Das Thema
Die Frage, ob und welche Kosten Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 1 und 2 BetrVG grundsätzlich tragen, dürfte sowohl in der betrieblichen als auch juristischen Praxis als weitestgehend geklärt gelten. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil das BAG sich der Reichweite des Anspruchs bereits in mehreren Entscheidungen gewidmet hat.
Ausgangslage: vollumfängliche Kostentragungspflicht des Arbeitgebers
Im Grundsatz hat ein Arbeitgeber nämlich – so statuiert es bereits der Wortlaut des § 40 Abs. 1 BetrVG explizit – ausnahmslos alle der „durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten“ zu tragen. Konkret bedeutet dies, dass er ebenfalls verpflichtet ist, dem Gremium
- die erforderlichen Räume,
- Sachmittel,
- Informations- und Kommunikationstechnik sowie
- Personal für das Betriebsratsbüro
zur Verfügung zu stellen (§ 40 Abs. 2 BetrVG). Auch
- die Aufwendungen der einzelnen Betriebsratsmitglieder (Portokosten und Telefonkosten) sowie
- die Kosten einer externen Beratung oder Einschaltung von Dritten
sind von dieser grundsätzlichen Pflicht umfasst.
Voraussetzung der Kostentragung ist allerdings, dass die Kosten durch die Ausübung der dem Betriebsrat gesetzlich vorgegebenen Aufgaben entstanden ist (vgl. etwa Richardi BetrVG/Thüsing, § 40 BetrVG Rn. 5). Daneben müssen diese auch erforderlich sein sowie hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Höhe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Diesem Grundsatz zufolge ist die Vermittlung von Kenntnissen nämlich dann – aber auch nur dann – erforderlich, wenn diese Kenntnisse unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann (§ 37 Abs. 6 BetrVG). Abschließend unterliegt die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 1 BetrVG ebenfalls dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Das bedeutet wiederum, dass jedes Betriebsratsmitglied verpflichtet ist, dem Arbeitgeber nur solche Kosten aufzubürden, die es subjektiv für angemessen halten darf (vgl. hierzu auch den EFAR-Beitrag „Schulungskosten für Betriebsrat – Mit der Fahrgemeinschaft zum Betriebsratsseminar“).
Übernahme von Schulungskosten als regelmäßiges Streitthema
Regelmäßig besonders relevant ist die Frage der Erforderlichkeit in folgendem Kontext: Der Arbeitgeber hat auch solche Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung gemäß § 37 Abs. 7 BetrVG entstanden sind (BAG, Beschl. v. 17.11.2021 – 7 ABR 27/20). Insoweit hat das BAG bereits in früheren Entscheidungen statuiert, dass etwa die Schulungsbedürftigkeit – und damit die Erforderlichkeit der Schulung – bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern immer dann nicht näher dargelegt werden müsse, wenn Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt würden (BAG v. 17.11.2021). Ferner ist bereits seit Längerem geklärt, dass dem Betriebsrat bei der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme ein Beurteilungsspielraum zusteht (BAG, Beschl. v. 20.08.2014 – 7 ABR 64/12).
BAG: Ermessen des Betriebsrats erstreckt sich auch auf Form des Schulungsformats
In einem aktuellen Verfahren (BAG, Beschl. v. 07.02.2024 – 7 ABR 8/23) forderte die Antragstellerin – eine Personalvertretung, auf die insoweit das BetrVG anwendbar war – von ihrer Arbeitgeberin den Ersatz derjenigen Kosten für eine Grundlagenschulung in Präsenz. Die Arbeitgeberin stellte die Erforderlichkeit der in Rede stehenden Schulung zwar nicht in Abrede, bat aber darum, aus Kostengründen ein inhaltsgleiches ortsnahes Seminar oder – was vom Schulungsträger auch angeboten wurde – ein Webinar auszusuchen. Diesem Wunsch kam die Antragstellerin nicht nach.
