Das Thema
Seit Beginn der Corona-Pandemie und insbesondere während des derzeitigen „Lockdown Light“ – die Verlängerung bis Weihnachten steht kurz bevor – greifen viele Unternehmen (wieder) vermehrt auf die Möglichkeit des Homeoffice zurück.
Neben den Überlegungen, wie Homeoffice angeordnet, ausgestaltet oder widerrufen werden kann, stellt sich nun zunehmend die Frage – für Arbeitgeber, Betriebsräte und Arbeitnehmer – wer und in welchem Umfang für die Kosten des Homeoffice-Arbeitsplatzes aufkommen muss.
Grundsatz: Kosten für den Arbeitsplatz trägt der Arbeitgeber
Der Arbeitgeber hat dem Mitarbeiter einen Arbeitsplatz sowie die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen. Nur was zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers bei der Arbeit gehört, wird durch die Vergütungszahlung ausgeglichen (vgl. BAG 14.10.2003, 9 AZR 657/02).
Nichts anderes gilt grundsätzlich auch im Homeoffice. Stellt der Arbeitgeber dem im Homeoffice befindlichen Arbeitnehmer keine Arbeitsmittel zur Verfügung und nutzt der Arbeitnehmer seine privaten Arbeitsmittel oder schafft er sich die erforderlichen Arbeitsmittel selbst an, kann der Arbeitnehmer nach § 670 BGB Aufwendungsersatz verlangen.
Der Arbeitgeber hat bei entsprechender Anwendung des § 670 BGB jedoch nur dann die Aufwendungen zu tragen, wenn sein Interesse so weit überwiegt, dass das Interesse des Arbeitnehmers vernachlässigt werden kann (BAG v. 12.4.2011, 9 AZR 14/10). Die Anschaffung eines Arbeitsmittels liegt etwa nicht im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers, wenn der Arbeitnehmer einen Internetanschluss, den er schon vor seinem Wechsel ins Homeoffice angeschafft hat, weiterhin privat nutzt (Krieger/Rudnik/Povedano Peramato, NZA 2020, 473, 479).
Kein Erstattungsanspruch bei reiner Freiwilligkeit
Ein überwiegendes Interesse des Arbeitnehmers an der Einrichtung ein Homeoffice-Arbeitsplatzes kann sich nach der Rechtsprechung des BAG (v. 12.4.2011, 9 AZR 14/10) daraus ergeben, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer freigestellt hat, an welchem Ort er den wesentlichen Teil seiner Arbeitsleistung verrichtet.
Sofern der Arbeitgeber einen betrieblichen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt – der Arbeitnehmer also jederzeit ins Büro kommen kann -, ist er seiner Pflicht zur Übernahme der Kosten für Arbeitsplatz und Arbeitsmittel bereits vollständig nachgekommen. Für einen Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitnehmers bleibt in diesem Fall kein Raum.
Nicht (allein) ausreichend für ein überwiegendes Arbeitnehmerinteresse, ist die Tatsache, dass dem Arbeitnehmer durch die Tätigkeit im Homeoffice die Fahrtwege zwischen seiner Wohnung und der Betriebsstätte, respektive Zeit und Kosten, erspart bleiben (BAG v. 12.4.2011, 9 AZR 14/10; v. 14.10.2003, 9 AZR 657/02).
Vertraglicher Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs?
Die Regelung des § 670 BGB ist dispositiv (BAG 14.10.2003, 9 AZR 657/02). Die Ansprüche des Arbeitnehmers können daher ausdrücklich oder stillschweigend erweitert oder eingeschränkt werden. Eine vielversprechende Lösung erscheint es daher zu sein, § 670 BGB und damit einen Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag oder in einer entsprechenden Homeoffice-Vereinbarung vertraglich abzubedingen. Solche formularmäßigen Regelungen unterliegen jedoch als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle.
Ein genereller Ausschluss zukünftiger Aufwendungsersatzansprüche dürfte jedoch den Arbeitnehmer i.d.R. unangemessen benachteiligen und aufgrund eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig sein. Für den Fall, dass die Aufwendungen nur einen geringen Anteil des Entgelts ausmachen, käme allenfalls eine Regelung in Betracht, dass Aufwendungen bereits mit dem Arbeitsentgelt abgegolten sind. Aufgrund des in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verankerten Transparenzgebots müssten jedoch sowohl die konkreten Aufwendungen, die abgegolten werden sollen, als auch die Abgeltungshöhe benannt sein.
Da bei der Einführung von Homeoffice grundsätzlich eine Vielzahl von Beteiligungs- (z.B. nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG) und Mitbestimmungsrechte (so z.B. nach § 87 Abs. 1 Nr. 1, – 3, 6 und 7 BetrVG) bestehen können, ist eine entsprechende Regelung – sofern ein Betriebsrat besteht – auch nur mit diesem möglich. Die Frage nach der generellen Einführung verbleibt jedoch beim Arbeitgeber.
Vorsicht bei Nutzung privater Arbeitsmittel
Bezüglich der Frage der Kostenerstattung ist grundsätzlich zwischen der Einrichtung des Homeoffice-Arbeitsplatzes und seinen laufenden Kosten zu unterscheiden. Im Rahmen der Ausstattung des Homeoffice-Arbeitsplatzes, kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz vollständig einrichten oder der Arbeitnehmer nutzt seine eigenen Arbeitsmittel („Bring Your Own Device“). Auch hybride Modelle sind denkbar.
Sofern der Arbeitnehmer bereits vorhandene Arbeitsmittel (Laptop, Drucker etc.) und Einrichtungsgegenstände (Schreibtisch, Bürostuhl, Schränke etc.) nutzt oder – ggf. nach Zahlung eines Zuschusses in Form einer Pauschale durch den Arbeitgeber – selbst beschafft, ist auch hier die Einhaltung eines Mindeststandards im Arbeits- und Gesundheitsschutz durch den Arbeitgeber zu gewährleisten.
Dies gestaltet sich naturgemäß schwieriger, wenn der Arbeitnehmer eigene private Arbeitsmittel nutzt. Um eine Inaugenscheinnahme bzw. Begehung eines jeden Arbeitsplatzes zu vermeiden, sollte die Gefährdungsbeurteilung mittels einer detaillierten Befragung des Mitarbeiters anhand eines Fragebogens erfolgen. Darüber hinaus ist empfehlenswert, in Homeoffice-Vereinbarung ein (wenn auch nur schuldrechtlich zu beachtendes) Zutrittsrechts zum Homeoffice des Arbeitnehmers zu vereinbaren.
Auch im Homeoffice ist der Arbeitnehmer verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§§ 4 f. GeschGehG) zu wahren. Ebenso hat der Arbeitgeber für geeignete Schutzvorkehrungen zur Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen zu sorgen. Sofern der Arbeitnehmer private Arbeitsmittel nutzt, ist der Einfluss des Arbeitgebers auf die Nutzungsmöglichkeiten i.d.R. geringer. Es besteht das Risiko das unbefugte Dritte (z.B. Familienangehörige) Zugriff auf betrieblichen Daten, insbesondere auf den Laptop oder das Mobiltelefon des Arbeitnehmers, haben. Arbeitnehmer sollten durch eine konkrete vertragliche Regelung in einer Individual- oder Betriebsvereinbarung dazu verpflichtet werden, etwa nur durch den Arbeitgeber freigegebene Software und Dateien zu verwenden sowie Passwörter und betriebliche Dokumente unzugänglich – bestenfalls verschlossen in einem Aktenschrank – aufzubewahren.
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Mehr Einflussmöglichkeiten durch Arbeitsmittel des Arbeitgebers
Umfangreichere Kontroll- und Beschränkungsmöglichkeiten bieten sich an, wenn der Arbeitgeber die erforderlichen Arbeitsmittel selbst anschafft und sie dem Arbeitnehmer zur (ggf. kostenfreien) Nutzung überlässt: Der Arbeitgeber bleibt Eigentümer der Arbeitsmittel. Dem Arbeitnehmer steht hieran kein Zurückbehaltungsrecht zu.
Außerdem kann der Arbeitgeber die Privatnutzung der Arbeitsmittel untersagen oder nur in einem vereinbarten Umfang oder einer vereinbarten Art und Weise erlauben.
Aufwendungsersatz auch für laufende Kosten
Neben den (i.d.R. einmalig anfallenden) Kosten der Einrichtung des Homeoffice-Arbeitsplatzes, kann sich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Aufwendungsersatz auch auf laufende Kosten beziehen. Hierzu gehören etwa anteilige Kosten an der Kaltmiete (BAG 14.10.2003, 9 AZR 657/02) und Mietnebenkosten (Strom- und Heizkosten) sowie Wartungs- und Reparaturkosten der genutzten Arbeitsmittel.
Darüber hinaus kommt ein Aufwendungsersatz auch für die Kosten der erforderlichen Arbeitsmaterialien (Papier, Toner, Stifte etc.) und Kommunikation (z.B. Telefon- und Internetkosten) in Betracht (Schaub, ArbR-Hdb, Vogelsang, § 164 Telearbeit, Rn. 35).
Empfehlenswert: Vereinbarung einer Aufwandspauschale
Um nicht jede Kostenposition einzeln prüfen zu müssen und Streitigkeiten über Anteilhöhe und Berechnung zu vermeiden, empfiehlt es sich, mit dem Arbeitnehmer in einer Homeoffice-Vereinbarung oder mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung eine Aufwandspauschale für die im Homeoffice anfallenden Kosten zu vereinbaren. Die Höhe der Aufwandspauschale kann auch die Möglichkeit der Privatnutzung berücksichtigen. Alternativ können auch nur die erforderliche und durch den Arbeitnehmer nachgewiesenen Mehrkosten erstattet werden. Das hat den Vorteil, dass Arbeitnehmer bei den meist geringfügigen Beträgen i.d.R. auf eine Rückforderung verzichten werden.
Neben einer Aufwandspauschale sollten zudem konkrete Regelungen über die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel (ggf. mit Inventarliste) und ihre Nutzungsmöglichkeiten getroffen werden.
Unerlässlich sind außerdem Regelungen zum Daten- und Geheimnisschutz sowie zum Widerruf der Tätigkeit im Homeoffice.