Finanzbeamter gegen Finanzamt
„Arbeit ist Scheiße“ lautete eine der Wahlparolen der „Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands“. So ähnlich aber irgendwie doch ganz anders sah es auch ein Betriebsprüfer eines Finanzamts. Und als korrekter deutscher Beamter konnte er seine Auffassungen eindrucksvoll belegen: durch ein Toilettentagebuch.
Der Finanzamtsmitarbeiter behauptete, dass der Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt. Er hatte daher die Aufwendungen für diesen Raum als Werbungskosten geltend gemacht. Zudem wollte er Erhaltungsaufwendungen für eine Toilette steuerlich ansetzen, da diese Kosten beruflich veranlasst seien.
Seine Kollegen, die seine Steuererklärung prüften, sahen das anders und so kam es zu einem Verfahren vor dem FG Baden-Württemberg (Urteil vom 21.01.2013 – 9 K 2096).
Immer neue Zahlen
Nach den Feststellungen im Tatbestand der Entscheidung war der Dienstsitz des Beamten ein Finanzamt in Baden-Württemberg, in dem er auch einen festen Arbeitsplatz hatte. Seine Dienstgeschäfte verrichtete er zunächst zeitweise im Finanzamt und zeitweise im Außendienst. Sein Dienstherr hatte ihm dann gestattet, zusätzlich ein häusliches Arbeitszimmer einzurichten. Die Kosten für dessen Einrichtung und für die Renovierung des Gäste-WC machte er steuerlich geltend.
Um zu belegen, dass der Mittelpunkt seiner betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer liegt, zeigte er dem Gericht auf, wann er wo tätig war. Nur leider widersprach er sich dabei mehrfach wie das FG Baden-Württemberg feststellte:
„Zunächst behauptete er, er habe in 2008 an 49,5 Tagen, in 2009 an 41 Tagen und in 2010 an 44 Tagen im Außendienst gearbeitet. In seinem Klageschriftsatz vom 22. Juni 2012 trug er dann vor, er habe im Kalenderjahr 2009 von insgesamt 219,5 Arbeitstagen an 29 Tagen im Außendienst, an 51,5 Tagen im Amt und an 139 Tagen in seinem häuslichen Arbeitszimmer gearbeitet. Mit Schriftsatz vom 20. November 2012 trug er zuletzt nochmals andere Zahlen vor.“
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Dokumentation der Dienstgeschäfte
Bei der Darlegung der Toilettennutzung war er dagegen sehr genau. Diese könne „anhand des von ihm angefertigten exemplarischen Toilettentagebuches über die tatsächliche Nutzung nachvollzogen werden (Toilettentagebuch, Schriftsatz vom 20. November 2012). Zeitlich betrachtet sei er zu ca. 33,33% privat und zu ca. 66,67% aus dienstlichen Gründen in seiner Wohnung. Die Toilette nutze er ca. 9 – 10 mal am Tag, davon ca. 8 – 9 mal beruflich. Es ergebe sich also eine berufliche Toilettennutzung von 73,58 %.“
Eine durchaus interessante Statistik – die die Richter am FG Baden-Württemberg aber ebenso wenig überzeugen konnte wie die weiteren Darlegungen des Beamten. Sie erkannten weder die Aufwendungen für das Arbeitszimmer noch für die Toilette als steuermindernd an.
Ihrer Meinung nach wird die „nach Außen wahrnehmbare Tätigkeit des Prüfers (…) im Außendienst vorgenommen und manifestiert sich in Besprechungen, Betriebsbesichtigung, auch wenn diese – wie im Fall des Klägers – nur an 30 Tagen im Jahr stattgefunden haben sollten“. In „Fällen, in denen die das Berufsbild prägende Tätigkeit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers stattfindet, kann auch eine zeitlich weit überwiegende Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers keine Verlagerung des Mittelpunkts bewirken.“
Nix gibt es – meint das Finanzgericht
Und damit konnte er die Kosten des Raumes unabhängig von dessen tatsächlicher Inanspruchnahme nicht steuerlich geltend machen. Dass er dessen Nutzung hinsichtlich der Tage und des Aufteilungsmaßstabes in unterschiedlicher Weise bezifferte, bedurfte daher keiner weiteren Aufklärung“.
Die anteiligen Aufwendungen für die Toilette sind nach Auffassung des Gerichts keine abzugsfähigen Werbungskosten nach § 9 EStG. „Dies folgt“, wie das FG Baden Württemberg ausführt, „bereits aus dem Umstand, dass im Fall des Klägers die ausschließlich beruflich veranlassten Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht abzugsfähig sind („Erst-Recht-Schluss“)“. Insofern konnte auch die „Argumentation des Klägers, „die Toilette sei ja gerade kein Arbeitszimmer“ und daher in voller Höhe abzugsfähig“, nicht wirklich überzeugen. Denn „eine getrennte Beurteilung der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer und die häusliche Toilette wäre nach Auffassung des Senats sinnwidrig“.
Das klingt schlüssig. Und so hat der Finanzbeamte „am eigenen Leib“ erfahren müssen, dass man eben doch nicht „jeden Scheiß von der Steuer absetzen“ kann – auch wenn das oftmals behauptet wird.
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