Das Thema
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zielt maßgeblich darauf ab, Transparenz in internationale Lieferketten zu bringen und diese menschenrechts- und umweltbezogenen Mindeststandards zu unterwerfen. Das LkSG ist zwar schon am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Bislang mussten aber nur Unternehmen mit mindestens 3.000 Arbeitnehmern den gesetzlichen Pflichtenkatalog beachten.
Seit dem 1. Januar 2024 gilt das LkSG nun auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern. Bei Verstößen gegen die den Unternehmen obliegenden Sorgfaltspflichten drohen Bußgelder in Millionenhöhe.
Aufsehenerregende Beschwerdeverfahren in 2023
Zunächst soll ein Blick darauf geworfen werden, welche praktischen Auswirkungen das LkSG im ersten Jahr nach seinem Inkrafttreten hatte.
Zuständig für die Überwachung der Pflichten nach dem LkSG ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das BAFA hat im Jahr 2023 insgesamt 486 Kontrollen bei den ca. 900 Unternehmen durchgeführt, die dem Anwendungsbereich des LkSG bisher unterfielen. Hiervon erfolgten 78 Kontrollen anlassbezogen. Der Großteil der Kontrollen fand statt bei Unternehmen aus den Branchen Automobil, Chemie, Pharmazie, Maschinenbau, Energie, Möbel, Textil- sowie Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Die Kontrollen erstreckten sich schwerpunktmäßig auf das Risikomanagement und das Beschwerdeverfahren, welches die Unternehmen einrichten müssen. Im Jahr 2024 wird das BAFA auch Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern kontrollieren. Bei Unternehmen mit mehr als 3.000 Arbeitnehmern wird es 2024 den Fokus auf die Prüfung der Risikoanalyse legen.
Kontrollbehörde macht ernst
Das BAFA ist außerdem für Beschwerden gegen Unternehmen zuständig. Im Frühjahr 2023 reichten die Menschenrechtsorganisationen European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und Femnet gemeinsam mit der Gewerkschaft National Garment Workers Federation (NGWF) aus Bangladesch Beschwerden gegen Ikea und Amazon beim BAFA ein. Sie kritisieren unter anderem, dass die Händler den sogenannten Bangladesh Accord nicht unterzeichnet haben sollen, ein Abkommen, das die Sicherheit in den Textilfabriken des Landes verbessern soll. Außerdem seien in Fabriken, die Amazon und Ikea beliefern, Sicherheitsmängel und Arbeitsrechtsverstöße festgestellt worden. Im Sommer 2023 folgten Beschwerden des ECCHR gegen VW, BMW und Mercedes Benz. Diese sollen nicht angemessen auf das Risiko von Zwangsarbeit in Zulieferbetrieben in der Autonomen Uigurischen Region Xinjiang reagiert haben. Bei BMW steht zudem der Verdacht im Raum, dass ein marokkanischer Zulieferer in der Mine in Bou Azzer große Mengen giftigen Arsens in die Umwelt gelangen lassen soll.
Dies ist Anlass genug, sich spätestens jetzt näher mit dem Pflichtenkatalog des LkSG zu beschäftigen. Was bedeutet die Einhaltung von menschenrechts- und umweltbezogenen Standards entlang der Lieferketten für Unternehmen konkret? Was ist arbeitsrechtlich zu beachten? Welche Compliance-Risiken gibt es? Diese und andere Fragen werden nachfolgend beantwortet.
Jetzt auch Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter betroffen
Konkrete Pflichten sah das LkSG bislang nur für solche Unternehmen vor, die ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung in Deutschland haben und in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer (einschließlich ins Ausland entsandter Arbeitnehmer) in Deutschland beschäftigen. Der Schwellenwert wurde zum 1. Januar 2024 auf 1.000 Arbeitnehmer abgesenkt, so dass nun deutlich mehr Unternehmen unter den Anwendungsbereich des LkSG fallen. Mittelbar können von dem Pflichtenkatalog des LkSG aber auch Unternehmen von geringerer Größe betroffen sein, wenn sie Teil der Lieferkette sind.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu wissen: Innerhalb von verbundenen Unternehmen im Sinne des § 15 AktG sind bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl der Obergesellschaft die in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften (einschließlich ins Ausland entsandter Arbeitnehmer) zu berücksichtigen. Leiharbeitnehmer sind bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl des Entleihunternehmens zu berücksichtigen, wenn ihre Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.
Welche Rechtsgüter werden geschützt?
Die vom LkSG geschützten Rechtsgüter ergeben sich aus internationalen Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt. Sie umfassen u. a.
- das Verbot von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Sklaverei;
- das Verbot der Missachtung der nach dem Recht des Beschäftigungsortes geltenden Pflichten des Arbeitsschutzes, wenn hierdurch die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren entstehen;
- das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit, welches die Gründung von und die Mitgliedschaft in Gewerkschaften sowie deren Betätigung nach dem Recht des Beschäftigungsortes einschließlich des Streikrechts und des Rechts auf Kollektivverhandlungen umfasst;
- das Verbot der sachwidrigen Ungleichbehandlung von Beschäftigten, insbesondere auch die Zahlung ungleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit, aufgrund von Abstammung, Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, politischer Meinung, Religion oder Weltanschauung;
- das Verbot des Vorenthaltens eines nach dem Recht des Beschäftigungsortes angemessenen Lohns. Dieser ist mindestens der nach dem anwendbaren Recht festgelegte Mindestlohn;
- das Verbot der Herbeiführung von gesundheitsschädlichen Bodenveränderungen, Gewässer- oder Luftverunreinigungen, Lärmemissionen oder übermäßigen Wasserverbräuchen sowie
- eine Reihe umweltschädigender Handlungen.
Der Schutz dieser Rechtsgüter besteht in der gesamten Lieferkette. Die Lieferkette umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen durch ein Unternehmen erforderlich sind, angefangen von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an den Endkunden, und zwar im eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens ebenso wie bei unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern.
Welche Pflichten gelten?
Das LkSG verpflichtet die von seinem Anwendungsbereich erfassten Unternehmen, in ihren Lieferketten menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten mit dem Ziel, menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken vorzubeugen oder entsprechende Pflichtverletzungen zu beenden bzw. in ihrem Ausmaß zu minimieren. Die den betroffenen Unternehmen obliegenden Sorgfaltspflichten umfassen u. a.
- die Einrichtung eines Risikomanagements,
- die Festlegung betriebsinterner Zuständigkeiten,
- die Durchführung regelmäßiger Risikoanalysen,
- die Abgabe einer Grundsatzerklärung,
- die Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern,
- das Ergreifen von Abhilfemaßnahmen,
- die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens,
- die Umsetzung von Sorgfaltspflichten in Bezug auf Risiken bei mittelbaren Zulieferern sowie
- die Dokumentation und Berichterstattung.
Risikomanagement
Kern der unternehmerischen Pflichten ist das Risikomanagement. Unternehmen müssen ein angemessenes und wirksames Risikomanagement zur Einhaltung der ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten einrichten (§ 4 LkSG).
Das Risikomanagement ist in allen maßgeblichen Geschäftsabläufen durch angemessene Maßnahmen zu verankern. Die Maßnahmen müssen es ermöglichen, menschenrechts- und umweltbezogene Risiken zu erkennen und zu minimieren sowie Verletzungen menschenrechts- und umweltbezogener Pflichten zu verhindern, zu beenden oder in ihrem Ausmaß zu minimieren, wenn das Unternehmen diese Risiken oder Verletzungen innerhalb der Lieferkette verursacht oder dazu beigetragen hat.
Unternehmen haben interne Zuständigkeiten für die Überwachung des Risikomanagements festzulegen, etwa durch die Benennung eines Menschenrechtsbeauftragten. Die zuständige Person muss über die für ihre Überwachungsaufgaben erforderlichen Qualifikationen verfügen und arbeitsvertraglich mit den erforderlichen Befugnissen und zeitlichen Kapazitäten ausgestattet werden.
Risikoanalyse
Im Rahmen des Risikomanagements haben Unternehmen zunächst eine angemessene Risikoanalyse durchzuführen (§ 5 LkSG).
Diese dient dem Ziel, menschenrechts- und umweltbezogene Risiken in ihrem eigenen Geschäftsbereich und bei ihren unmittelbaren Zulieferern zu ermitteln sowie angemessen zu gewichten und zu priorisieren. Die Ergebnisse der Risikoanalyse sind an die maßgeblichen Entscheidungsträger im Unternehmen, etwa an den Vorstand oder die Einkaufsabteilung, zu kommunizieren.
Im Fall von missbräuchlicher Gestaltung unmittelbarer Zuliefererbeziehungen zur Umgehung der Sorgfaltspflichten des Unternehmens gilt der mittelbare Zulieferer als unmittelbarer Zulieferer. Unabhängig davon werden sich im Rahmen der Risikoanalyse auch mittelbare Zulieferer über das bei ihnen zur Vermeidung von menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken bestehende Risikomanagement sowie die in diesem Zusammenhang ergriffenen Maßnahmen erklären müssen.
Präventionsmaßnahmen
Stellt ein Unternehmen im Rahmen der Risikoanalyse fest, dass es ein Risiko hat, hat es unverzüglich angemessene Präventionsmaßnahmen zu ergreifen (§ 6 LkSG).
Die Unternehmensleitung hat zunächst eine Grundsatzerklärung über die Menschenrechtsstrategie des Unternehmens abzugeben. Diese muss mindestens enthalten die Beschreibung des Verfahrens zur Einhaltung der Sorgfaltsplichten des Unternehmens nach dem LkSG, die vom Unternehmen im Rahmen der Risikoanalyse festgestellten prioritären menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken sowie die aufgrund dessen erfolgte Festlegung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen des Unternehmens an seine Beschäftigten und Zulieferer.
Des Weiteren muss das Unternehmen angemessene Präventionsmaßnahmen in seinem eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern verankern.
In seinem eigenen Geschäftsbereich muss das Unternehmen die Grundsatzerklärung zur Menschenrechtsstrategie in den relevanten Geschäftsabläufen umsetzen, Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken, die zur Risikoverhinderung bzw. -minimierung geeignet sind, entwickeln und implementieren, Schulungen in den relevanten Geschäftsbereichen durchführen und risikobasierte Kontrollen vornehmen.
Seine unmittelbaren Zulieferer hat das Unternehmen unter Berücksichtigung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen des Unternehmens auszuwählen. Es hat sich von ihnen vertraglich zusichern zu lassen, dass sie die menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen des Unternehmens einhalten und entlang der Lieferkette angemessen adressieren. Das Unternehmen hat Schulungen und Weiterbildungen zur Durchsetzung der vertraglichen Zusicherungen der unmittelbaren Zulieferer durchzuführen und mit den unmittelbaren Zulieferern angemessene Kontrollmechanismen und deren risikobasierte Durchführung vertraglich zu vereinbaren, um die Einhaltung der Menschenrechtsstrategie überprüfen zu können.
Abhilfemaßnamen
Stellt das Unternehmen fest, dass eine Verletzung einer menschenrechts- oder umweltbezogenen Pflicht in seinem eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer bereits eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht, hat es unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen (§ 7 LkSG).
Im eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens muss die Abhilfemaßnahme (in der Regel) zur Beendigung der Pflichtverletzung führen. Kann eine Pflichtverletzung bei einem unmittelbaren Zulieferer nicht in absehbarer Zeit beendet werden, muss das Unternehmen unverzüglich ein Konzept nebst eines konkreten Zeitplans zur Beendigung oder Minimierung der Pflichtverletzung erstellen. Bei sehr schwerwiegenden Pflichtverletzungen, einem Scheitern des Konzepts und dem Fehlen milderer Mittel kann ein Abbruch der Geschäftsbeziehung geboten sein.
Mittelbare Zulieferer
Ergeben sich für das Unternehmen tatsächliche Anhaltspunkte für eine Sorgfaltspflichtverletzung bei einem mittelbaren Zulieferer, hat das Unternehmen Risikomanagement, Risikoanalyse, Präventiv- und Abhilfemaßnahmen auf den mittelbaren Zulieferer zu erstrecken.
Beschwerdeverfahren
Unternehmen sind zudem verpflichtet, ein angemessenes unternehmensinternes Beschwerdeverfahren einzurichten (§ 8, 9 LkSG).
Das Beschwerdeverfahren muss Personen ermöglichen, vertraulich und ohne Risiko einer Bestrafung oder Benachteiligung auf menschenrechts- und umweltbezogene Risiken und Pflichtverletzungen hinzuweisen, die durch das wirtschaftliche Handeln des Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich oder von unmittelbaren oder mittelbaren Zulieferern entstanden sind.
Zu diesem Zweck muss das Unternehmen eine Verfahrensordnung in Textform festlegen und öffentlich zugänglich machen. Die mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens beauftragten Personen müssen Gewähr für unparteiisches Handeln bieten, also insbesondere unabhängig und frei von Weisungen agieren können. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dies erfordert entsprechende arbeitsvertragliche Regelungen.
Alternativ kann sich das Unternehmen an einem entsprechenden externen Beschwerdeverfahren beteiligen.
Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen, Dokumentations- und Berichtspflichten
Unternehmen haben die von ihnen getroffenen Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten nach dem LkSG einmal jährlich und zusätzlich anlassbezogen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Sie haben die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten fortlaufend zu dokumentieren und die Dokumentation ab ihrer Erstellung mindestens sieben Jahre lang aufzubewahren. Zudem haben sie jährlich einen Bericht über die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten im vergangenen Geschäftsjahr zu erstellen und diesen spätestens vier Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres auf ihrer Internetseite für einen Zeitraum von sieben Jahren kostenfrei öffentlich zugänglich zu machen (§ 10 LkSG).
Was droht bei Verstößen?
Verstöße gegen die Vorgaben des LkSG können – neben entsprechender Berichterstattung und damit verbundenen Reputationsschäden – erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben.
Neben dem Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge drohen Zwangsgelder von bis zu 50.000 EUR und nach Pflichtverstößen abgestufte Bußgelder von bis zu 100.000 EUR, 500.000 EUR oder 800.000 EUR. Bei Unternehmen mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als 400 Millionen EUR können Bußgelder von bis zu 2 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes verhängt werden. Bei der Ermittlung des durchschnittlichen Jahresumsatzes des Unternehmens ist der weltweite Jahresumsatz aller natürlichen Personen, juristischen Personen und Personenvereinigungen der letzten drei Geschäftsjahre, die der Behördenentscheidung vorausgehen, zugrunde zu legen, soweit diese als wirtschaftliche Einheit agieren. Der durchschnittliche Jahresumsatz kann geschätzt werden.
Welche Rechte hat der Betriebsrat?
Der Wirtschaftsausschuss hat nach § 106 Abs. 3 Nr. 5b BetrVG die Aufgabe, Fragen der unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten gemäß dem LkSG mit dem Unternehmer zu beraten. Dementsprechend hat der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss über diese Fragen rechtzeitig und umfassend unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten, soweit dadurch nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden, sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Personalplanung darzustellen.
Beteiligungsrechte des Betriebsrats können daneben – in unterschiedlicher Ausgestaltung und in Abhängigkeit von verbleibenden Gestaltungsspielräumen des Unternehmens – bei dem Risikomanagement, der Risikoanalyse, den Präventions- und Abhilfemaßnahmen und der Einrichtung des Beschwerdeverfahrens bestehen (Anm. d. Redaktion: Vergleiche dazu ausführlich #EFAR-Beitrag vom 1. Juli 2021).
Ausblick: EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD)
Der Rat und das Europäische Parlament haben am 14. Dezember 2023 eine vorläufige Einigung zu einer Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) erzielt.
Erwartungsgemäß sieht die vorläufige Einigung in einigen Bereichen deutlich strengere Regelungen als das deutsche LkSG vor. Von der CSDDD erfasst werden sollen Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro, in bestimmten Risikosektoren auch kleinere Unternehmen. Der Finanzsektor soll von dem Anwendungsbereich der CSDDD zunächst ausgenommen werden. Unternehmen sollen für Verstöße gegen Sorgfaltspflichten auch zivilrechtlich haftbar gemacht werden können.
Lokal geschädigte Personen sollen die Möglichkeit erhalten, Unternehmen, die am Ende der Lieferkette sind, vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz zu verklagen. Als mögliche Sanktionen sieht die CSDDD Geldbußen in Höhe von bis zu fünf Prozent des weltweiten Netto-Jahresumsatzes sowie ein “naming and shaming” vor. Dies bedeutet, dass die Namen der sorgfaltswidrig handelnden Unternehmen öffentlich bekannt gemacht werden sollen.
Fazit: LkSG trifft nun (fast) alle Unternehmen
Betroffen von den Regelungen des LkSG sind seit dem 1. Januar 2024 Unternehmen mit mindestens 1.000 in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern. Darüber hinaus sind auch Unternehmen betroffen, die aufgrund ihrer geringeren Größe zwar nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst werden, deren Produkte und Dienstleistungen jedoch Teil der Lieferkette sind.
Die mit dem LkSG begründeten Unternehmerpflichten haben Auswirkungen auch auf das Arbeitsrecht. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben erfordert neue arbeitsvertragliche Regelungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Benennung von Menschenrechtsbeauftragten und der Einrichtung interner Beschwerdestellen. Das LkSG führt zudem zu neuen Beteiligungsrechten des Betriebsrats.
Bei unterbliebener, nicht rechtzeitiger oder nicht ausreichender Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben bestehen für die betroffenen Unternehmen erhebliche Compliance-Risiken. Hierauf müssen sich Unternehmen einstellen und, soweit noch nicht geschehen, ihre Compliance-Management-Systeme überarbeiten. Im Fall eines festgestellten Verstoßes gegen Sorgfaltspflichten empfiehlt es sich, mit dem BAFA zu kooperieren und unter Hinzuziehung von Anwalts- und Kommunikationsexperten ein Strategiekonzept zum Umgang mit der Situation zu entwickeln.