Erhält eine Frau weniger Entgelt für eine vergleichbare Tätigkeit als ihre männlichen Kollegen im Unternehmen, greift die (vom Arbeitgeber widerlegbare) Vermutung, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt. Dies hat das BAG mit Urteil vom 21.01.2021 (8 AZR 488/19; Vorinstanz: LAG Niedersachsen, Urteil vom 01.08.2019 – 5 Sa 196/19) entschieden.
Eine Abteilungsleiterin erfuhr durch eine Auskunft nach §§ 10 ff. EntgTranspG, dass das Vergleichsentgelt der männlichen Kollegen auf gleicher Entscheidungsebene erheblich über ihrem lag. Angegeben wurde das Vergleichsentgelt entsprechend den Vorgaben von § 11 Abs. 3 EntgTranspG als „auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median“ des durchschnittlichen monatlichen übertariflichen Grundentgelts sowie der übertariflichen Zulage (Median-Entgelte). Es lag sowohl beim Grundentgelt als auch bei der Zulage über dem Entgelt der Abteilungsleiterin.
Daraufhin erhob sie Klage. Mit dieser nahm sie u.a. ihren Arbeitgeber (die Beklagte) auf Zahlung der Differenz zwischen dem ihr gezahlten Grundentgelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mitgeteilten höheren Median-Entgelte für sechs Monate in Anspruch.
Das ArbG Göttingen gab der Klage statt. Das LAG Niedersachsen änderte das Urteil ab und wies die Klage ab. Es verneinte das Vorliegen von ausreichenden Indizien i. S. v. § 22 AGG, die die Vermutung begründeten, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts erfahren habe.
Mit ihrer dagegen gerichteten Revision hatte die Klägerin vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.
Dieser argumentiert laut Pressemitteilung vom 21.01.2021 wie folgt: Aus der von der Beklagten erteilten Auskunft ergibt sich das Vergleichsentgelt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson. Nach den Vorgaben des EntgTranspG liegt in der Angabe des Vergleichsentgelts als Median-Entgelt durch einen Arbeitgeber zugleich die Mitteilung der maßgeblichen Vergleichsperson, weil entweder ein konkreter oder ein hypothetischer Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Entgelt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mitgeteilten männlichen Vergleichsperson eine unmittelbare Benachteiligung i. S. v. § 3 Abs. 2 Satz 1 EntgTranspG erfahren, denn ihr Entgelt war geringer als das der Vergleichsperson gezahlte. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts begründet dieser Umstand zugleich die – von der Beklagten widerlegbare – Vermutung, dass die Klägerin die Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ erfahren hat. Aufgrund der bislang vom LAG getroffenen Feststellungen konnte der Senat nicht entscheiden, ob die Beklagte, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft, diese Vermutung den Vorgaben von § 22 AGG in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend widerlegt hat. Zugleich ist den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben. Dies führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG.