Das Thema
Das LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 17.10.2023 – 2 Sa 61/23) hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Der Arbeitgeber suchte in einer Stellenanzeige Verkäufer. Neben vielen sonstigen Informationen enthielt die Stellenanzeige folgenden Satz:
„Wir sind ein junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut und suchen Verstärkung.“
Der Kläger (Jahrgang 1972) bewarb sich auf die Stelle, wurde jedoch von der Beklagten bei der Besetzung der Stelle nicht berücksichtigt. Die Beklagte stellte vielmehr einen 48-jährigen Mitarbeiter ein.
Der Kläger machte sodann wegen Altersdiskriminierung eine Entschädigung nach dem AGG geltend. Er war der Auffassung, die Formulierung „junges dynamisches Team“ indiziere eine Altersdiskriminierung. Das Wort „jung“ beziehe sich auf das Alter der Teammitglieder. Zudem verlangte er einen Ausgleich für einen immateriellen Schaden, weil die Beklagte sein Auskunftsersuchen unbeantwortet gelassen hatte.
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Das LAG sah die Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch nach dem AGG ebenso wenig als gegeben wie einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO.
Entschädigung nach dem AGG
Der persönliche Anwendungsbereich des AGG war nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 AGG eröffnet, weil der Kläger als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis ein Beschäftigter im Sinne des AGG war. Ausreichend hierfür war, dass der Kläger eine Bewerbung eingereicht hat. Das AGG verwendet einen formalen Bewerberbegriff, auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung kommt es nicht an.
Das Gericht sah jedoch keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot der §§ 1 und 7 AGG als gegeben an. Weder lag eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung vor. Insbesondere hatte die Beklagte die Stelle nicht unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben.
Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
Wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen enthält, die auf den ersten Blick den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe die Stelle unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, kann das die Vermutung begründen, dass ein erfolgloser Bewerber im Auswahlverfahren wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe benachteiligt wurde.
Das Vorliegen derartiger Indizien verneinte das LAG. Auch die Formulierung „junges, dynamisches Team“ ist keine unmittelbare Diskriminierung und damit auch nicht geeignet, die Vermutung im Sinne von § 22 AGG zu begründen, dass der Bewerber im Auswahlverfahren wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Ist wie im vorliegenden Fall eine Stellenausschreibung an eine Vielzahl von Personen gerichtet, dann ist diese einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Bewerber unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Bewerbers zugrunde zu legen. Unter Berücksichtigung dieser vom BAG aufgestellten Maßstäbe kam das LAG zu dem Ergebnis, dass ein durchschnittlicher Bewerber die Stellenanzeige nicht so verstehen musste, dass die Beklagte einen jungen Bewerber suchte.
Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO
Ebenso wenig lagen die Voraussetzungen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO wegen der (angeblich) unvollständigen Auskunft nach Art. 15 DSGVO vor.
Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.
Das LAG konnte offenlassen, ob ein solcher Verstoß gegen die DSGVO vorlag. Der Kläger hatte es nämlich versäumt darzulegen, dass ihm aufgrund des (angeblichen) Verstoßes ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist.
Bis zum Urteil des EuGH am 04.05.2023 (Rs. C-300/21) war streitig, ob bereits der Verstoß gegen die DSGVO einen Schadensersatzanspruch auslöst. Der EuGH hat aber klargestellt, dass der bloße Verstoß nicht ausreicht, sondern vielmehr tatsächlich ein Schaden eingetreten sein muss, der kausal auf dem Verstoß beruht. Diesen Schaden – egal ob materiell oder immateriell – muss derjenige darlegen und ggf. beweisen, der einen Anspruch aus Art. 82 DSGVO geltend macht.
Hinweis
Vereinzelte Entscheidungen zu einem Schadensersatzanspruch lassen in jüngster Zeit aufhorchen. So hat das ArbG Duisburg einen Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO bejaht, weil der Arbeitgeber die Auskunft zwar innerhalb der Monatsfrist (binnen 19 Tagen) aber nicht unverzüglich erteilt hatte (ArbG Duisburg, Urt. v. 03.11.2023 – 5 Ca 877/23).
Demgegenüber verneinte das LAG Düsseldorf einen Schadensersatzanspruch wegen eines Verstoßes gegen die Pflicht aus Art. 15 DSGVO. Nach Ansicht des LAG setzt eine Entschädigung nach Art. 82 DSGVO eine gegen die DSGVO verstoßende Datenverarbeitung voraus. Eine bloße Verzögerung oder unvollständige Auskunft stelle keine solche Verarbeitung dar (LAG Düsseldorf, Urt. v. 28.11.2023 – 3 Sa 285/23).