Saufen und beleidigen
Sich nach einer betrieblichen Weihnachtsfeier Zugang zu den Betriebsräumen zu verschaffen, sich dort auf Kosten des Arbeitgebers betrinken und dabei auch noch die Betriebsräume verschmutzen, kann den Job kosten (LAG Düsseldorf Az. 284/23). Darüber haben wir jüngst berichtet (#ArbeitsRechtKurios v. 22.11.2023). Aber auch andere Verhaltensweisen können zum Verlust des Arbeitsplatzes führen.
Dazu gehören Beschimpfungen von Vorgesetzten. Das hat das LAG Hamm klargestellt (Urt. v. 30.6.2004 – 18 Sa 836/04; #ArbeitsRechtKurios v. 8.12.2017). Und das gilt auch, wenn ein Arbeitnehmer schon langjährig beschäftigt ist und deshalb meint, man „könne ihm gar nichts“.
Der Mitarbeiter war mit dem festen Vorsatz, dass es „an diesem Abend Krieg geben“ wird, zur Firmenweihnachtsfeier gegangen. Dort beschimpfte er einen Vorgesetzten unter anderem mit den Worten „Arschloch“, Wichser“ und „arme Sau“. Außerdem warf er ihm an den Kopf, er „könne nicht ficken und nicht saufen“.
Dieses Verhalten rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung. Ein Arbeitnehmer kann nicht ernsthaft damit rechnen, dass sein Arbeitgeber ein solches Verhalten toleriert. Das gilt, wie das LAG Hamm betont, auch, wenn der Mitarbeiter schon langjährig in dem Betrieb beschäftigt ist.
Gewalt geht gar nicht
Auf besonderen Kündigungsschutz kann auch ein Betriebsrat nicht vertrauen, wenn er sich auf einer Weihnachtsfeier danebenbenimmt. Jedenfalls nicht, wenn er gewalttätig wird. Das hat das ArbG Osnabrück dargelegt (Beschl. v. 19.08.2009 – 4 BV 13/08; #ArbeitsRechtKurios v. 08.12.2017).
Der Arbeitnehmervertreter hatte sich bei einer Feier das Mikrofon geschnappt und gesungen. Allerdings nicht besonders gut. Mehrere Kollegen riefen ihm zu, dass sein Gesang furchtbar sei und er aufhören solle. Das Betriebsratsmitglied verließ daraufhin die Bühne und schlug einen Kollegen ins Gesicht.
Halb so wild, meinte das Betriebsratsgremium. Es verweigerte die Zustimmung zur Kündigung. Das ArbG Osnabrück ersetzte sie. Es stellte klar, dass der Arbeitgeber ein Interesse daran hat, dass die betriebliche Zusammenarbeit nicht durch tätliche Auseinandersetzungen gestört wird.
Weihnachtsfeiern sind dienstlich
An Weihnachtsfeiern kann man aber nicht nur seinen Job verlieren. Man kann sich an solchen Feierlichkeiten auch die Zähne ausbeißen. Und das nicht nur bildlich, sondern wörtlich. Das zeigt ein Fall, den der Bayerische VGH entschieden hat (Beschl. v. 03.03.2017 – 3 ZB 14.1976; #ArbeitsRechtKurios v. 20.12.2018).
Eine Polizeihauptmeisterin hatte sich bei einer Weihnachtsfeier der Polizeiinspektion ein Hirschgulasch bestellt. Das hatte es in sich: Es enthielt eine Schrotkugel. Durch einen Biss auf diese Kugel erlitt die Beamtin Absplitterungen an drei Zähnen.
Ihr Dienstherr war der Meinung, dass es sich nicht um einen Dienstunfall handele. Das sah der VGH anders. Eine „derartige Veranstaltung dient der Pflege der Gemeinschaft sowie der Förderung der Zusammengehörigkeit der bei der Behörde tätigen Bediensteten untereinander“, so das Gericht. Daher sei das Geschehnis als Dienstunfall anzusehen. Glück im Unglück für die Beamtin.
Nur wer kommt, bekommt etwas
Weniger Glück hatte ein Beschäftigter, der krankheitsbedingt nicht an einer Firmenfeier teilnehmen konnte. Auf dieser Feier hatte der Arbeitgeber den Anwesenden ein „iPad mini“ im Wert von 429 Euro „als Geschenk“ überreicht. Wer nicht da war, ging leer aus.
Ungerecht, meinte der erkrankte Arbeitnehmer. Es handele sich „um eine Anwesenheitsprämie, die die Beklagte für die Anwesenheit auf der betrieblichen Weihnachtsfeier ausgekehrt habe. Diese sei eine lohnsteuerpflichtige Sachzuwendung und damit Vergütungsbestandteil, der gemäß § 3 EFZG entgeltfortzahlungspflichtig sei“.
Das ArbG Köln sah das anders (Urt. v. 09.10.2013 – 3 Ca 1819/13) und auch vor dem LAG Köln (Urt. v. 26.03.2014 – 11 Sa 845/13) hatte der Mann keinen Erfolg (#ArbeitsRechtKurios v. 30.11.2018). Bei der Vergütung handelt es sich um eine Hauptleistungspflicht, die im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitspflicht des Arbeitnehmers steht. Die Teilnahme an der Weihnachtsfeier ist aber freiwillig. Die kann der Arbeitgeber auf vertraglicher Grundlage nicht verlangen. Und so kam das ArbG Köln zu der Feststellung: „Nur der, der kommt, kommt auch in den Genuss dessen, was es dort gibt“.
Womit der Arbeitnehmer zwar das iPad nicht bekommen, aber anders als die Betroffenen in den vorgenannten Fällen sowohl seine Zähne als auch seinen Job behalten hat. Immerhin!
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