Das BAG entschied nunmehr, dass die Arbeitgeberin verpflichtet sei, die Antragstellerin von der Verpflichtung zur Zahlung der Übernachtungs- und Verpflegungskosten freizustellen. Konkret umfasse die Pflicht zur Übernahme der Kosten für Betriebsratsschulungen nämlich auch die erforderlichen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des Betriebsratsmitglieds. Daraus folge – so das BAG in seinem Beschluss vom 7. Februar – zugleich, dass der Betriebsrat neben dem Inhalt der Schulungsveranstaltung auch über das Format, die Methoden sowie die Art und Weise der Wissens- und Kenntnisvermittlung disponieren dürfe. Auch die Einschätzung der Gleichwertigkeit verschiedener Schulungsangebote falle allein in den Beurteilungsspielraum des Gremiums. Würden mithin thematisch identische Schulungsinhalte von einem Schulungsträger in unterschiedlichen Schulungskonzepten und/oder -formaten angeboten, obliege es grundsätzlich dem Betriebsrat zu entscheiden, von welcher Form er sich im Einzelfall den größeren Schulungserfolg verspreche. Deshalb sei er auch weder gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln, noch müsse er sich für die kostengünstigste Schulungsveranstaltung entscheiden. Dabei dürfe der Betriebsrat auch die Erfahrungen und subjektiven Bewertungen seiner Mitglieder im Hinblick auf Online-Seminare, etwa bisheriger Lernerfolg oder fehlender Gedanken- und Erfahrungsaustausch, berücksichtigen.
Einschränkung des Ermessens durch Gebot vertrauensvoller Zusammenarbeit
Das BAG selbst schränkt die Kostentragungspflicht wie folgt ein:
Die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG steht unter dem in § 2 Abs. 1 BetrVG normierten Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die Entscheidung über eine etwaige Schulungsteilnahme – wie auch über andere Leistungen – darf der Betriebsrat daher nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird vielmehr verlangt, dass er die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt (vgl. z.B. BAG v. 17.11.2021).
Stünden dem Betriebsrat mithin mehrere gleichzeitig angebotene Schulungen zur Wahl, die auch nach seiner Ansicht im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen seien, habe er die kosteneffizientere Variante zu wählen, so das BAG im Beschluss vom 7. Februar. Seien derartige Angebote aus der Perspektive des Betriebsrates allerdings nicht erkennbar und könne der Arbeitgeber nicht darlegen, dass die Erwägungen des Gremiums realitätsfern seien oder einen Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze darstellen, so müsse der Arbeitgeber die Kosten der Schulung tragen.
Pflicht zur Vermeidung ausufernder Kosten auch bei Wahl des Schulungsformats
Mit anderen Worten darf der Betriebsrat die Präsenzschulung einer Online-Schulung zwar im Grundsatz vorziehen. Dies gilt aber nur, wenn die günstigeren Schulungsangebote aus seiner Perspektive nicht gleichwertig sind. Diese Entscheidung wird er überdies begründen müssen, insbesondere wenn konkrete Anhaltspunkte für einen etwaigen Missbrauch vorliegen.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich die vorliegende Entscheidung auf eine Grundlagenschulung bezieht. Für andere Schulungen, also solche, die keine Grundlagenkenntnisse vermitteln, muss auch weiterhin ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden. Nur dann kann das Gremium seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben (BAG v. 17.11.2021 ). Darüber hinaus muss der Betriebsrat insbesondere bei Schulungen, die keine Präsenzschulungen sind, im Streitfall darlegen, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse braucht, damit das Gremium seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (BAG v. 20.08.2014).
Fazit: Ablehnung der Kostenübernahme im Einzelfall möglich
Abschließend ist festzuhalten, dass Arbeitgeber die Kostentragung im Einzelfall ablehnen dürfen. Dies gilt exemplarisch für solche Kosten, die der Tätigkeit als Betriebsrat tatsächlich gar nicht förderlich sind, oder aber wenn die Schulung im konkreten Fall nicht erforderlich ist. Insbesondere kann sogar eine Grundlagenschulung ausnahmsweise nicht erforderlich sein, und zwar dann, wenn sie erst kurz vor dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats stattfindet und dieser zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung absehen kann, dass das erstmals gewählte Mitglied die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Grundkenntnisse bis zum Ende der Amtszeit nicht mehr einsetzen kann (BAG, Beschl. v. 17.11.2010 − 7 ABR 113/09).
(Anm. d. Red.: Vgl. zum Thema auch die EFAR-Beiträge „Wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Tablets bezahlt“ und „Büchergutscheine, Tablets und Co.: Wie Anbieter von BR-Schulungen Betriebsräte und Unternehmen gefährden“)