Das Thema
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) will die Ausbreitung des Corona-Virus‘ am Arbeitsplatz durch verpflichtende Test-Angebote weiter eindämmen. Dazu wurden entsprechende Regelungen im Rahmen der Verlängerung der Geltungsdauer der bereits existierenden SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung eingefügt. Die demnach aktualisierte Arbeitsschutzverordnung wurde am 15. April 2021 verkündet und tritt fünf Tag hernach in Kraft. (Anm. der Redaktion: Bereits wenige Tage später wurden weitere Änderungen vorgenommen – Zum #EFAR-Beitrag)
Zugleich wurde die Geltung der bisherigen Regelungen bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Dieser Beitrag gibt eine Übersicht über die neue Verpflichtung für Arbeitgeber, die erstmals ab dieser Woche (16. KW) gilt.
Die “neue” Angebotspflicht
Seit Dienstag, den 20. April 2021 sind Arbeitgeber nun zusätzlich verpflichtet, ihren Arbeitnehmern, die nicht ausschließlich von zu Hause aus arbeiten, jede Kalenderwoche mindestens ein Test-Angebot zu unterbreiten. (§ 5 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung). Bereits in der Vorgängerversion führte die Arbeitsschutzverordnung die Pflicht für Arbeitgeber ein, Homeoffice anzubieten.
Die Angebotspflicht bezüglich Tests gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer regelmäßig in den Betrieb kommt oder nur sporadisch anwesend ist. Auch eine geringe Infektionsgefahr im Einzelfall entbindet nicht von der Pflicht.
Arbeitnehmern, die besonders gefährdet sind, müssen jede Kalenderwoche sogar zwei Test angeboten werden. Als besonders gefährdet gelten
- Arbeitnehmer, die in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind (z.B. Saison-Arbeitskräfte),
- Arbeitnehmer, die in geschlossenen Räumen unter besonders ansteckungsbegünstigenden klimatischen Bedingungen arbeiten (z.B. in der Fleischindustrie),
- Arbeitnehmer, die personennahe Dienstleistungen ausführen; Arbeitnehmer, die Kontakt mit Personen haben, die keinen Mund-Nase- Schutz tragen müssen und
- Arbeitnehmer, die häufig wechselnden Kontakt mit anderen Menschen haben.
Welche Tests angeboten werden müssen ist nicht vorgeschrieben. Es können PCR-Tests oder Antigen-Schnelltests zur professionellen oder zur Selbstanwendung angeboten werden.
Die Durchführung der Tests
Nicht vorgeschrieben ist, dass die Tests während der Arbeitszeit durchgeführt werden müssen. Der Arbeitgeber kann somit verlangen, dass die Tests vor Beginn der Arbeit, d.h. außerhalb der Arbeitszeit, durchgeführt werden. Nach der Begründung des BMAS sind weitere betriebliche Regelung möglich. Der Betriebsrat hat jedoch kein Mitbestimmungsrecht dahingehend, welche Tätigkeiten zur Arbeitszeit zählen und welche nicht.
Es kommt daher nur eine freiwillige betriebliche Regelung in Betracht. Anders könnte ggf. zu entscheiden sein, wenn der Arbeitgeber einen Dritten mit der Durchführung der Tests beauftragt.
Nicht vorgeschrieben ist auch, wie die Tests angeboten werden. Der Arbeitgeber kann somit vorsehen, dass sich die Arbeitnehmer die Tests im Betrieb abholen oder den Arbeitnehmern die Tests zusenden.
Eine Dokumentationspflicht über die Durchführung der Tests besteht nicht. Der Arbeitgeber muss allerdings die Nachweise über die Beschaffung der Test oder die Vereinbarung mit Dritten über die Testung der Arbeitnehmer vier Wochen aufbewahren. Damit soll den Arbeitsschutzbehörden und Unfallversicherungsträgern eine Überprüfung der betrieblichen Maßnahmen ermöglicht werden.
Weitere Fragen im Zusammenhang mit der neuen Testangebotspflicht sowie Antworten hieraus veröffentlichte das BMAS in einer weiteren FAQ-Liste am 15. April 2021 (dort unter Nr. 6).
Keine Pflicht für Arbeitnehmer
Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht verpflichtet, das Testangebot des Arbeitgebers anzunehmen. Ein im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Regelungen zur Pandemiebekämpfung zumindest fragwürdiges Ergebnis. (Anm. der Autoren: Zu der Frage, wann der Arbeitgeber einen Test verlangen kann). Dies kann insbesondere bei typischen Symptomen der Fall sein. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber die Durchführung eines Tests verlangen, bevor er den Arbeitnehmer wieder in den Betrieb lässt. Weigert sich der Arbeitnehmer, erhält er keine Vergütung für die ausgefallene Arbeitszeit und muss mit weitergehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Ob dies auch gilt, wenn der Arbeitnehmer symptomlos einen Test verweigert, mag aus Sicht der Pandemiebekämpfung wünschenswert sein, ist aber nicht geregelt.
Bleibt die Frage, ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den Arbeitgeber über ein positives Testergebnis zu unterrichten. Dies wird in der aktuellen Diskussion teilweise abgelehnt.
Eine Informationspflicht besteht nach unserer Auffassung nicht nur bei positiven PCR-Test, sondern auch schon bei einem positiven Antigen-Schnelltest. Dies entspricht der Verpflichtung des Arbeitnehmers, im Rahmen seiner Möglichkeiten auch Schäden vom Arbeitgeber abzuwenden.
Die Kosten
Die Arbeitgeber müssen die Kosten für die Tests tragen. Die Tests sind für die Arbeitnehmer kostenlos.
Das BMAS setzt Kosten in Höhe von ca. EUR 130,00 pro Arbeitnehmer bis zum 30. Juni 2021 an. Darin enthalten ist Bereitstellung der Test und die bereits verpflichtende Bereitstellung von Masken.
Das BMAS möchte durch die Pflicht zur Bereitstellung von Test ausdrücklich auch die Wettbewerbsbedingungen zugunsten derjenigen Arbeitnehmer beeinflussen, die bereits freiwillig kostenlose Test für ihre Arbeitnehmer anbieten.
Die Konsequenzen bei einem Verstoß
Ein Verstoß gegen die Verordnung ist weiterhin nicht unmittelbar bußgeldbewehrt. Allerdings kann die zuständige Behörde Anordnungen treffen. Bei einem Verstoß gegen diese Anordnung drohen Bußgelder bis zu 30.000 EUR und die Untersagung der Arbeiten etc.
Regelungswirrwarr: Die strengeren Bundesländer
Sachsen und Berlin haben in Ihren Corona-Schutzverordnungen darüberhinausgehende Pflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgeschrieben.
Berlin verpflichtet Arbeitgeber Arbeitnehmern, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten wöchentlich zwei Point-of-Care (PoC)-Antigen-Tests zur Verfügung zu stellen und auf Wunsch einen Nachweis auszustellen. Arbeitnehmer mit direktem Kundenkontakt sind verpflichtet, diese Tests durchzuführen und den Nachweis für vier Wochen aufzubewahren. Selbstständige mit direktem Kundenkontakt müssen die Tests einmal wöchentlich durchführen lassen.
In Sachsen müssen Arbeitgeber Arbeitnehmer mit direktem Kundenkontakt zwei Tests pro Woche anbieten. Die Arbeitnehmer sind verpflichtet dieses Angebot anzunehmen. Der Nachweis muss vier Wochen aufbewahrt werden. Dieselbe Pflicht gilt auch für Selbstständige.
Infektionsschutzgesetz: Kommende Neuregelungen dort im Auge behalten
Abschließend noch der Hinweis, das auch die geplanten Änderungen im Infektionsschutzgesetz rund um die derzeit stark diskutierte “bundesweite Notfallbremse” zu berücksichtigen sind: Tagesaktuellen Meldungen zufolge soll nun auch dort etwa die Homeoffice-Pflicht, die bisher per o.g. Arbeitsschutzverordnung geregelt ist, im Infektionsschutzgesetz verankert werden. Demnach müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Beschäftigten „im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten“ anbieten, diese in der eigenen Wohnung auszuführen, „wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen“. Die Beschäftigten müssen dieses Angebot annehmen, „soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen“. Die Vorgabe soll unabhängig von der Inzidenz gelten.
Ob die anstehenden Änderungen im Infektionsschutzgesetz auch die Test(angebots)pflicht aufgreifen und – wie auch immer – regeln, stand zum Redaktionsschluss für diesen Beitrag noch nicht fest.