Das Thema
Eine gegenüber den gesetzlichen Vorgaben per Arbeitsvertrag erheblich verlängerte Kündigungsfrist ist unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB unangemessen benachteiligt. Das gilt selbst dann, wenn die gleiche Frist bei Kündigungen durch den Arbeitgeber zu beachten ist. Die durch eine zu lange Kündigungsfrist entstehenden Nachteile für den Mitarbeiter können auch nicht durch eine Gehaltserhöhung aufgewogen werden.
Das entschied das BAG mit Urteil vom 26.10.2017 ( Az. 6 AZR 158/16; Pressemitteilung), wobei in dem zugrundeliegenden Fall eine Kündigungsfrist von drei (!) Jahren zu prüfen war. Bereits die Vorinstanz (LAG Sachsen – Urt. vom 19.01.2016, Az. 3 Sa 406/15) befand diese Kündigungsfrist als zu lang, da sie mit erheblichen Nachteilen für den Arbeitnehmer verbunden sei.
Aus der arbeitsrechtlichen Blogosphäre zum Thema
Die Möglichkeit einer Kombination aus dreijähriger Kündigungsfrist mit der Möglichkeit einer sofortigen Freistellung führt dazu, dass sich die Chancen des Arbeitnehmers auf die Erlangung einer Anschlussbeschäftigung (weiter) verschlechtern, erläutern die Rechtsanwälte Justus Frank und Dr. Sabine Gäbeler in ihrer Urteilsbesprechung auf dem Blog von Hogan Lovells. Eine dreijährige Freistellung sei faktisch mit einer mehrjährigen Arbeitslosigkeit vergleichbar, welche die Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt erheblich verringere. Die beschriebenen Nachteile könnten auch nicht durch berechtigte Interessen des Arbeitgebers oder durch gleichzeitige Vorteile des Arbeitnehmers aufgewogen werden. Zwar ermögliche eine längere Kündigungsfrist besonders gute Mitarbeiter zu binden und geeignetes neues Personal zu finden. Allerdings könne man bei einem Speditionsunternehmen wie dem der hier klagenden Arbeitgeberin kaum annehmen, dass es drei Jahre benötigt, um nach der Eigenkündigung des Arbeitnehmers einen neuen geeigneten Mitarbeiter einzustellen und einzuarbeiten.
Rechtsanwältin Theres Kirschner erläutert im Blog Arbeitsrecht.Weltweit von Kliemt.Arbeitsrecht ebenfalls die Entscheidung des BAG. Sie weist darauf hin, dass die obersten Arbeitsrichter in dem Urteil einer Kündigungsfrist von drei Jahren zum Monatsende keine pauschale Absage erteilt haben. Arbeitgebern sei allerdings nicht zu empfehlen, Kündigungsfristen zu vereinbaren, die über die vom BAG zuletzt im Urteil vom 25.09.2008 (Az. 8 AZR 717/07) bestätigte Kündigungsfrist zu einem jährlichen Stichtag hinausgehen, wobei es insoweit nicht darauf ankommen dürfte, ob die Frist zwei, drei oder auch sechs Monate beträgt.
Interessant war der entschiedene Fall übrigens auch, weil der Arbeitnehmer seine Kündigung damit begründete, dass das Unternehmen das Programm “PC Agent” auf den dienstlichen Computern der Belegschaft installiert hatte. Ein solches Programm protokolliert präzise die PC-Nutzung. Da der Kläger seine Kündigung ausdrücklich als “ordnungsgemäß und fristgerecht” bezeichnet hatte, war indes über die Frage, ob ihm angesichts der Installation dieses Überwachungsprogramms auch ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 626 Abs. 1 BGB zugestanden hätte, nicht zu entscheiden. Darauf weist Prof. Dr. Christian Rolfs im Beck-Blog hin.