Viele Nachfragen
Verständlicherweise erkundigen sich Beschäftigte und ihre gewählten Vertretungen bereits bei den Arbeitgebern, wann so eine Zahlung denn geleistet werden könnte. Einige Unternehmen haben schon Regelungen getroffen, bspw. die Targobank, der Autovermieter Sixt und Porsche. Besondere Aufmerksamkeit hat auch der Tarifabschluss zwischen der IG BCE und dem BAVC erhalten: Die Tarifparteien haben den Maximalbetrag in Höhe von 3.000 EUR voll ausgeschöpft und darüber hinaus Lohnerhöhungen in Höhe von 3.25% im Januar 2023 und 2024 vereinbart. Die Nettoentlastung liegt bei durchschnittlich 12.94% – ein Inflationsausgleich ohne, dass die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale strapaziert wird. In den Verhandlungen zwischen der IG Metall und den Arbeitgebern der Metall- & Elektroindustrie ist die Inflationsprämie bisher hingegen noch nicht das Zünglein an der Waage, Ende Oktober haben sich die Beschäftigten an ersten Warnstreiks beteiligt.
Voraussetzungen
Aber zurück zu den Voraussetzungen, unter denen die Inflationsausgleichsprämie gezahlt werden kann: Die Prämie muss eine zusätzliche Leistung sein -also ein echtes Mehr und keine Umwidmung bestehender Leistungen; die Auszahlung erfolgt steuer- und sozialversicherungsfrei, das heißt: brutto = netto. Allerdings bleibt eine große Hürde: die Prämie ist – ohne tarifliche Verpflichtung – erst einmal freiwillig und es besteht kein Anspruch hierauf. Und insbesondere KMU sowie produzierende Unternehmen, die unter den horrenden Energiepreisen leiden, können diese finanzielle Belastung möglicherweise nicht stemmen, so dass ein Gros der Beschäftigten leer ausgehen könnte.
Versteckte Benefits
Insbesondere in den nahenden Tarifverhandlungen anderer Branchen stellt die Inflationsausgleichsprämie allerdings vor allem für Arbeitgeber eine echte Alternative zu linearen Lohnerhöhungen dar. Die (einmalige) finanzielle Belastung in Höhe bis von 3.000 EUR/Arbeitnehmer mag zunächst abschreckend wirken, jedoch zu Unrecht, wenn man neben dem offensichtlichen Geschenk auch die versteckten Benefits sieht: Keine Auswirkungen auf tarifliche Zulagen (bspw. Nacht- und Feiertagszuschläge), keine Konsequenzen für etwaige, gehaltsgebundene Jahressonderzahlungen – um nur einige lohngebundenen Folgekosten zu nennen.
Mitbestimmung
Für den Fall, dass es keine tarifliche Regelung gibt müssen sich die Betriebsparteien bei Ausarbeitung der mitbestimmungspflichtigen(!) Betriebsvereinbarungen an die bekannten Spielregeln halten: Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist zu wahren (sachliche Differenzierungen bspw. gebunden an besonders beeinträchtigte Lohngruppen), Gründe für ratierliche Kürzungen sind zu definieren und der oder die Auszahlungszeitpunkt(e) sind festzulegen. Apropos – es gibt keine Mindestbeträge und keine Höchstzahl der Teilbeträge, nur eine zeitliche Begrenzung bis zum 31.12.2024. Denkbar wäre es daher, den allokierten Gesamtbetrag monatlich, quartalsweise oder halbjährlich aufzuteilen.
Arbeitgeber, die weder tariflich gebunden sind noch einen Betriebsrat haben, können die Prämie selbstverständlich auch auszahlen. Hier gilt es darauf zu achten, dass jede Zahlung unter einem eindeutig erklärten Freiwilligkeitsvorbehalt steht. Dies gilt umso mehr, wenn der Höchstbetrag in mehrere Tranchen aufgeteilt werden soll, um eine betriebliche Übung zu vermeiden.
„Inflationsprämien-Hopping“?
Abgesehen von der angeratenen Erklärung ist der administrative Aufwand bewusst geringgehalten: Der Arbeitgeber muss bei Gewährung der Leistung (z.B. durch entsprechenden Hinweis im Rahmen der Lohnabrechnung) nur in beliebiger Form deutlich machen, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht. Aus rechtlicher Sicht deutlich komplexer wird das Prozedere indes, wenn der Arbeitgeber sich eine Rückforderungspflicht vorbehalten will, sollte ein Begünstigter kurz nach Erhalt der Inflationsausgleichsprämie wieder ausscheiden – und sein Prämienglück beim nächsten Arbeitgeber suchen. Ein „Inflationsprämien-Hopping“ wäre zwar durchaus möglich, da sich der Maximalbetrag von 3.000 EUR auf das Verhältnis Arbeitnehmer zu einem bestimmten Arbeitgeber bezieht. In der Praxis dürfte es jedoch schwierig werden, zumal die Begrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten durch die Vereinbarung von Stichtagsregelungen denkbar ist.