleben allzu kindisch verhält, kann das den Job kosten. Das zeigt eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg (Urteil vom 11.2.2021 – 5 Ca 1397/20).
Der Kläger war seit etwas mehr als einem Jahr als Lagerist beschäftigt. In dieser Zeit gab es häufiger Streit mit einem seiner Kollegen, weshalb beide auch mehrfach zu ihrem Vorgesetzten mussten.
Im Januar 2020 befand sich besagter Kollege auf der Toilette. „Während er dort seinem Geschäft nachging“, heißt es in der Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg, „schob der Kläger unter der Toilettentür ein Blatt hindurch und stieß mit einem Gegenstand den Toilettenschlüssel aus dem Schloss“. Dieser fiel auf das Blatt und wurde von dem Kläger weggezogen. Ein „alte(r) Trick zum Öffnen der Toilettentür“, wie man der Pressemitteilung des Gerichts entnehmen kann.
Tür kaputt – Job weg
Der eingesperrte Mitarbeiter wusste sich nicht anders zu helfen, als die Tür einzutreten. Ihrem Arbeitgeber verschwiegen beide den Vorfall. Der entdeckte den durch das Eintreten der Tür entstandenen Schaden erst fünf Monate später und kündigte, nachdem er von der Ursache für den Schaden Kenntnis erlangt hatte, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos.
Zu Recht – meint jedenfalls das Arbeitsgericht Siegburg. Der Hinweis des Klägers, dass er mit dem Kollegen doch ein gutes Verhältnis gehabt habe und dieser ihm gegenüber bestätigte, dass er keine Angst vor ihm hat, konnte das Gericht nicht überzeugen. Und, dass sein Kollege eingestanden hatte, dass es ein Fehler war, die Tür so schnell einzutreten, half dem gekündigten Mitarbeiter auch nicht.
Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung liegt nach den Darlegungen des Gerichts bereits darin, dass der Arbeitnehmer den Kollegen auf der Toilette eingeschlossen und ihn damit seiner Freiheit beraubt hatte. Ob dieses Verhalten auch strafbar war, könne bei der kündigungsrechtlichen Würdigung dahinstehen.
Ein weiterer wichtiger Grund liege darin, dass der entlassene Mitarbeiter die Beschädigung der Toilettentür verursachte. Die wurde zwar durch seinen Kollegen eingetreten, aber eben nur, weil dieser eingesperrt wurde. „Hätte der Kläger“ seinem Kollegen „den Schlüssel durch den Trick mit dem Papier nicht entwendet, hätte dieser die Toilette ganz normal verlassen und nicht die Tür eingetreten“, heißt es dazu in der Entscheidung. Das lässt sich zwar nicht mit absoluter Sicherheit sagen, aber es spricht zumindest sehr viel dafür.
Erwachsen werden!
Und auch die Interessenabwägung fällt nach Meinung des Gerichts zu Lasten des gekündigten Mannes aus. Das Arbeitsgericht Siegburg führte dazu unter anderem aus, dass der Kläger erst recht kurz bei seinem bisherigen Arbeitgeber beschäftigt war und er außerdem „noch jung“ ist, „so dass davon auszugehen ist, dass er zeitnah einen anderen Arbeitsplatz finden wird.“
Dort sollte er lieber nicht wieder so ein kindisches Verhalten an den Tag legen – auch wenn er wohl noch weit von dem Alter entfernt ist, in dem Männer nach den Angaben der Zeitschrift „Freundin“ erwachsen werden. Und wann er wirklich erwachsen ist, kann er anhand einer in dem Magazin dargelegten Checkliste feststellen. Zu den kindischen Eigenschaften eines Mannes gehört danach zum Beispiel, dass er noch Videospiele spielt, kein Gemüse mag und nicht einmal die einfachsten Gerichte kochen kann.
Ganz ernst zu nehmen ist diese Checkliste allerdings nicht, wie die Autorin des Beitrags betont. Zum Glück! Denn wenn man Männer anhand dieser Checkliste beurteilen würde, wären viele, die erst im hohen Alter verstorben sind, wohl niemals erwachsen gewesen.
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