Landestypische Besonderheiten
Der Kläger hatte für sich, seine Frau und seine Kinder eine zehntägige Reise nach Mallorca gebucht. Untergebracht werden sollte die Familie in einem „Superior-Familienzimmer“. Das aber war nach Angaben des Mannes „von Ratten befallen“. Die Familie zog daher in ein kleines „Standard-Doppelzimmer“ mit Etagenbetten. Und dort befand sich zu allem Übel am oberen Bett auch noch ein wackeliges Gitter.
So geht das nicht, meinte der Mann, und wollte den Reisepreis um die Hälfte mindern. Vor dem AG Köln scheiterte er mit diesem Begehren (Urt. v. 7.9.2015 – 142 C 78/15). Aus seiner Sicht natürlich ärgerlich. Aber immerhin konnte er viel über Ungeziefer lernen.
Das Gericht erklärte zunächst, dass man zwischen einem Mangel und bloßen Unannehmlichkeiten unterscheiden muss. „Das Auftreten von Ungeziefer“ sei „nicht per se ein Mangel, sondern nur dann, wenn in Abhängigkeit von dem Ausmaß des Auftretens und den landestypischen Besonderheiten die Beeinträchtigung (…) nicht mehr nur geringfügig ist“. Dabei sei zwischen kleineren und größeren Tieren zu unterscheiden.
Ein unangenehmer Vorfall
„So ist das mehrfache Auftreten von landestypischem kleinerem Ungeziefer so lange kein Mangel wie kein ‚Befall‘ der Unterkunft vorliegt. Das Auftreten von Größerem (sic!) Ungeziefer setzt zwar keinen Befall voraus, um als nicht mehr nur geringfügig angesehen zu werden, indes genügt eine einmalige kurzzeitige Beeinträchtigung nicht und reicht auch ein hieraus resultierender Verdacht auf das Vorliegen eines Problems nicht, wenn es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, die zumindest das Vorhandensein eines Ungezieferproblems als wahrscheinlich erscheinen lassen.“
Womit sich die Frage stellt, was das nun für den konkreten Fall bedeutet. Die blieb natürlich nicht unbeantwortet: „Ratten werden allgemein als größeres Ungeziefer angesehen“, so das Gericht. Eine wichtige Erkenntnis – die dem Kläger allerdings nicht half. Denn, so das Gericht, Ratten sind „keine unübliche Erscheinung in südlichen Urlaubsregionen“.
Bei dem Eindringen eines solchen Tieres in ein Hotelzimmer handle es sich nur um einen „unangenehmen Vorfall“ der „- nicht nur auf Mallorca – vorkommen kann“. Dass der Kläger mehrere andere Ratten auf dem Vordach außerhalb des Hotels gesehen hat, ändert daran nichts. Diese Beobachtung genügt nicht, „um das Bestehen eines Rattenproblem wahrscheinlich erscheinen zu lassen, sie genügt auch nicht, um einen konkreten Verdacht dahingehend zu begründen, dass es wahrscheinlich ist, dass an weiteren Abenden wieder eine Ratte den Weg auf den Balkon findet.“
Ein bloß subjektives Empfinden
Das Gericht verwies darauf, dass sich der vorliegende Fall nicht mit einem vom OLG Düsseldorf entschiedenen vergleichen lasse (Urt. v. 6.12.1990 – 18 U 133/90). Auch dort ging es um einen Familienurlaub, der durch eine Ratte gestört wurde. Die hatte allerdings auch Kleider angefressen und befand sich gleich drei Tage in einem Hotelzimmer. Aber immerhin nicht in allen von der Familie bewohnten Räumen.
Das Gericht betonte daher, dass es „in der Regel keinen die Reise der Kinder betreffenden Mangel“ darstellt, „wenn das Zimmer der Eltern von einer Ratte heimgesucht wird“. Was die Ausnahme von dieser Regel ist, blieb leider offen. Die Behauptung, dass sich „der Abscheu und der Ekel, welchen die Eltern empfunden“ haben, „zwangsläufig auf die Kinder übertragen worden“ und „auch ihre Urlaubsgestaltung und Urlaubsfreude erheblich beeinträchtigt“ hat, genügt jedenfalls nicht, so das OLG.
Aber auch wenn es in dem vom AG Köln entschiedenen Fall um einen kürzeren Zeitraum als drei Tage ging: Eine Ratte möchte wohl niemand im Zimmer haben. Dafür hatte das Gericht auch ein gewisses Verständnis. Es „verkennt nicht, das (sic!) auch das Auftreten nur einer Ratte Ekel und Angst auslösen kann und man sich im Anschluss in dem Zimmer unwohl fühlen kann.“ Das allerdings genügt nicht, um den Reisepreis mindern zu können. Denn es handelt sich lediglich „um subjektive Empfindungen, die einer objektiven Grundlage zunächst entbehren. Dieser bedarf es aber, um einen Reisemangel zu begründen.“
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