Erwartungen wurden enttäuscht
„Flugreisen haben den Vorteil, dass sie einen schnell in weit entfernte Länder bringen“, heißt es auf der Seite traveltip.de. Das stimmt natürlich. Ebenso richtig ist, dass sie „den Nachteil“ haben, „dass Check-In und Security-Check unglaublich viel Zeit fressen“. Aber das ist nicht der einzige Nachteil. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere daraus, dass man mit anderen Menschen viel Zeit auf engstem Raum verbringen muss. Die können schnarchen, unangenehm riechen oder sogar randalieren.
In einem vom Amtsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 30.8.2001 – 31 C 842/01-83) entschiedenen Fall ging es um eine Urlaubsreise nach Südafrika. Wegen des besseren Komforts hatten ein Mann und seine Begleiterin sich dazu entschieden, in der teuren Business-Class zu reisen. Ihre Erwartungen wurden aber enttäuscht. Unter anderem deshalb, weil sie nicht nebeneinandersitzen konnten.
Schnarchen ist klassenunabhängig
Die Frau musste einen Teil der Reise an der Seite eines anderen Passagiers verbringen. Und zwar einem, der „fürchterlich schnarchte“, wie es im Tatbestand der Entscheidung heißt. Ihren Angaben zufolge fühlte sie sich dadurch belästigt und konnte nicht schlafen.
Das Amtsgericht sah darin allerdings keinen Reisemangel, sondern lediglich eine Unannehmlichkeit, die nicht zu einer Minderung des Reisepreises berechtigt. „Daß bei einem Langstreckenflug nachts geschlafen wird und einzelne Personen schnarchen, ist völlig normal und hinzunehmen.“ Und daran ändere sich auch nichts, wenn man in der Business-Class reise. „Schnarchen“, so das Gericht, „ist klassenunabhängig, es soll auch bei Passagieren der Business Class vorkommen“.
Da ist was dran. Und vielleicht hätte die Frau den Schnarcher einfach ab und an wecken sollen, um zumindest etwas Ruhe zu haben. Zwar wachen die Betroffenen, wie man auf BR-Wissen erfährt, „mitunter … sogar vom eigenen Schnarchen auf“. Und darauf kann man natürlich hoffen. Viel Grund zur Hoffnung gab es in diesem Fall aber nicht. Der schnarchende Mann war schwerhörig.
Ein muffelnder Mitreisender
Geräuschbelästigungen sind das Eine, Geruchsbelästigungen etwas anderes. Und das Letztgenannte müssen Passagiere nicht hinnehmen. So sah das jedenfalls ein Flugbegleiter in einem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall (Urteil vom 31.1.2007 – 18 U 110/06).
Eine Frau hatte sich bei ihm über den Körpergeruch ihres Sitznachbarn beschwert. Der Flugbegleiter wandte sich daraufhin an den Mann und forderte ihn kurz vor dem Start auf, ein frisches Hemd anzuziehen. Das konnte der aber nicht. Seine Kleider befanden sich in seinem Koffer. Und der war bereits verladen.
Der muffelnde Mann und seine Frau mussten deshalb das Flugzeug wieder verlassen. Sie konnten nach dem Rauswurf zwar einen späteren Flug nehmen, verpassten aber dadurch ihre Anschlussverbindung und kamen einen Tag später als geplant von ihrem Honolulu-Urlaub zurück. Deshalb zog der Mann vor Gericht.
Frühzeitige Geruchskontrolle erforderlich
Vor dem Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 30.5.2006 – 33 C 13795/95) hatte er keinen Erfolg. Das bewertete die Beschwerde seiner damaligen Sitznachbarin als nachvollziehbar und sah die Reaktion des Bordbegleiters nicht als überzogen an. „Auch wenn der Kläger späterhin das eigene Schwitzen relativieren will, lässt sich seiner Schilderung schon entnehmen, dass es (…) bei dem Kläger nicht allein um ein paar Schweißtropfen ging“, so das Gericht.
Mehr Erfolg hatte der Mann vor dem Oberlandesgericht Hamm. Das sprach ihm zwar nicht alles zu, was er begehrte, aber immerhin Ersatz der Kosten, die durch eine zusätzlich notwendig gewordene Übernachtung in Los Angeles entstanden waren. Ob von dem Kläger tatsächlich eine massive Geruchsbelästigung der Mitreisenden ausgegangen sei, könne dabei dahinstehen.
„Falls es wirklich den übrigen Passagieren nicht zuzumuten gewesen wäre, wenn die Bekl. den Kl. hätte mitfliegen lassen, dann kann dieser penetrante Geruch dem Stationsmanager M. beim Einchecken des Kl. nicht verborgen geblieben sein, so dass er bereits zu diesem Zeitpunkt das nach Behauptung der Bekl. bestehende Beförderungshindernis ‚gerochen‘ haben muss“, so das Gericht. „Daher hätte er den Kl. beim Einchecken auf diesen Umstand hinweisen müssen, um ihm Gelegenheit zu geben, diesem Beförderungshindernis abzuhelfen.“ Zu dem Zeitpunkt wäre der Mann „ohne weiteres in der Lage gewesen, sich ein frisches Hemd anzuziehen“. Und da der Stationsmanager das nicht gemacht hat, hat er dem Kläger die „Möglichkeit, doch noch am Flug teilnehmen zu können, leichtfertig genommen“.
Randale sorgt für Verzögerung
Richtig übel ist es, wenn man in einem Flugzeug sitzt, in dem ein Passagier randaliert. So erging es einem Kläger in einem ebenfalls vom Amtsgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall (Urteil vom 19.6.2015 – 32 C 4265/14(72)).
Nach Darstellung der Fluggesellschaft war ein Reisender einige Zeit nach dem Start „zunächst auf dem Gang herumgetorkelt und habe mit einem gegen einen anderen Passagier gerichteten Faustschlag das Display eines Laptops zerstört.“ Danach habe sich der Randalierer zunächst beruhigt und auch etwas geschlafen. Als er wieder wach war, habe er „begonnen, die Kabinenbesatzung körperlich zu bedrängen und zu beschimpfen, und dieses Verhalten trotz des Anlegens von Handschellen fortgesetzt. Da der Eindruck gewonnen worden sei, dass der Passagier R. nicht nur unter Alkohol, sondern auch unter Drogeneinfluss stehe, habe sich der Luftfahrzeugführer aus Sicherheitsgründen zu der Zwischenlandung zwecks Übergabe des Passagiers an die örtliche Polizei entschlossen.“
Durch diese Vorfälle verzögerte sich die Ankunft um mehr als 17 Stunden. Und dafür verlangte der Kläger eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung. Die aber musste das Luftfahrtunternehmen nicht leisten. Denn hier beruhte die Verzögerung auf einem außergewöhnlichen Umstand. In solchen Fällen sind Fluggesellschaften nicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen verpflichtet, wenn sich die Verzögerung auch bei Ergreifen aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätten vermeiden lassen. Und so war das nach Meinung des Gerichts im vorliegenden Fall.
Andere Verkehrsmittel, gleiche Probleme?
Pech für den Kläger. Aber auch so etwas kann leider auf einer Flugreise passieren.
So manchem Ärger kann man natürlich einfach dadurch entgehen, dass man ein anderes Verkehrsmittel benutzt. Etwa die Bahn oder einen Bus. Das ist nicht nur umweltfreundlicher. „Bahn/Busreisen statt Flugreisen haben den Vorteil, dass mensch Landschaft und Städte durchgehend sehen kann, wo mensch hinfährt“, führt ein Leser der taz im Online-Kommentarbereich der Zeitung ebenso gekonnt gendersensibel wie inhaltlich zutreffend aus.
Bei Übersee-Reisen wird das allerdings schwierig. Und vor schnarchenden, unangenehm riechenden oder randalierenden Passagieren ist man in diesen Verkehrsmitteln leider auch nicht gefeit.
_
Aktuelle Buchveröffentlichungen von Prof. Dr. jur. Arnd Diringer: